Gaelen Foley - Amantea - 02
Anatols schneeverwehter Heimat im Schlummer verbringen konnte.
Das leise Klicken an der Wand drang nicht bis in ihren Schlaf vor. Nur von fern hörte sie, wie ihr Äffchen schnatterte, was jedoch nicht ungewöhnlich war. Sie träumte, dass sie in einer großen Krypta lag. Zwischen ihr und der Welt gab es keine Verbindung.
Princesa.
Irgendwo war er hier in ihrer Nähe – wenn sie ihn doch nur finden konnte. Gewiss hatte er sich im Irrgarten verlaufen, und sie musste ihn retten. Er wartete auf sie.
Sie rief ihn in ihrem Traum, und die drei Silben seines Na- mens hallten wie ein leiser Gesang, wie ein Seufzer in der dunklen Krypta wider. Darius.
Er erwiderte ihren Ruf mit seiner sanften, betörenden Stimme. „Princesa, wach auf. Ich bin da.“
Nein, ich will nicht aufwachen, dachte sie verzweifelt, denn sie hatte das Gefühl, ihm näher zu kommen. Noch einmal wollte sie sein Gesicht sehen – selbst wenn es schrecklich
wäre, selbst wenn er der Minotaurus im Irrgarten war und sie umbringen wollte.
Sanft klangen die Töne einer Gitarre an ihr Ohr. Sie öff- nete die Augen und sah eine große Gestalt, die an ihrem Bett stand. Frisch entzündete Kerzen flackerten in der Nachtluft, die durch das geöffnete Fenster hereindrang.
Sie wusste nicht, ob sie wach war oder ob sie noch träumte. Kaum wagte sie zu atmen, da sie befürchtete, dass die geliebte Erscheinung dann verschwinden würde.
Darius ging zum Fußende ihres Betts, wobei er sie keinen Moment lang aus den Augen ließ.
„Du bist so wunderschön. Es schmerzt mich hier drinnen“, flüsterte er. Bei diesen Worten legte er die Hand auf seine Brust und sah Serafina an, während er langsam näher kam.
Serafina zog die Decke bis an ihr Kinn, während sie mit großen Augen die Gestalt betrachtete. Er war aus dem Jen- seits gekommen, um sie mit sich zu nehmen. Nun würden sie für alle Ewigkeit zusammen sein.
„Hab keine Angst.“
„Bist du es wirklich?“ flüsterte sie mit heftig klopfendem Herzen.
Er trat ans Kopfende des Betts, und sie blickte ihn verwun- dert an.
Als er ein Knie auf das Bett platzierte, gab die Matratze unter seinem Gewicht fühlbar nach.
„Entscheide du“, erwiderte er, beugte sich zu ihr herab und küsste sie auf den Mund. Es war eine zärtliche Liebkosung, sein warmer Atem strich sanft über ihre Lippen.
Sie stieß einen unterdrückten Schrei aus, legte ihm die Arme um den Nacken, und Darius zog sie zu sich hoch. Seine dunklen Bartstoppeln rieben an ihrem Hals. Ein Beben durchlief sie. Serafina wusste kaum, was sie sagte, während sie sich an ihn klammerte.
„Oh, mein Gott, Darius! Darius, sag mir, dass du es wirklich bist, dass du lebst!“
Behutsam strich er ihr übers Haar. „Still, Engel. Ich bin es. Ich bin wirklich da.“
Sie konnte es noch immer kaum glauben. Lachend und weinend zugleich fragte sie ihn: „Bist du verletzt? Lass mich sehen.“
Aufgeregt schob sie ihn ein Stück von sich, damit sie ihn besser betrachten konnte. Er sah mitgenommen und abgemagert aus, und seine Kleidung war zerrissen.
„Serafina, ich bin zurückgekommen. Es geht mir gut“, sagte er bestimmt.
Tränen stiegen ihr in die Augen. Erneut schlang sie die Arme um ihn und drückte ihn mit aller Kraft an sich.
Sein männlicher Duft stieg ihr in die Nase. Wie wun- derbar sich sein Körper anfühlte. So warm, so stark, so lebendig.
Sie dankte dem Himmel für seine Rettung und liebkoste Darius, um sich nochmals zu versichern, dass er es wirklich war.
Er umfasste ihre Taille und flüsterte ihr beruhigende Worte ins Ohr. „Es ist gut, Engel. Ich bin da.“
Er war zu ihr zurückgekehrt, wie er das stets getan hatte. Wieder einmal war er dem Tod entronnen. Er lebte ... und das musste bedeuten, dass Napoleon tot war.
Mein Gott, er hatte es geschafft.
Er hatte den französischen Kaiser ins Grab gebracht und war der Höhle des Löwen dennoch entkommen.
Der große Santiago hatte das Unmögliche geschafft.
„Du Schurke!“ Sie blitzte ihn zornig an und schlug auf seine Brust ein. Ehe sie ihn willkommen heißen wollte, sollte er hören, was sie durchgemacht hatte. „Wie konntest du mir das antun?“ rief sie. „Wie konntest du mich die ganze Zeit belügen und dann fortgehen in der fast sicheren Gewissheit, getötet zu werden? Ich hielt dich für tot. Es war die Hölle. Wahrhaftig die Hölle!“
Er sah sie lange Zeit schweigend an. Dann zuckte er die Schultern. „Es tut mir Leid. Ich musste dich beschützen.“
„Du musstest mich
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