Gaelen Foley - Amantea - 03
Gefährten würden nie ihre wahre Identität verraten, ganz gleich, was es für sie bedeu- tete. Ihr Gewissen drängte Daniela, nach vorn zu treten und sie zu retten, indem sie sich selbst stellte. Doch sie wuss- te auch, dass die Gabbianos ihre einzige Hoffnung auf Be- freiung verlieren würden, wenn sie gemeinsam mit ihnen im Gefängnis landete.
Und ich werde sie retten, dachte sie fest entschlossen. Sie hatte sie in die Sache hineingezogen und musste sie nun auch wieder herausbringen.
„Wo ist er?“ brüllte der Prinz plötzlich so laut, dass so- gar sein Pferd unruhig tänzelte. Doch er ließ die Zügel nicht einen Augenblick locker.
„Verschwunden“, knurrte Mateo.
Daniela schaute zum offenen Tor ihres Anwesens, wo in diesem Moment die Kutsche des Kronprinzen hindurchfuhr. Sie hielt neben der Gruppe an, während Seine Königliche Hoheit Mateo zu befragen begann.
„Wohin verschwunden?“
„Woher soll ich das wissen?“ gab Mateo zurück.
Rafael hob bei dem unverschämten Tonfall warnend seine Reitgerte, schlug aber nicht zu. Stattdessen schaute er zu den Soldaten und sprach beherrscht: „Schafft diese Halunken in die Kutsche, und werft sie ins Gefängnis von Belfort.“
„Diesen hier auch, Königliche Hoheit?“ fragte der Haupt- mann und packte Gianni am Kragen.
„Alle“, erwiderte Rafael knapp. „Der Anführer der Bande ist noch flüchtig. Etwa achtzehn Jahre ist er alt und am rech- ten Oberarm verwundet. Sicherlich versteckt er sich noch im Wald, wo man bestimmt auch mein Gold finden wird. Wie
ich sehe, hatten diese Gauner zumindest Verstand genug, es irgendwo zurückzulassen. Und wenn einer von euch auf die Idee kommen sollte, etwas davon zu nehmen, werdet ihr dieselbe Strafe wie diese Räuber bekommen. Nun geht!“
Unsicher sahen die Soldaten sich an.
„Verdammt noch mal! Verschwindet endlich, bevor er entkommt!“
Daniela und Maria zuckten unter diesem scharfen Ton zu- sammen und klammerten sich aneinander. Die junge Frau zitterte. Maria warf ihr einen raschen, beunruhigten Blick zu, denn sie hatte ihren verletzten Arm bemerkt.
„Contessa, bitte teilen Sie meiner Mutter mit, was gesche- hen ist“, rief Mateo Daniela zu, während die Jünglinge in die Kutsche, die sie eben noch ausgeraubt hatten, gestoßen wurden. Seine dunklen Augen funkelten vor Zorn. Es war seltsam, von ihm so förmlich angeredet zu werden, was er natürlich nur vor den Soldaten und dem Prinzen tat.
„Keine Sorge“, erwiderte sie und erbebte, als sie sah, wie grob ihre Freunde behandelt wurden. „Das ist alles ein gro- ßes Missverständnis, das sich bestimmt morgen aufklären wird.“
„Wer sind Sie?“ wandte sich Rafael plötzlich an sie. Er hatte sie erst jetzt wahrgenommen. Hochmütig schaute er von seinem Pferd auf sie herab.
Marias Griff um ihre Taille verstärkte sich, als wüsste sie, dass Daniela am liebsten eine scharfe Antwort gegeben hätte. Doch das selbstgefällige Benehmen des Prinzen war zu un- erträglich, und es gefiel ihr gar nicht, dass sich ihre Rollen gewandelt hatten. Nun war er derjenige, der die Befehle er- teilte. Daniela hob das Kinn. „Ich bin die Dame des Hauses, und ich könnte Sie genau das Gleiche fragen. Schließlich befinden Sie sich auf meinem Anwesen.“
„Sie wissen nicht, wer ich bin?“ erkundigte er sich ver- blüfft.
„Sind wir einander schon einmal begegnet?“
Mit zusammengekniffenen Augen musterte er sie, als wäre sie ein lästiges Insekt. Überheblich betrachtete er ihre ausge- tretenen Pantoffeln, die abgetragene Schürze und schließlich ihr trotziges Gesicht.
Am liebsten hätte sie über seine Arroganz gelacht. Doch sie verschränkte nur die Arme und zog die Augenbrauen hoch. Kühl sah sie ihn an. Innerlich jedoch war sie aufgewühlt. Ihr Herz pochte heftig vor Zorn und Furcht. Sie musste
sich zusammennehmen, um nicht vor seiner unverschämten Begutachtung zurückzuzucken.
Er war an Damen in Samt und Seide gewöhnt, die es wahr- scheinlich niemals wagen würden, ihm etwas entgegenzuhal- ten. Sie allerdings mochte schlicht gekleidet sein, doch einen Filou erkannte sie jederzeit. Nicht umsonst wurde Rafael der Draufgänger genannt.
Die Stirn gerunzelt, sah er sie verärgert an. Dann schweifte sein Blick zu der großen etwas heruntergekommenen Villa hinter ihr. Über der Eingangstür wucherte der Jasmin, und man konnte das Familienwappen erkennen, das darüber angebracht war. Eine Weile schaute er darauf.
„Und mit wem habe ich das Vergnügen?“
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