Gaelen Foley - Amantea - 01
hatte dabeigesessen und schien ausgespro- chen belustigt gewesen zu sein. Wie ein Zuschauer bei ei- nem Ballspiel hatte er immer wieder von Allegra zu Lazar und zurückgeblickt, wobei ihm Lazars Qual offensichtlich Spaß bereitete. Immer wieder hatte er sich höflich darum bemüht, eine Unterhaltung in Gang zu bringen, was jedoch nicht gelungen war.
Lazar war auf ihre erste scheue Berührung seines absto- ßenden, von Narben überzogenen Rückens völlig unvor- bereitet gewesen. Doch bald hatte sie in Lazar das Feuer der Leidenschaft entzündet.
Sie war so wild und dennoch so süß. So herausfordernd und dennoch so rein. Ihre Sinnlichkeit schien natürlich zu sein. Sie verbarg nichts. Sie hatte ihn begehrt, ihn in ihren Armen und zwischen ihren Beinen willkommen geheißen, und dieses Wissen hatte eine solch unerwartete Freude in ihm ausgelöst, dass dies bereits Befriedigung genug war.
Warum nur, fragte er sich.
Sie war keineswegs die schönste Frau, die er jemals zu verführen versucht hatte – wenigstens nicht im gängigen Verständnis. Sie war die Tochter seines Feindes, und er machte sich Sorgen, dass sein Gefühl für eine Monteverdi eine Beleidigung für seine Familie darstellte.
Aber Allegra war mutig und ehrlich, und ihr Idealismus ließ sie ihm so unschuldig, so verletzlich erscheinen, dass er sich danach sehnte, sie zu beschützen.
Etwas in ihrem offenen, nachdenklichen Blick verwirrte
ihn. In ihren Augen hatte er einen wehmütigen Ausdruck entdeckt, der ihn berührte. Er brachte Lazar immer wie- der dazu, sich zum Narren zu machen, nur um sie zum Lächeln zu bringen.
Er hatte noch nie eine Frau entjungfert, doch er wollte es ihr so angenehm wie möglich machen, die Schwelle vom Mädchen zur Frau zu überschreiten. Zu seiner Frau. Dann würde sie die Meine sein, dachte er, wie er das von Anfang an gewusst hatte.
Tränen, dachte er und war noch immer überwältigt. Ei- nen Moment hatte sie ihn auf eine Weise in sich gelassen, die er sehr genossen hatte.
Sie hatte sich auf wunderbare Weise ihrer Leidenschaft hingegeben. Doch er wollte weiterhin langsam vorgehen und sie allmählich dazu bringen, ihm zu vertrauen – das Einzige, was kein Piratenkapitän der Welt gegen ihren Willen erbeuten konnte.
Er hörte den Gruß einer leise klingenden Stimme hinter ihm mitten in seine Gedanken hinein.
Überrascht drehte Lazar sich um und sah Allegras ge- schmeidige Gestalt, wie sie über das Achterdeck auf ihn zukam.
„Hier kommt mein Kätzchen“, sagte er fröhlich und lächelte sie schläfrig an. „Sie sind aber schon früh wach.“
„Ich habe Kaffee für Sie.“ Sie trat unsicher auf ihn zu, da das Schiff stark schwankte. „Hier sind auch biscotti, falls Sie Hunger haben. Nehmen Sie es lieber“, sagte sie rasch und zuckte leicht zusammen, als heißer Kaffee über ihre Finger schwappte. „Den Zucker konnte ich nicht finden.“
Er stahl sich einen Kuss, als er den Tonbecher entgegen- nahm. „Ich habe bereits genug, Allegra.“
„Sie lieben wohl Getändel?“
Er lächelte sie über den dampfenden Kaffee hinweg an und sah, wie sie im grauen Morgenlicht errötete. Er ent- schloss sich, sein Glück zu versuchen. „Und die biscotti?“ fragte er.
„Hier.“ Sie hielt ihm einen kleinen Teller hin.
Er schaute auf das Steuerrad in seiner linken Hand und den Becher in seiner rechten, ehe er Allegra dann strahlend zulächelte. „Würde es Ihnen viel ausmachen, chérie?“
„Oh“, erwiderte sie verwirrt, nahm aber ein dickes Stück hartes Mandelbrot und tauchte es vorsichtig in den Kaf-
fee. Dann hielt sie es vor Lazars Mund, damit er abbeißen konnte.
Am liebsten hätte er laut über ihr scheues Verhalten gelacht.
Allegra schaute zu den Segeln hoch und überlegte ver- zweifelt, worüber sie sprechen könnte. „Was für ein wun- derbares Essen es doch gestern gab! Ihr Emilio ist ein ausgezeichneter Koch.“
„Ich bin froh, dass es Ihnen geschmeckt hat“, erwiderte Lazar, nachdem er heruntergeschluckt hatte. „Er hat es in der Schule der Medici in der Toskana gelernt. Ich liebe italienische Küche.“ Er wünschte, er hätte eine freie Hand gehabt, um ihr einen kleinen Klaps auf das Hinterteil ge- ben zu können, als sie ihm den Rücken zuwandte, um den Mittelmast zu begutachten.
„Ich muss zugeben, dass mich Ihre Vorliebe für edle Küche überrascht“, sagte sie.
„Wir Genussmenschen nehmen unser Vergnügen sehr ernst. Noch ein Bissen?“
Sie wandte sich ihm wieder zu und
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