Gaelen Foley - Amantea - 03
un- gebändigte Wildfang, der sie stets gewesen war, nun Mutter werden sollte.
Ihre Gedanken schweiften zu jenem Tag vor ein paar Wo-
chen zurück, an dem es endlich geregnet hatte und somit die Dürre beendet war. Die Hoffnung war nach Amantea zu- rückgekehrt. Obgleich Rafael und sie sich oft eher wie skan- dalträchtige Liebende als wie ein würdevolles Königspaar verhalten hatten, wusste sie mit Sicherheit, dass sie an jenem wunderbaren Tag empfangen haben musste. Sie hatten ihre Reise beendet und waren wieder im Palazzo Reale eingetrof- fen, als ihre morgendliche Übelkeit begann. Sie hatte ihrem Gatten nur mitgeteilt, dass ihr die Fahrt zugesetzt habe und sie deshalb eine Weile ausruhen müsse.
Ihr erster Gedanke, als sie sich anzog, war, ihn aus seiner Sitzung zu holen und ihm sogleich von ihrem Zustand zu erzählen. Sie wusste, dass er überglücklich sein würde, ent- schloss sich aber, noch zu warten, bis die Besprechung vo- rüber war. Sie brauchte selbst etwas Zeit, um sich mit ihren gemischten Gefühlen auseinander zu setzen. Einerseits freute sie sich, dass ihre Liebe bereits eine Frucht trug. Anderer- seits hatte sie noch immer große Angst vor den Qualen, die ihr in acht Monaten bevorstehen würden. Auch erzitterte sie bei dem Gedanken, dass die Ankunft eines Kindes ihr Leben von Grund auf und für immer verändern würde.
Daniela ging für eine Weile im königlichen Garten spazie- ren, um sich zu sammeln. Sie betrachtete gerade die Rosen, die in einer Ecke des Statuengartens wuchsen, als ein Lakai auf sie zukam und ihr einen Brief auf einem Silbertablett darbot.
„Hoheit“, sagte der Mann mit einer Verbeugung.
Neugierig nahm Daniela den Brief und entließ den Diener mit einem Nicken. War es wieder eine Bitte an den maskier- ten Reiter? Momentan hatte sie allerdings einen wichtigen Grund, derartige Abenteuer abzulehnen. Die Haltung des Arztes war zwar sehr gelassen gewesen, aber sie selbst wollte kein Wagnis eingehen und die eigene Gesundheit oder die ih- res Kindes unnötig aufs Spiel setzen. Manchmal schockierte es sie geradezu, wenn sie daran dachte, wie tollkühn sie frü- her gewesen war, als sie mitten in der Nacht Kutschen aus- raubte. Nun gab es so viel mehr Gründe, auf ihr Leben zu achten.
Sie entfaltete das Papier und hielt den Atem an, als sie die kurze Nachricht las.
„Oh, du Narr“, seufzte sie und überflog ein weiteres Mal die zwei Zeilen.
Ungeachtet der Tatsache, dass er gehängt werden würde,
sollte er jemals wieder in Amantea auftauchen, wartete Ma- teo auf Daniela in der Villa der Chiaramonte und bat sie, sofort zu kommen.
Nachdem er seine morgendlichen Sitzungen vorzeitig been- det hatte und die nächsten drei Stunden frei war, machte sich Rafael auf die Suche nach Daniela. Dabei pfiff er eine sei- ner Lieblingsmelodien – „La ci darem la mano“. Er fand die Prinzessin jedoch nicht an den Orten, an denen sie sich meist aufhielt, und erkundigte sich deshalb bei ihrer Kammerzofe nach ihr.
„Meine Herrin ist ausgefahren, Hoheit.“
„Ausgefahren?“ fragte er überrascht.
„Ja, mein Herr. Sie ist vor zwanzig Minuten gegangen.“
„Wohin ist sie? Hat sie die Leibgarde mitgenommen?“
„Ja, Hoheit. Sie haben Ihre Hoheit begleitet. Sie sagte, dass sie sogleich ihren Großvater aufsuchen müsse.“
„Oh nein!“ Rafael runzelte besorgt die Stirn. „Ich hoffe, dem Oberst ist nichts geschehen.“
„Meine Herrin hat nichts gesagt, Hoheit. Aber ich möchte doch hinzufügen, dass sie besorgt zu sein schien.“
„Vielleicht kann ich sie noch einholen“, sagte Rafael, drehte sich auf dem Absatz um und eilte zu den königlichen Ställen. Danielas Großvater war ein zerbrechlicher, alter Mann, dem jederzeit ein Missgeschick zustoßen konnte. Falls ihm etwas geschehen sein sollte, wollte Rafael dabei sein, um Daniela zu helfen.
Wenig später sprengte er auf einem Schimmel die Land- straße entlang. Wie üblich begleiteten ihn ein halbes Dutzend Soldaten, da Orlando noch immer nicht gefasst war.
Der Ritt zur Villa der Chiaramonte dauerte nicht lange, und er hätte den Weg auch im Schlaf gefunden. Das Haus war mit Gerüsten umgeben, da es gerade restauriert wurde, wie Rafael angeordnet hatte. Eine ganze Mannschaft von Stein- metzen und Dachdeckern war an der Arbeit. Ihre Fuhrwerke, die voller Materialien waren, standen auf der überwach- senen Zufahrt. Rafael bemerkte erleichtert, dass Danielas Leibwächter vor dem Haus postiert waren.
„Was ist
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