Gaelen Foley - Knight 01
Liebsten auf- klären wollte.
Die Enttäuschung raubte ihr schier den Atem. Sie senkte den Kopf, sorgfältig darauf bedacht, ihren Schmerz hinter einem leisen bitteren Lächeln zu verbergen. Natürlich. Schließlich hatte er deutlich genug gesagt, was er von ihr hielt.
Sie wich seinem Blick aus, schlug die Beine übereinander und strich den Rock über ihrem Knie glatt. „Mal sehen, ob ich Sie richtig verstanden habe. Sie wollen mich als Köder einset- zen, damit Sie Dolphs Schuld beweisen und Ihre Geliebte rä- chen können?“
„Lady Coldfell war nicht meine Geliebte – aber ansonsten haben Sie es erfasst, ja.“
„Kommen Sie, Robert, zwischen uns braucht es doch keine Geheimnisse zu geben. Mir können Sie die Wahrheit anver- trauen. Sie war Ihre Gehebte.“
„Nein, das war sie nicht, Miss Hamilton. Lady Coldfell war eine keusche, tugendhafte Frau. Zwischen uns war nichts Kör- perliches. Es war etwas Höheres, Besseres. Sie war ... rein. “ Im Gegensatz zu mir, dachte sie. Irgendwie gelang es ihr, das gezwungene Lächeln beizubehalten, während sie auf ihre Hän- de im Schoß schaute. In ihr brannte die Scham.
„Herrje, Sie sind ja wahrhaftig der reinste Musterknabe.“
„Nein, ich musste lediglich mit ansehen, wie die Untreue meiner Mutter meinen Vater zerstörte. So etwas würde ich nie- mandem antun, erst recht nicht einem alten Freund der Fami- lie wie Coldfell.“
„Bewundernswert.“ Sie lehnte sich zurück. Auch wenn sie der Hingabe Anerkennung zollen musste, die er für die Dame seines Herzens gezeigt hatte – erkannte er denn nicht, wie sehr
er sie beleidigte? Oder zählte das vielleicht gar nicht, wo sie nur eine Demimonde war?
„Vielleicht hätten Sie sich meiner Dienste versichern sollen, bevor Sie mir von Ihrem Vorhaben erzählten.“
„Ich würde Sie nie in eine gefährliche Situation bringen, oh- ne Sie über die Risiken aufzuklären.“
„Es tut mir Leid, aber Dolph hat es nicht getan.“
„Was?“
„Er hat es nicht getan.“
„Doch.“
Bel verdrehte die Augen. Hawkscliffe wusste, was er wusste, und damit hatte es sich.
„Er hat ein Motiv, und außer Coldfells Personal ist er der Einzige, der freien Zugang zum Haus und den Gärten hat, Miss Hamilton.“
„Ich kenne Dolph“, meinte sie nachsichtig. „Sosehr ich ihn auch verabscheue, muss ich doch einräumen, dass er mutig ist. Wahnsinnig mutig. Darauf ist er stolz. Es entspricht einfach nicht seiner Art, eine schwache, wehrlose Frau zu ermorden. Darin liegt keinerlei Ruhm. Er kämpft lieber mit Bären und Wölfen, die sich wehren, mit einem würdigen Gegner.“
„Gleichzeitig lebt er aber auch über seine Verhältnisse. Wenn Lucy schwanger geworden wäre und Coldfell einen Sohn gebo- ren hätte, hätte Dolph auf den Titel und das heiß begehrte Ver- mögen verzichten müssen.“
Das konnte sie nicht abstreiten. Dolph war wirklich darauf fixiert, sein Erbe anzutreten.
„Vielleicht war ihr Tod ja auch ein Unfall“, fuhr er fort. „Möglicherweise hat Dolph versucht, sich ihr gewaltsam auf- zudrängen, und es kam zu einem Kampf.“
„Das könnte ich mir vorstellen“, erwiderte Bel leise. Sie wandte den Blick ab und verharrte völlig reglos. Allein schon bei dem Gedanken an ihre Albträume krampfte sich ihr der Magen zusammen.
Hawkscliffe stand auf und trat ans Fenster.
Energisch rieb Bel sich die Arme, weil ihr plötzlich eiskalt wurde, obwohl der Salon gut geheizt war. Sie brachte es nicht über sich, den Herzog anzusehen, während sie mit seinem Vor- schlag rang. Wenn Lady Coldfell tatsächlich ebenso – wenn nicht schlimmer – gelitten hatte wie sie selbst, war sie da nicht zur Mithilfe verpflichtet, damit ihrer Schwester im Leid Ge-
rechtigkeit widerfuhr? War sie das nicht auch sich selbst schul- dig? Aber sie war nicht sicher, ob sie sich in diese Sache hinein- ziehen lassen wollte. Es tat ihr nicht gut, daran zu denken. Schon bei der geringsten Erinnerung fühlte sie sich be- schmutzt, verletzt, beschämt. Es war besser, es zu vergessen. „Und wenn ich ablehne?“
„Ablehnen? Miss Hamilton, wenn Dolph dies Lucy wirklich angetan hat, scheint es da nicht logisch, sogar wahrscheinlich, dass Sie die Nächste sein könnten?“
Sie zuckte zusammen und schaute immer noch zu Boden, ob- wohl sie seinen intensiven Blick spürte.
„Ich könnte Sie beschützen. Er müsste sich erst mit mir an- legen, bevor er Ihnen etwas antun könnte. Glauben Sie wirk- lich, Sie wären bei irgendeinem anderen Mann
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