Gaelen Foley - Amantea - 02
Serafina, sie selbst ähnelte mehr ihrem Vater. Heftig, stürmisch, starrköpfig und stolz. Selbst die seltsame Farbe ihrer Augen stammte von der Familie ihres Vaters, die violette Färbung kam nur alle paar Generationen vor, wie man ihr erzählt hatte.
Ihre Mutter lächelte sie aufmunternd an und hakte sich bei ihr unter. „Komm. Du hast doch keine Angst?“
„Nein, natürlich nicht.“
Arm in Arm gingen sie zu den zwei großen Männern.
Die Königin blieb stehen, um ihre Tochter zu umarmen, während Darius noch letzte Worte mit dem Regenten wech- selte.
Serafina hörte nur mit halbem Ohr den leisen Beschwich- tigungen ihrer Mutter zu. Sie versicherte ihrer Tochter, dass sich Darius gut um sie kümmern würde, und bat sie, sei- nen Anweisungen zu folgen. Serafina legte den Kopf auf die Schulter der Königin und überlegte sich, ob sie vielleicht einen Fehler begangen hatte.
Darius hatte ihr einen verächtlichen Blick zugeworfen. Was würde geschehen, wenn er ihr nun nicht verzieh? Warum war von all den Männern des Königreichs gerade er derjenige, dem ihr Herz gehörte? Er, der gar nichts mit ihr zu tun haben wollte?
Jetzt kann er mir allerdings nicht mehr entkommen, dachte sie.
Während der vergangenen Stunde hatte sich ihr Beschüt- zer als erschreckend tatkräftig erwiesen. Er hatte bereits eine Vorhut ausgesandt, um das Landhaus, das sie sich in der kommenden Woche teilen würden, zu durchsuchen und zu sichern. Er war in die Gemächer der Prinzessin gekommen
und hatte ihre Zofe Pia zu Tode erschreckt, als er ihr mit einem teuflischen Lächeln befohlen hatte, die Sachen Ihrer Königlichen Hoheit so schnell wie möglich zu packen.
Serafina küsste ihre Mutter auf die mit Sommersprossen übersäten Wangen und schaute dabei verstohlen zu Darius. Das Kerzenlicht verlieh seinem schwarzen Haar einen gol- denen Schimmer und ließ seine Haut warm glänzen. Seine geheimnisvollen Augen sahen finster und wachsam drein.
Er warf einen Blick auf Serafina, als sie auf ihren Vater zutrat, um sich auch von ihm zu verabschieden. Er hatte sie an sich gedrückt und schaute dann leicht verlegen lächelnd zu ihr hinunter.
„Benimm dich“, sagte er und kniff ihr liebevoll in die Wange. „Das meine ich ernst.“
Serafina stellte sich auf die Zehenspitzen und strahlte ihn an. Sie vergötterte ihren Vater. „Ja, das werde ich.“
Darius sah sie an. „Bereit?“
Serafina nickte, und ihr Herz begann heftig zu schlagen.
Darius verbeugte sich würdevoll vor der Königin und bat sie, sich keine Sorgen zu machen. Dann schüttelte Lazar ihm mit beiden Händen die seinen.
„Ich werde euren Kurier erwarten, um zu erfahren, wie es euch ergeht“, sagte di Fiore.
Darius deutete eine Verbeugung an zum Zeichen der Zu- stimmung. Daraufhin öffnete er die Tür. Darius schenkte Serafina keinen Blick, als sie an ihm vorbeieilte.
Das Gewitter war zwar vorüber, aber das Wasser lief in kleinen Bächen von der Überdachung herab.
Während Serafina wartend unter dem eisernen Kandelaber stand, beobachtete sie die Motten, die um die dicken Kerzen schwirrten und den Flammen gefährlich nahe kamen. Dann blickte sie in die dunkle Landschaft hinaus und glaubte in jedem Schatten die getöteten Männer, Henri oder Philippe, zu erkennen.
Sie konnte nicht begreifen, dass solche Ränke geschmiedet worden waren.
Während sie ihr elegant geschnittenes perlgraues Reisekos- tüm fester um sich zog, betrachtete sie aufmerksam die Es- korte, die sie beschützen sollte. Die Kutsche wurde von etwa dreißig bewaffneten, von Darius ausgesuchten Männern auf Pferden umgeben.
Ihre Eltern standen unter dem Eingangsportal, als Darius leichten Schrittes vorauslief, um Serafina den Schlag zu öff-
nen. Als sie zu ihm eilte, warf er rasch noch einen Blick in das Innere des Gefährts, als wolle er sich überzeugen, dass sich niemand darin verberge. Dann bot er ihr die Hand und half ihr hinein.
Sie ließ sich auf der Polsterbank nieder und malte sich aus, Darius und sie wären Jungvermählte, und er würde sie als ihr Gatte von ihrer Familie fortgeleiten.
Dieser Gedanke quälte sie.
Sie beugte sich zum Kutschenfenster und warf ihren Eltern eine Kusshand zu. Die beiden standen Arm in Arm neben- einander, und die Liebe, die sie füreinander empfanden, war deutlich zu sehen.
Ich werde niemals erfahren, wie es ist, so geliebt zu werden, dachte sie traurig.
Darius’ andalusischer Rappe war hinten an der Kutsche angebunden. Er vergewisserte sich, dass das
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