Gaelen Foley - Knight 03
sollte.
In diesem Augenblick ging die Tür auf. „Sie wünschen, Sir?“ fragte ihn eine Dienstbotin mit rundem, rotem Ge- sicht.
„Ich möchte mein Mündel besuchen, Miss Miranda Fitz- Hubert.“
Die Frau riss die Augen auf, bis die Augenbrauen den Rand ihres Häubchens berührten. Rasch knickste sie.
„Kommen Sie doch herein, Sir. Major Sherbrooke, nicht wahr?“
Die Verwechslung schmerzte ihn. „Nein, ich bin Major Sherbrookes Colonel und Freund Lord Winterley. Ich bin als Miss FitzHuberts Vormund bestellt.“
„Ach herrje“, murmelte die Frau, als sie seinen harten, bedeutsamen Blick bemerkte. „Ach Gottchen. Kommen Sie herein, Mylord. Miss FitzHubert ist mit den anderen Mädchen in der Kirche. Soll ich sie holen?“
„Nein, es besteht kein Grund zur Eile, wenn man schlechte Nachrichten überbringt. Ich warte.“ Er trat in die düstere Eingangshalle. Sofort war er sich der feucht- kalten Luft bewusst, die von den Steinplatten aufstieg. Das kann doch nicht gesund sein, überlegte er stirnrun- zelnd. Hoffentlich besaß das Kind eine robuste Konstituti- on. „Ist der Direktor da? Ich würde ihn gern sprechen.“
„Nein, Mylord, Reverend Reed ist sowohl unser Pfarrer als auch der Direktor. Er hält gerade den Gottesdienst, und auch Miss Brocklehurst, die Direktorin, ist in der Kirche; sie passt auf die Mädchen auf.“
„Natürlich“, erwiderte er mit einem gezwungenen Lä- cheln. „Und wer sind Sie?“
„Mrs. Warren. Ich bin die Köchin, Haushälterin, Wasch- frau – ich mach eigentlich alles.“ Sie öffnete eine Tür rechts der Eingangshalle und wies mit einem freundlichen Lächeln darauf. „Dürfte ich Sie in den Salon bitten, My- lord? In spätestens zehn Minuten müssten sie zurück sein.“ Er nickte und wollte schon hineingehen, als er noch ein- mal innehielt. „Kommen die Kinder durch den Vorderein- gang herein? Mein Hengst ist ein bisschen nervös. Es könn- te gefährlich werden, wenn die Kinder ihn streicheln wol- len.“
„Nein, Sir, die Mädchen kommen immer zur Hintertür rein. Von der Kirche führt ein Weg direkt dorthin.“
„Schön“, sagte er und begab sich in den bescheiden aus- gestatteten Empfangsraum.
„Darf ich Ihnen Tee bringen?“
Er nickte. „Gern, vielen Dank.“
Sie knickste und ließ ihn dann im Salon allein. Damien legte den Mantel und die dicken Lederhandschuhe ab und wartete ungeduldig. Im Kamin flackerte nur ein kleines
Feuer, so dass es im Raum ziemlich kühl war.
Wer immer dieses Haus führt, ist ein ziemlicher Geizkra- gen, dachte er, während er den schäbigen Teppich, die al- ten Möbel und die paar Kohlen im Kamin betrachtete. Die Schulgebühren waren dennoch ziemlich hoch. Vielleicht wurde das Haus nur schlecht geführt. Nachdem ihm für sein Regiment viel zu oft nicht genug Verpflegung und Kleidung zur Verfügung gestanden hatten, von Munition ganz zu schweigen, kannte er die Anzeichen der Mangel- wirtschaft. Doch die Härten, welche seine Soldaten hatten erdulden müssen, waren für zerbrechliche junge Damen doch sicher nicht das Richtige. Bisher hatte er keine hohe Meinung von Yardley, doch zumindest an der Reinlichkeit gab es nichts zu beanstanden. Er musterte den Salon, als inspizierte er die Truppenquartiere. Alles makellos sauber. Schließlich ließ er sich steif auf einem Sofa nieder, die Hände auf die Oberschenkel gestützt. Ein paar Minuten ließ er sich durch den Kopf gehen, was er seinem Mündel Schmerzliches zu sagen hatte. Er konnte einfach nicht fas- sen, dass er, der es nicht wert war, sich unter zivilisierten Menschen zu bewegen, binnen kurzem ein Kind trösten müsste.
Kurz darauf läuteten die Glocken, um das Ende des Got- tesdienstes anzuzeigen. Mrs. Warren kam mit einem Tee- tablett herein und trug es zu einem kleinen Tischchen. Sie schaute hoch, als die Hintertür klappte und kurz darauf helle, fröhlich schwatzende Stimmen ertönten. Eine laute männliche Stimme war zu hören, die sie wichtigtuerisch zur Ordnung rief.
„Da ist er ja, der saubere Herr“, murmelte die Haushäl- terin und warf Damien einen besorgten Blick zu.
„Wie bitte?“ fragteer.
Entschlossen schürzte Mrs. Warren die Lippen. „Mylord, egal, was die beiden Ihnen erzählen, Miss FitzHubert ist ein nettes, braves Mädchen“, fuhr sie beschwörend fort, „auf ihre Art ist sie ein wahrer Engel.“
„Mrs. Warren! Zum Kuckuck, Mrs. Warren!“ rief die Männerstimme aus dem Flur. „Dummes altes Weib, wo sind Sie denn?“
Damien runzelte
Weitere Kostenlose Bücher