Gaelen Foley - Amantea - 03
achtete nicht einmal darauf, dass er seinen hoheitsvollen Gleichmut verloren hatte. Er stürmte an ihnen vorbei zu dem großen Schimmel, von dem einer der Soldaten abgestiegen war. „Sie dürfen nicht entkommen. Verstanden? Ich will sie morgen früh im Gefängnis sehen – und es ist mir egal, ob ich sie selbst dorthin bringen muss. Du!“ befahl er einem der beiden. „Ich nehme dein Pferd. Hilf dem Kutscher, und folgt uns dann im Landauer. Hier entlang.“ Er deutete auf die Straße.
„Ja, Königliche Hoheit“, stammelte der Mann, während sich der zweite Soldat auf sein Pferd schwang und hinter Rafael hergaloppierte.
„Lasst sie los, sage ich!“ rief Daniela und verschluckte sich beinahe an dem Staub, den die Pferde aufgewirbelt hatten. „Verschwindet von meinem Land!“ Die stampfenden, sich aufbäumenden Rosse trafen sie fast mit ihren Hufen, als sie sich zu den Soldaten vorkämpfte.
Einer der Wachen packte sie am Handgelenk, ehe sie noch ihre Freunde erreichen konnte. „Nicht so eilig, Lady!“
„Was bedeutet das alles?“ wollte sie wissen und riss sich los.
„Halten Sie sich fern. Das sind gefährliche Männer!“
„Machen Sie sich doch nicht lächerlich. Das ist der Dorf- schmied, und das sind seine Brüder. Sie begehen einen schweren Fehler.“
„Durchaus nicht, meine Dame. Es sind Straßenräuber, und wir haben sie auf frischer Tat ertappt.“
„Das ist unmöglich!“ empörte sie sich.
Ein Mann mit grauen Augen trat mit gerunzelter Stirn auf
sie zu. Nach den Abzeichen auf seiner Jacke zu urteilen, han- delte es sich um einen Hauptmann der königlichen Wache, die als die besten Soldaten des Landes galten.
Gott steh uns bei, dachte Daniela.
„Haben Sie eine Ahnung, warum die Männer zu Ihnen ritten?“ fragte er misstrauisch.
„Wir haben eine Abkürzung durch ihr Land genommen“, erklärte Mateo zwischen zusammengebissenen Zähnen.
Argwöhnisch sah der Hauptmann ihn an und wandte sich dann wieder an Daniela. „Und wer sind Sie?“
Stolz hob sie das Kinn. „Ich bin Contessa Daniela Chiara- monte, die Enkelin des Herzogs von Chiaramonte. Und Sie befinden sich ohne Erlaubnis auf unserem Land.“
Die Soldaten tauschten ehrfürchtige Blicke untereinander aus, wie Daniela zufrieden bemerkte.
„Gehen Sie ins Haus, und halten Sie sich aus der Sache heraus, Contessa“, warnte Mateo sie.
„Er hat Recht. Sie sollten besser hineingehen“, meinte auch der Hauptmann. „Es sind gefährliche Verbrecher, und ich habe den Befehl von Prinz Rafael selbst erhalten, diese Männer zu verhaften.“
„Aber doch nicht den Kleinen!“ rief sie aufgebracht und deutete auf Gianni. Das Kinn des Kindes zitterte, und er drängte sich enger an seinen Bruder Mateo.
Der Hauptmann schaute den Jungen an und schien sich gerade zu überlegen, ob er Danielas Bitte erfüllen sollte, als Maria mit einer Laterne vor die Haustür trat. Die kleine, kräftige Haushälterin hielt die Leuchte hoch und schaute die Männer streitsüchtig an. Sie legte einen Arm um Danie- las Taille – eine scheinbar beschützende Geste, die aber in Wahrheit nur die junge Dame zurückhalten sollte.
Der Hauptmann verbeugte sich vor ihr. „Signora.“
„Was ist hier los?“ erkundigte sich Maria, als Mateo, Rocco und Alvi an den Händen gefesselt wurden. „Wir wollen keine Schwierigkeiten.“
In diesem Moment ertönte ein Ruf von dem verrosteten Tor her. Daniela sah dort zwei weitere Reiter, die sich ih- nen näherten. Ihr sank der Mut, als sie den breitschultri- gen der beiden erkannte, der auf einem riesigen Schimmel herbeigaloppierte.
Vor Entsetzen blieb sie wie erstarrt stehen.
„Santa Maria“, flüsterte die alte Frau entgeistert. „Ist das wirklich derjenige, für den ich ihn halte?“
Prinz Rafael brachte das Pferd inmitten der Männer in ei- ner wirbelnden Staubwolke gekonnt zum Stehen. Er achtete nicht auf die beiden Frauen, sondern musterte nur die Gefan- genen, die er wahrscheinlich zählte. Dann ließ er den Blick über das Anwesen gleiten und begann, um die drei Brüder Gabbiano zu kreisen, wobei er die Zügel des Pferdes ganz kurz hielt. Er starrte sie zornig an.
„Wo ist er?“ fragte er mit eiskalter Stimme.
Daniela schloss die Augen, da sie genau wusste, dass sie es mit einem Mann zu tun hatten, der nicht aufgeben würde, bis er bekam, was er wollte.
„Ich warte“, sagte er mit einem drohenden Unterton.
Dennoch antwortete niemand. Daniela öffnete die Augen. Sie war es, die man suchte. Ihre
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