Gaelen Foley - Knight 03
unsichtbaren Angeln von der Wand wegschwang. Dahinter befand sich eine kleine, schmale Tür.
Vor Erstaunen blieb ihr der Mund offen stehen, und sie starrte mit weit aufgerissenen Augen auf die Tür. Das war unglaublich – die kleinen Satansbraten mussten ein Loch in die Wand geschlagen haben, ohne dass ihre Eltern etwas davon mitbekommen hatten, damit nichts und niemand sie voneinander fern halten konnte. Miranda machte den Mund wieder zu und griff in ihre Tasche. Mit zitternden Händen holte die junge Frau den Schlüssel heraus und steckte ihn in das kleine, schwarze Schloss.
Er passte. Bevor sie ihn umdrehte, zögerte sie jedoch. Im Nebenraum hielt sich kein frecher kleiner Junge auf, son- dern ein erfahrener gewalttätiger Krieger, der am Abgrund der Verzweiflung stand. Sie riskierte ihr Leben, wenn sie den Raum betrat. Doch hatte Damien etwa gezögert, als er die Angreifer auf Bordesley Green auf sie zustürmen gese- hen hatte? Sie atmete tief durch und drehte den Schlüssel um. Zuerst versuchte sie die Tür aufzudrücken, spürte aber ein Hindernis auf der anderen Seite. Vermutlich war auf Damiens Seite auch ein Spiegel.
Sie zog die kleine Tür nun zu sich, griff hindurch und
drückte mit der flachen Hand gegen die Rückseite von Da- miens Spiegel.
Wie vermutet, schwang er langsam zurück. Sie musste unter dem niedrigen Türsturz den Kopf einziehen, als sie über die Schwelle in seinen Ankleideraum trat.
„Damien?“
Sie kreischte, als etwas sie am Arm packte. Der Kerzen- stummel flog in hohem Bogen aus dem Zinnhalter, erlosch und landete auf dem Fußboden, während er sie herumriss und gegen die Wand presste.
In der Dunkelheit konnte sie überhaupt nichts sehen, sondern nur aus nächster Nähe sein abgerissenes Keuchen hören.
„Ich bin es, Damien. Miranda“, erklärte sie hastig, wobei sie sich bemühte, so ruhig und vernünftig wie möglich zu klingen. „Jetzt ist alles gut, Liebling. Jetzt bin ich hier. Ich bin hier, um dir zu helfen.“
Er stieß einen lauten, wortlosen Schrei aus, ihr direkt ins Gesicht. Voll Panik schloss sie die Augen und zuckte zu- rück, hielt aber die Stellung.
Dann schwieg er. Sie schlug die Augen wieder auf, und langsam begann sie sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Das Erste, was sie erblickte, waren seine silbrig glänzen- den Augen, kalt wie der Mond. Auch seine übrige Gestalt – sein strenges, kantiges Gesicht, seine nackte breite Brust – tauchte allmählich aus den Schatten auf.
„Lucien hat dir den Schlüssel gegeben“, stellte er ange- ekelt fest.
„Ja.“
„Es war sehr unklug von dir, ihn zu benutzen. Ich habe dir doch gesagt, dass du draußen bleiben sollst.“ Mit schwellenden Muskeln stützte er sich links und rechts von ihr an der Wand ab und beugte sich mit einem wilden, be- drohlichen Lächeln näher zu ihr. Ihre Gesichter waren nur noch wenige Zoll voneinander entfernt. „Aber jetzt, wo du hier bist, was meinst du, was ich mit dir anfangen soll?“ Miranda schluckte hart. Sein Oberkörper war schweiß- bedeckt, in seinen harten Zügen spiegelten sich wirre Ge- fühle. Aber zumindest hat er die Sache nicht noch durch Alkohol verschlimmert, dachte sie. Zu ihrer Erleichterung roch sein Atem nicht nach Brandy oder dergleichen, son-
dern nur nach Wein. Ihre Kehle war wie zugeschnürt.
Er zuckte zusammen, als in der Ferne wieder ein Böller- schlag ertönte. Damien schaute in die Richtung, aus wel- cher der Lärm kam. Seine Anspannung war förmlich mit Händen zu greifen, sie erkannte es in der harten Linie sei- ner Schultern.
Hier in dieses fensterlose Ankleidezimmer inmitten des Hauses drang der Lärm nur gedämpft und war nur ein be- ständiges dumpfes Dröhnen. In ihren Ohren klang es ganz wie Schlachtenlärm, obwohl sie ihn nicht aus eigener Er- fahrung kannte. Ihr kam es überhaupt nicht verrückt vor, dass ein Mann, der sechs Jahre an der Front verbracht hat- te, bei diesen Geräuschen von seinen Erinnerungen über- rollt wurde. Onkel Jason hatte immer gesagt, dass man mitten im Kampf nicht über seine Gefühle nachdenken könne, aber auch wenn ein Soldat seine Furcht ignorieren konnte, wenn die Pflicht rief, würde er später doch be- stimmt wieder von ihr eingeholt werden.
„Ich bin hier, um dir zu helfen“, sagte sie leise.
„Mir helfen? Wer bist du schon, um mir zu helfen?“ frag- te er mit königlicher Verachtung.
„Psst“, wisperte sie, strich ihm über das Gesicht und schaute ihm in die Augen.
Bei ihrer Berührung
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