Gaelen Foley - Knight 03
hielt er inne. Seine Haut war kalt. Zitternd schloss er die Augen.
„Geh raus, Miranda.“
„Ich werde dich nicht allein lassen.“
„Hast du Bordesley Green vergessen?“ Zornig blickte er sie an, und plötzlich sah sie sich Auge in Auge mit dem un- sterblichen Todesengel, vor dem sie in jener Nacht davon- gelaufen war.
Diesmal konnte sie nicht weglaufen. Und wollte es auch nicht.
Seine silbergrauen Augen glühten wie eine Degenklinge, doch Miranda hob das Kinn und begegnete gelassen sei- nem Blick. „Ich habe keine Angst vor dir. Diesmal lasse ich mich nicht davonjagen, nicht mal dann, wenn du mich an- brüllst. Und auch nicht, wenn du mir wieder mit einem so schmutzigen Trick kommst wie damals im Stall, mein lie- ber Mit-Bastard.“
Er kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. „Du hast
mich also durchschaut. Aber du hast mir keine andere Wahl gelassen.“
„Das weiß ich jetzt auch, aber ich bin nicht hier, um mit dir zu streiten. Gib mir jetzt sofort die Waffen, wenn du welche hier versteckt hast.“
„Sonst?“ spottete er.
„Sonst gehe ich hinunter und hole MacHugh und Suther- land herauf, damit sie ein wenig Vernunft in dich hinein- prügeln. Dann wird dein ganzes Regiment Bescheid wis- sen, und ich kann mir nicht vorstellen, dass dir das recht wäre. Wo sind die Waffen? Pistolen? Messer? Her damit!“ befahl sie.
Spöttisch betrachtete er sie. „Ich habe sie woanders ver- steckt, bevor ich mich eingeschlossen habe.“
„Stimmt das?“
„Ja“, erwiderte er, ein wenig nachgiebiger.
„Warum hast du mir dann nicht geantwortet, als ich dich gefragt habe, ob du bewaffnet bist?“
„Weil ich immer noch die hier habe.“ Mit einem bitteren Lächeln hob er die Hände.
Als sie den fieberhaften Schmerz in seinen Augen wahr- nahm, sank ihr der Mut. „Ach, Damien“, murmelte sie und ergriff seine Hände. Sein harter Blick wurde weicher, als sie die Hände nacheinander küsste. „Ich habe doch auch gesehen, wie sanft du sein kannst, mein Liebster. Du bist gut zu Kindern, lieb zu Tieren, ritterlich gegenüber Frau- en, und du bringst sogar Geduld für Narren auf. Du bist ein hoch dekorierter Offizier der königlichen Infanterie, und ich bin stolz auf dich.“
„Was willst du nur mit mir?“ flüsterte er erschüttert, als die harte, zynische Fassade endlich zu bröckeln begann und man das Leid in seinem Gesicht erkannte.
„Alles, was ich will“, begann sie und legte zärtlich die Hand auf seine bloße Brust, „ist, dir den Schmerz zu neh- men.“
Er hielt sehr still, legte den Kopf in den Nacken, während sie ihm über die Schultern und den Hals strich.
„Wo warst du, Damien? In Portugal? Spanien?“
Er nickte.
„Und was empfindest du?“
„Zorn“, knurrte er.
„Erzähl mir, weshalb.“
Lange Zeit antwortete er nicht, rang mit seinem Stolz, zog sich weiter in sein Leiden zurück.
„Man lernt einen Mann endlich richtig kennen, und dann knallen sie ihn ab“, verkündete er plötzlich, und dann wurde seine Stimme ganz leise. „Das ist nicht gerecht. Ich weiß nicht, warum ich noch am Leben bin, um mich herum ist alles grausam und hässlich.“
„Sind es die Grausamkeit und die Hässlichkeit, die dich zornig machen?“
„Zornig und traurig. So traurig, dass ich auch sterben möchte.“ Er schüttelte den Kopf. „Aber zum Trauern ist keine Zeit. Jedenfalls nicht für mich.“
„Warum nicht?“
„Immer geht es um Details, Miranda. Kleinigkeiten. Die Toten müssen begraben werden. Vom Hauptquartier kommt der Befehl, mit den Truppen in die nächste Schlacht zu marschieren. Verpflegung und Munition müs- sen beschafft und bewacht werden. Die Verwundeten müs- sen ins Lazarett gebracht werden. Beförderungen müssen ausgesprochen werden, damit die gefallenen Offiziere er- setzt werden können, Deserteure müssen bestraft werden, vertriebene Zivilisten versorgt. Es hört nie auf, nie.“
„Und wie fühlst du dich dabei?“
Er stellte sich vor sie hin, schwieg eine ganze Weile, wäh- rend er sich die Antwort überlegte. „Erleichtert. Lieber ar- beite ich, als dass ich den Schmerz an mich herankommen lasse ...“ Mit einem scharfen Atemzug hielt er inne. Sie spürte, dass er sich zurückhielt, dass er sich weigerte, sich näher mit seinen Erinnerungen zu befassen, und doch wusste sie instinktiv, dass er die Erinnerungen loswerden wollte.
„Der einzige Weg, den Schmerz hinter sich zu lassen, ist der, mitten hindurch zu gehen, Liebster“, flüsterte sie. „Ich bin bei
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