Gaelen Foley - Amantea - 01
den Bruchteil einer Sekunde fragte sie sich, ob sie ihn ändern könnte. Dann lachte sie über sich, wie sie nur
auf eine so närrische Idee verfallen war. Zweifelsohne wa- ren schon viele Frauen in Versuchung geraten, den Kapitän zu einem besseren Menschen zu machen.
Allegra fragte sich, wie viele Frauen schon seine Gefan- genen gewesen waren und wie viele in seinen Armen in die- sem herrlich weichen Bett gelegen hatten. Wie viele hatte er auf dem Balkon geküsst, bis sie kaum mehr wussten, wie ihnen geschah?
Die Erinnerung an seinen Kuss rief solch ein heftiges Verlangen in ihr hervor, dass sie auf Zehenspitzen zu sei- nem Schrank ging, ihn öffnete und seine Sachen betrach- tete. Sie berührte die scharlachrote lange Weste, die an einem Haken hing, strich langsam mit Daumen und Zeige- finger über den weichen Stoff. Sie schloss dabei die Augen, um ihn sich darin vorzustellen.
Dich lieben? Schöner Wilder, wenn du nur mich lieben könntest, dachte sie wehmütig. Wenn ich dich nur ein wenig zähmen könnte!
Aber das würde nicht geschehen. Sie durfte sich auch nicht einen Moment lang dieser Hoffnung hingeben. Dieser Mann lebt gefährlich und ist ein geübter Herzensbrecher, ging es ihr durch den Kopf.
Sie hatte ihr eigenes Herz in den Jahren der Einsam- keit nach dem Tod ihrer Mutter kaum zu heilen vermocht. Niemals mehr wollte sie diese Qual des Verlusts und der Trauer durchstehen müssen. Und das würde Lazar ihr ohne Zweifel bescheren. Aber er wusste offenbar selbst genau, wie er sich verhärten und unnahbar machen konnte.
Die Tür hinter ihr knarrte, während sie noch immer mit seiner Kleidung beschäftigt war. Allegra erstarrte vor Schreck, da sie wusste, dass sie nun ertappt worden war.
Die Tür fiel schmetternd zu.
„Haben Sie Mitleid mit mir, Allegra!“ meinte Lazar stöhnend. „Sich auch noch so herauszuputzen ist nicht die richtige Art und Weise, mich in die Schranken zu weisen, chérie.“
Sie drehte sich tief errötend herum. „Ich wollte mich nur beschäftigen.“ Sie wies auf den Schrank. „Ich war ge- rade dabei nachzusehen, ob Sie etwas hätten, was geflickt werden müsste.“
Lächelnd trat er auf sie zu. „Nur mein Herz.“
„Was für ein Schwerenöter Sie doch sind“, sagte Allegra
tadelnd und wandte sich mit hochroten Wangen von ihm ab.
Lazar zog ihr Schultertuch so schnell herunter, dass sie nicht einmal bemerkte, wie er die Hand ausgestreckt hatte.
„Geben Sie mir das!“
„Auf diesem Schiff gibt es keine falsche Bescheiden- heit.“
„Kapitän, ich verlange ...“
„Na, na ... Wie heiße ich?“ Er atmete Allegras Duft ein, der an dem Tuch haftete.
Sie schaute ihn mit zusammengebissenen Zähnen und wild entschlossen an. „Geben Sie es zurück!“
„Aber ich habe mich geschnitten“, erwiderte er. „Ich brauche einen Verband.“
Sie verschränkte die Arme und tippte ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden. „O ja? Wo?“
„In mein Herz. Das habe ich Ihnen doch schon gesagt. Sie haben es entzweigeschnitten. Es blutet.“
„Sie sind tatsächlich ein Teufel.“
Lazar warf Allegra das Schultertuch zu. „So sagt man.“
Und dann begann er, sich auszuziehen.
Empört warf sie den Kopf zurück und schritt zornig zur Tür. Doch ihr Herz pochte heftig, während sie verzweifelt versuchte, seine Verführungskünste, etwa wie er mit einer geschmeidigen Bewegung sein Krawattentuch abnahm, nicht zu beachten.
„Ich würde nicht so hinausgehen, wenn ich Sie wäre.“
Allegra blieb stehen und warf ihm einen Blick über die Schulter zu. „Wieso nicht, wenn ich fragen darf?“
„Weil Sie eine Meuterei hervorrufen werden. Das ist kein Scherz. Bleiben Sie besser hier bei mir. Da sind Sie sicher“, fügte er mit verschwörerisch hochgezogenen Augenbrauen hinzu.
Sie drehte sich zu ihm und verschränkte die Arme. Das Schultertuch hielt sie noch immer in der Hand. „Damit Sie vor meinen Augen Ihre Muskeln zur Schau stellen können?“
„Ganz genau. Kommen Sie. Helfen Sie mir auszuwählen, was ich heute Abend tragen könnte, um eine angemessene Begleitung für Sie darzustellen.“
„An Ihnen gibt es nichts Angemessenes.“
„Das stimmt. Bin ich dafür nicht erfrischend?“ spöttelte Lazar.
„Was macht ein Pirat überhaupt mit einer ganzen Reihe von erlesenen Abendanzügen?“ erkundigte sich Allegra misstrauisch, die es nicht fertig brachte, seine Neckereien ganz zu überhören.
„Eine ausgezeichnete Frage, meine kluge Gefangene. Ich gehe während meiner
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