Gaelen Foley - Amantea - 03
wieder das Misstrauen in ihm hoch, das ihm durch Julias Verrat vor so vielen Jahren eingeimpft worden war. Er hatte nicht geahnt, wie tief sie ihn damals verletzt hatte.
Je stärker er Daniela liebte, desto größer erschien ihm das Risiko, das er einging. War es klug von ihm gewesen, so viel für eine Frau zu empfinden? Wie weit konnte er seinem eigenen Urteil trauen?
Doch diese Ängste behielt er für sich, da er sich zu sehr dafür schämte. Jeder von Danielas Blicken zeigte ihre voll- ständige Hingabe, und er wusste, wie lächerlich es war, von einer so treuen Gefährtin einen Betrug zu befürchten. Des- halb war er entschlossen, diese Schwäche zu überwinden. Außerdem bewirkte ihr offenes, ungekünsteltes Lächeln, dass seine Befürchtungen völlig verscheucht wurden. Doch ir- gendwie kehrten sie stets wieder zurück und überschatteten das Glück, das er mit Daniela teilte.
An jenem Abend, als bei Sonnenuntergang die Zikaden zirpten und die Glühwürmchen vorbeihuschten, dachte er nicht an seine Angst. In der Ferne war ein Grollen zu hören, das sich über den östlichen Horizont ausbreitete, und ein schwacher Wind spielte mit den Blättern der Eiche, unter der er saß.
In der Luft hing der Geruch eines bevorstehenden Som- mersturms. Eine Weile zuvor hatte Rafael geglaubt, einen Regentropfen abbekommen zu haben. Doch er hatte sich geirrt.
Einen weiteren langen Tag der Reise hatten sie hinter sich. Sie waren durch eine kleine Stadt gekommen, die sich in der Mitte der Insel befand, wo die Dürre besonders schlimm war. Er hatte zum Volk gesprochen und war von den dort ansäs- sigen Adeligen und dem Bürgermeister geehrt worden. Für ihren kurzen Aufenthalt war die Reisegruppe in einem beque- men Gasthof abgestiegen, wobei sich die Soldaten unauffällig um das Anwesen verteilten.
Rafael nickte auf der Bank hinter dem Gasthof ein we- nig ein, nachdem er Elans Depesche vom Palazzo Reale ge- lesen hatte. Elan hatte wieder einmal vorgeschlagen, die Wasserrationen zu verringern.
Lieber Gott, bitte schenke meinem Volk endlich Regen, dachte der Prinz, als er seine brennenden Augen öffnete. Er beobachtete Daniela, die ihren Schimmel einritt, den er ihr als Hochzeitsgeschenk gegeben hatte.
Während sie das zierliche Tier in einer Acht traben ließ, überlegte er sich lächelnd, dass Reiten ihre zweitliebste Beschäftigung war, sich einer Anspannung zu entledigen.
Sie warf ihm einen Blick zu, als sie auf ihrem Pferd vorbeitrabte. Er lächelte flüchtig.
Dann runzelte Rafael die Stirn, als er sah, wie Daniela ihre Stellung auf dem Rücken des Tieres veränderte. Er hielt den Atem an, als sie sich im Sattel aufrichtete. Mit ausge- streckten Armen ritt sie stehend weiter. Der Prinz war sich nicht sicher, ob ihn die Tollkühnheit seiner Frau begeistern oder entsetzen sollte. Sie konnte so leicht fallen und sich das Genick brechen.
Pferd und Reiterin zogen an ihm vorbei, und seine un- widerstehliche Frau warf ihm ein selbstsicheres Lächeln zu.
Das Gefühl der Liebe schnürte ihm einen Moment die Kehle zu. Plötzlich hochsteigende Angst ließ sein Herz schneller schlagen. Sie war so wunderschön und anmutig.
Sie lenkte das Pferd in einen weiteren Kreis, und dann setzte sie sich zu seiner Erleichterung wieder vorsichtig auf den Damensattel. Langsam brachte sie ihr Pferd vor Rafael zum Stehen.
Daniela beugte sich nach vorn und klopfte ihrem Schimmel auf den Nacken. Daraufhin lächelte sie ihren Mann an. Ihre Wangen waren gerötet, und ihre aquamarinblauen Augen funkelten.
Er warf den Bericht, den er gerade gelesen hatte, beiseite
und sprang auf, um zu ihr zu eilen. Beglückt hob er sie vom Sattel und trug sie unter den Baum.
Der Schimmel ging ein paar Schritte weiter und begann die hohen Gräser des Feldes zu fressen.
„Sehr eindrucksvoll“, sagte er, als Daniela lachte und sich den Hut abnahm, den sie achtlos beiseite warf.
„Nicht wahr?“ Sie strampelte fröhlich mit den Beinen, da er sie noch immer auf den Armen hielt. „Was denkst du nun von deiner Frau?“
„Ich denke, dass ich ihr mein Talent zeigen sollte, um nicht ganz ausgestochen zu werden“, murmelte er, wobei er überrascht war, wie heftig seine Leidenschaft für sie war.
„Ich kenne dein Talent bereits, Rafael“, flüsterte sie.
„Vielleicht hast du es dir aber nicht gut genug eingeprägt.“
„Oh, ich habe ein gutes Gedächtnis.“
„Dann möchte ich dir noch mehr schöne Erinnerungen schenken.“ Er legte sie in das hohe Gras
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