Gaelen Foley - Amantea - 02
mich? Ich habe nichts mehr zu verlieren“, sagte er und wies dann mit zornig blitzenden Au-
gen auf sie. „Als Erstes solltest du diese törichte Idee fallen lassen, dass ein möglicher Krieg auf Amantea irgendetwas mit dir zu tun hat. Das ist lächerlich! Es ist Napoleons Schuld, nicht deine. Verstehst du? Du bist nur eine Frau. Und er ist ein Herrscher.
Mein fehlgeschlagenes Attentat in Mailand hat zumindest etwas Gutes gehabt. Ich habe Wichtiges über die französi- schen Kriegspläne herausbekommen. Sie können keinen gro- ßen Angriff auf uns beginnen, bevor nicht Admiral Villeneuve das britische Flaggschiff versenkt hat.“
Serafina verarbeitete diese Neuigkeiten. „Ich bin froh, das zu hören“, sagte sie leise. „Ich wünschte, du hättest mir das vor einer Woche gesagt. Der Gedanke eines Angriffs hat mich sehr gequält.“
„Was den ruhmreichen Anatol betrifft, so wird er bei sei- ner Ankunft in Russland feststellen, dass er wegen Hoch- verrats und der Schuld am Tod seiner ersten Frau angeklagt wird.“
Sie riss die Augen auf. „Margarita?“
Darius nickte. „Eines Nachts im russischen Winter hat er sie in die Kälte hinausgestoßen. Es war die Bestrafung dafür, dass sie den Bediensteten einen Tag freigegeben hatte, wäh- rend er fort gewesen war. Sie erfror jämmerlich im Schnee. Das Einzige, was sie anhatte, war ihr Nachthemd.“
„Wie entsetzlich“, flüsterte Serafina. „Was für ein böser Mensch! O Darius, wie konnte er ihr das antun?“
„Ich bin mir sicher, dass er seine Gründe hatte“, sagte er bitter. „Das haben solche Menschen immer.“
„Warum hast du mir das nicht schon früher erzählt? Es hat mich direkt betroffen.“
„Ich konnte es nicht. Ich konnte es einfach nicht.“ Sein schwarzes Haar fiel ihm ins Gesicht und verdeckte seine Augen.
„Warum nicht?“
„Ich wollte nicht, dass du weißt, dass es solche Menschen gibt. Es war einfach zu schrecklich.“
„Schlimmer als zuzusehen, wie du Philippe Saint-Laurent umbringst?“
„Ja, für mich schon.“
„Warum?“
„Ich möchte nur so viel sagen, dass es mit einer Sache in meinem früheren Leben zu tun hat.“
Seine Worte erinnerten sie an etwas anderes. „Und warum
hast du mir nichts davon erzählt, dass du einen spanischen Grafentitel hast?“
Er sah sie an. „Davon weißt du?“
„Julia Calazzi hat mir davon erzählt.“
Gleichmütig zuckte Darius die Schultern. „Der Titel ist be- deutungslos. Nur die Tatsache zählt, dass ich ihn habe, meine Halbbrüder aber nicht.“
Sie betrachtete ihn aufmerksam. „Und dein Vater?“
„Er ist tot.“
„Ich habe gehört, dass er zu dir kam, um dich um Unter- stützung zu bitten.“
Er nickte und lächelte dabei bitter.
„Und du hast sie ihm gewährt.“
„Glaube bloß nicht, dass ich es aus Selbstlosigkeit getan habe. Nur aus einem einzigen Grund gab ich ihm Geld.“
„Um ihn so rasch wie möglich wieder loszuwerden?“
Darius schüttelte den Kopf. „Aus Rache.“
„Ich verstehe nicht. Du hast ihm geholfen. Was ist dabei Rache?“
„Ich hatte sein Schicksal in der Hand, Serafina“, erklärte er mit scharfer Stimme. „Wenn ich ihm das Geld verweigert hätte, wäre ich gnädig gewesen. Aber ich habe ihm das Ge- fühl gegeben, dass seine Sorgen vorüber wären. Somit war er in meiner Hand. Er war abhängig von mir.“ Die Verachtung für seinen Vater war nicht zu überhören. „Du weißt, wie es heißt: Der Herr gibt, und der Herr nimmt.“
„Was hast du mit ihm gemacht?“ fragte sie leise.
„Er hätte sich niemals an mich wenden sollen.“
Serafina blickte ihn an und schrak zusammen. „Hast du ihn umgebracht, Darius?“
„Nein. Ich habe daran gedacht, aber er war es nicht wert. Stattdessen vermittelte ich ihm den Eindruck, dass er wieder so wie früher leben konnte – und dann verweigerte ich ihm von einem Tag auf den anderen die Unterstützung. Er hat es selbst verschuldet. Er starb im Schuldturm, ungeliebt und allein. Ein gerechter Tod. Willst du noch etwas wissen?“
Seine Unbarmherzigkeit erschütterte Serafina. Sie unter- drückte die aufsteigende Furcht. „Ich ... Ich weiß nicht. Möchtest du mir noch etwas sagen?“
„Nun, lass mich nachdenken ... Die Wahrheit. Sie will die Wahrheit wissen“, überlegte er laut und warf ihr einen durch- dringenden Blick zu. „Es ist wohl besser, wenn ich es dir jetzt erzähle, bevor es jemand anders tut.“
„Mir was erzählen?“
Er fuhr sich durch das Haar, holte tief Atem
Weitere Kostenlose Bücher