Gaelen Foley - Amantea - 01
Reisen oft an Land, um von den Früchten der verschiedenen Städte zu kosten. Bei die- sen Gelegenheiten bevorzuge ich es, als Mann von Welt empfangen zu werden.“
„Und das gelingt Ihnen?“
„Es ist noch nie misslungen.“
„Welche Städte haben Sie besucht?“
„Alle.“
„Und was machen Sie an Land?“
„Nun, lassen Sie mich nachdenken. Ich gehe natürlich immer in die Oper.“
„Um die Damen zu betrachten.“
Er warf ihr ein unverfrorenes Lächeln zu. „Ich gehöre zu denjenigen, die tatsächlich der Musik lauschen. Soll ich Sie in die Oper führen, chérie?“
Sie schüttelte den Kopf. Sie liebte die Oper – je herz- zerreißender die Tragödie war, desto besser.
„Sie mögen keine Oper und nennen sich eine Italiene- rin?“ tadelte Lazar sie. „Was tun Sie gern?“ Er griff nach ihren Händen und führte sie zum obersten Knopf seiner Weste.
Unbewusst tat sie, worum er sie indirekt gebeten hatte. „Mich streiten.“
„Das habe ich mir schon gedacht“, erwiderte er trocken, während er zusah, wie sie geschickt seine Weste auf- knöpfte. „Worüber streiten Sie denn?“
„Ach, über alles. Über Politik, Religion, Philosophie. Über die Rechte des Menschen.“
„Und über die der Frauen?“
Sie schaute zu ihm hoch. In seinem Tonfall war eine Spur Übermut angeklungen.
„Das ist nichts, worüber man seine Scherze macht, Ka- pitän. Es gibt so manchen, der meint, dass die Frauen mehr Möglichkeiten erhalten sollten, um ihre Fähigkeiten zu erproben – eine praktischere Erziehung, mehr Gelegen-
heiten, etwas zum Gemeinwohl beizutragen. Meinen Sie nicht auch, dass Frauen wenigstens ein paar der Rechte erhalten sollten, die für die Männer selbstverständlich sind?“
„Ich bin schon immer ein großer Befürworter des Rechts einer Frau auf erotisches Vergnügen gewesen“, erwiderte Lazar und sah Allegra mit funkelnden Augen an.
Sie bohrte ihm den Finger in die Brust, da ihr klar war, dass es ihm Spaß machte, sie absichtlich zu schockieren. „Ich meinte eigentlich das Recht auf eigenen Besitz oder das Recht, seinen Gatten anzuzeigen, wenn er seine Rolle als Züchtiger zu ernst nimmt.“
Rasch verdrängte sie das schreckliche Erlebnis mit Domenico aus ihrem Kopf.
„Welch hochfliegende Ideen Sie doch hegen! Eine echte Visionärin! Ich muss leider zugeben, dass ich selbst etwas bodenständiger bin.“ Er klang bereits gelangweilt.
Sie errötete. „Ich würde nicht sagen, dass ich besonders hochfliegende Ideen hege. Ich bemühe mich nur darum, das wahrzunehmen, was so alles auf der Welt vor sich geht. Ein neues Zeitalter der Freiheit steht uns bevor, Kapitän. Aber darüber wissen Sie natürlich nichts. Sie sind viel zu sehr mit Ihrer Vendetta und Ihrer Vergnügungssucht beschäftigt ...“
Sobald ihr die Worte über die Lippen gekommen waren und sie sah, wie er zusammenzuckte, fragte sie sich, warum sie nur jede Gelegenheit nutzte, um ihn zu verletzen.
Lazar zog sich von ihr zurück, und Allegra stand da und blickte zerknirscht zu Boden. Er nahm die Weste ab und ließ das Kleidungsstück zu Boden fallen. Dann zog er sich schweigend das Hemd über den Kopf.
„Kapitän“, begann sie. „Ich wollte Sie nicht ...“
Auf einmal hielt sie die Luft an. Er wirbelte herum und verbarg rasch das, was sie gesehen hatte. Dann senkte er den Blick und schaute finster zu Boden.
„Sie können jetzt gehen, Signorina Monteverdi. Ich habe Sie vorhin angelogen: Die Männer werden nicht meutern.“
„Lazar“, sagte sie sanft. „Lassen Sie mich sehen.“
Er blieb einfach stehen und hielt noch immer das Hemd in der Hand, während sie auf ihn zutrat.
Atemlos betrachtete Allegra seine bronzefarbene Haut, die sehnige Brust und die kräftigen Arme. Sein Bauch
war fest und die Muskeln deutlich sichtbar. Ein schöner Mann. Sie konnte kaum glauben, dass sie die letzten drei Nächte in seinen Armen geschlafen hatte, ohne sich ihm hingegeben zu haben.
Mit einem kaum unterdrückten Stöhnen wandte Lazar ihr langsam den Rücken zu. Sie zuckte zusammen, als sie es sah. Er musste einmal so heftig ausgepeitscht worden sein, dass er wohl gerade noch überlebt haben durfte.
Man hatte ihn gequält.
Man hatte ihn brutal gefoltert. Die sich kreuzenden Nar- ben waren zu einem lederartigen Netz verheilt und um- spannten den gesamten Rücken. Es erinnerte Allegra an die Spuren, die kleine Jungen im Sand hinterließen, wenn sie mit Spielzeugsoldaten spielten.
Lazar hob abweisend das Kinn und sah sie
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