Gaelen Foley - Amantea - 01
legra und erinnerte sie damit an den Schwur, sich an das Gesetz von Amantea zu halten. „Bitte übergebt mir Viconte Clemente, und löscht das Feuer, bevor es auf die Häuser überspringt.“
„In Ordnung“, erwiderte Sully. Er war der Erste, der einen Schritt nach vorn tat und einen der großen Bauern aus dem Weg schob.
Man brachte Domenico zu Allegra, und sie nahm ihn zu sich in die Kutsche.
Dort barg er den Kopf in ihrem Schoß, schlang die Arme um ihre Taille und blieb so die ganze Fahrt über zitternd liegen. Endlich trafen sie im Kloster ein.
Darius saß Domenico und Allegra gegenüber und sah sie mit seinem durchdringenden düsteren Blick an. Sie
vermied es, ihm in die Augen zu schauen, da sie wusste, dass er es ihr übel nahm, wie sie sich Domenico gegenüber verhielt. Es war ihr klar, was Darius dachte.
Dem Capitán würde das nicht gefallen.
Diese verdammten Unterhaltungen sind schlimmer als jeder Sturm, brütete Lazar finster vor sich hin.
Nach außen hin wirkte er kühl und gesammelt, doch tat- sächlich fühlte er sich völlig erschöpft. Er hatte den ganzen Nachmittag damit verbracht, ausführliche Verhandlungen mit Genueser Ratsherren, Kurieren des Vatikan, den Ver- tretern der mächtigsten alten Amanteaner Familien und den Abgesandten der italienischen Staaten zu führen. Auch mit den Botschaftern der spanischen, französischen und österreichischen Höfe hatte es Gespräche gegeben.
Lazar hatte nicht gewusst, wie er die Fragen, die ihm gestellt worden waren, beantworten sollte. Es war ihm nur möglich gewesen, die ganze Zeit an Allegra und ihre wunderbare, geradezu unerträglich schöne Liebesnacht zu denken – ein Erlebnis, das er niemals wiederholen würde.
Er machte sich die größten Vorwürfe, dass er sich so weit hatte gehen lassen, nur um sein Verlangen nach ihr zu stillen, aber er hatte sich so leer, so verloren gefühlt. Ihre Augen besaßen die Farbe von dunklem Honig, ihre Haut die von Elfenbein, und sie hatte sechzehn Sommersprossen auf der Nase ...
Wieder wurde ihm eine ganze Reihe von Fragen gestellt.
Den Diplomaten fiel anscheinend auf, dass ihnen La- zar nicht alles über seine Vergangenheit erzählte. Aber sie mussten sich einfach damit zufrieden geben, was er zu of- fenbaren beschlossen hatte. Das war nicht gerade sehr viel. Er war ein König und wollte sich nicht eingehend prüfen lassen.
Er war sich bewusst, dass sie sowieso größeres Interesse daran verspürten, wie sie selbst und ihre Länder von sei- ner Inthronisierung profitieren konnten. Deshalb antwor- tete er stets so, dass es den Anwesenden Hoffnungen gab, tatsächlich Gewinn daraus schlagen zu können.
Lazar umging jeglichen Hinweis auf sein früheres Le- ben mit einer solchen Geschicklichkeit, dass der Vikar si- cher hätte beifällig lächeln müssen, wenn er es noch erlebt hätte.
Endlich brachte der eindrucksvolle Don Pasquale das Gespräch zu einem Ende.
„Meine Herren“, sprach er die Genueser an. „Wir ha- ben Ihnen Beweise geliefert, dass wir unseren Anspruch auf den Thron zu Recht erheben. Nun ist der Moment gekommen, eine Entscheidung zu fällen.“
Don Pasquale warf, um der dramatischen Wirkung wil- len, einen Blick auf seine Taschenuhr. „Nun ist es an Ih- nen, den Anspruch Genuas auf Amantea aufzugeben oder mit Sonnenaufgang um den Thron zu kämpfen.“
Lazar zeigte keinerlei Regung auf seinem Gesicht. Doch er hielt den Atem an, als sich die Würdenträger leise mit- einander am Tisch besprachen. Während er zusah, wie die alten Männer untereinander flüsterten, fragte er sich, ob dies die gleichen Ratsherren waren, die seine Familie zum Tode verurteilt und Monteverdi gekauft hatten, um ihnen zu helfen.
Doch Lazar bemühte sich, seine Gedanken der Ge- genwart zuzuwenden. Die Vergangenheit schien endgül- tig vorbei zu sein. Er wollte wahrhaftig nicht mehr Blut vergießen. Amantea hatte bereits genug gelitten.
Schließlich schauten die Ratsherren auf. „Wir möchten einen Kampf vermeiden. Gott schütze den König.“
„Gott schütze den König!“ riefen die anderen und erhoben sich.
„Gott schütze den König!“ stimmte auch Don Pasquale ein und hob die Faust in die Luft.
Nun, jemand sollte mich wirklich schützen, dachte Lazar.
Allegras Abwesenheit ließ diesen Moment des Triumphs zu einer langweiligen Angelegenheit für den König wer- den. Doch er hob das Kinn, schaute streng und gesammelt in die Runde und bemühte sich darum, niemand zu zeigen, wie sehr ihn das alles
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