Gaelen Foley - Knight 01
dass er sie beobachtete.
Empört hob sie das Kinn. „Ist irgendetwas?“ fragte sie, den Stier hochmütig bei den Hörnern packend.
Solcherart ertappt, lächelte er und nahm einen Schluck Port- wein. „Ein Preis von tausend Pfund gibt mir doch sicher das Recht, Sie anzuschauen. Ich dachte gerade, dass ich vieheicht Ihr Bild in Auftrag geben sollte. Sie haben etwas Klassisches an sich, das gut zu einer allegorischen Darstellung passen würde, finde ich. Würden Sie Thomas Lawrence Modell stehen? Um Ih- re Schönheit unsterblich zu machen?“ Er grinste. „Ein Akt, was meinen Sie?“
„Ja, das würde Ihnen wohl gefallen, was?“
„Ich glaube schon.“
„Und welche Allegorie?“
Er strich sich über den Mund und ließ seinen Blick über ihre Gestalt wandern. „Vieheicht Aphrodite. Oder Persephone.“ Er schnippte mit den Fingern. „Wie hieß noch mal die Kleine, die Zeus in einem Schauer von Goldmünzen überwältigt hat?“
„Danae“, erwiderte sie und musste trotz ihrer Entrüstung la- chen, weil sie beide ein so seltsames Paar abgaben: die Hure und der Heilige. „Sie empörender Musterknabe, wollen Sie mich schon wieder beleidigen?“
„Ich ziehe Sie doch nur ein bisschen auf“, entgegnete er leise. Das faszinierende Leuchten war in seine Augen zurückgekehrt. Vieheicht lag es nur am Portwein. Doch die Luft zwischen ih-
nen, der ganze Raum vibrierte vor Spannung.
Verlegen wandte sie den Blick ab und schlenderte auf den Flü- gel zu. „Spielen Sie Klavier?“
„Jetzt nicht mehr. Und Sie?“
„Ein bisschen.“
„Dann spielen Sie mir doch etwas vor, meine Hübsche“, mur- melte er.
„Stets zu Diensten“, antwortete sie mit einem amüsierten Lä- cheln und setzte sich auf die Klavierbank. Als sie die goldene Prägung sah, hielt sie den Atem an. „Ein Graf!“ staunte sie. Der herrliche Flügel war fast zu schön, um ihn zu berühren. „Oh Ro- bert, ich trau mich nicht.“
„Aber natürlich trauen Sie sich“, erwiderte er mit einem nachsichtigen Lächeln.
„Mr. Graf baut auch die Flügel für Beethoven“, sagte sie ehr- fürchtig. „Meine durchschnittlichen Fähigkeiten werden die- sem herrlichen Instrument wirklich nicht gerecht.“
„Aber ich möchte, dass Sie für mich spielen. Nun kommen Sie schon!“
„Mir ist aufgefallen, dass hier in fast jedem Raum Flügel oder Klaviere stehen, Robert – ich kann wirklich nicht begreifen, wieso Sie ein so herrliches Kunstwerk in Ihrer Bibliothek ver- stecken.“
„Für mich ist die Musik eine sehr persönliche Sache, Miss Ha- milton. Wollen Sie jetzt für mich spielen oder nicht?“
„Also gut ... wenn Sie darauf bestehen. “ Sie legte die Finger leicht auf die Tasten und spielte zum Aufwärmen ein paar Läu- fe, hielt dann aber abrupt inne. „Der ist ja verstimmt!“
Er nickte und nahm noch einen Schluck. „Ich weiß.“
„Ach, Sie regen mich wirklich auf!“ rief sie aus. „Wie können Sie nur! Sie verstecken einen so großartigen Flügel hier in Ihrer Bibliothek, wo nur Sie Freude daran haben können, und dann lassen Sie ihn nicht einmal stimmen! Das sollte Lord Eldon zu einem Verbrechen erklären.“
Er lächelte.
„Jedenfalls weigere ich mich, Ihnen vorzuspielen, wenn ich doch genau weiß, dass meine Serenade wie Katzenmusik klin- gen wird, solange der Flügel nicht gestimmt ist.“
„Nun, als Kurtisane müssen Sie doch hervorragende Fähig- keiten besitzen. Was können Sie denn noch?“
„Nichts, wofür Sie bezahlt hätten.“ Sie stützte sich mit dem
Ellbogen auf den Flügeldeckel und legte mit einem schelmi- schen Lächeln die Wange in die Hand.
„Kleine Halsabschneiderin.“ Er lachte, doch sie war immer noch vor der Glut der Begierde in seinen Augen auf der Hut. Sie sah sich auf der Suche nach einer Ablenkung um. „Haben Sie ein Bild von Lady Coldfell?“
Seine träge Miene verhärtete sich automatisch, doch er rühr- te sich nicht. „Warum?“
„Ich möchte wissen, wen wir da rächen.“
Er griff in seinen Schreibtisch. Sie stand auf und ging zu ihm hinüber. Wortlos reichte er ihr eine Miniatur in einem kleinen Silberkästchen mit goldenem Verschluss.
Sie klappte es auf und erblickte eine heitere Schönheit mit ro- tem Haar, grünen Augen und Porzellanteint. Aufmerksam be- trachtete sie das Bild, traurig, dass ein so junges, vibrierendes Leben verloren war. „Hat Lady Coldfell Ihnen das Bild gege- ben?“
„Ja.“ Rasch nahm er ihr das Bild wieder ab und verschloss es wieder. Er wich
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