Gaelen Foley - Knight 03
gesetzt, ließ den Mantel fallen, begann zu rennen. Er schüttelte die Ketten der Zi- vilisation ab, die ihm während der letzten Monate so schwer geworden waren, und schrie innerlich befreit auf. Zwar führte er keine Waffen mit, aber für einen Mann wie ihn, der neun verschiedene Arten kannte, sein Opfer mit bloßen Händen zu töten, stellte das kein großes Problem dar. Mit jedem Schritt wurde seine Wahrnehmung schärfer, sein Kopf klarer, und im Geist ging er die Attacke bereits mit mathematischer Präzision durch.
Als sich das Mädchen der Hügelkuppe näherte, beschleu- nigte er seine Schritte noch stärker, da er es unbedingt ein- holen wollte, bevor die Räuberbande es erwischte. Inner- lich machte er sich zum Kampf bereit, und dann sah er, wie sie oben auf dem Hügel wie angewurzelt stehen blieb. End- lich konnte sie die Männer vor sich ausmachen. Damien war zu weit weg, um zu hören, was sie zu ihr sagten, als sie sich in Bewegung setzten, doch sie wirbelte herum und be- gann zurück zum Theater zu rennen.
Schneller, schneller, feuerte er sich an und holte noch das Letzte aus sich heraus, doch war er nicht schnell genug, um sie noch rechtzeitig einzuholen. Aus dem Wäldchen kam ein vierter Mann hoch zu Ross herausgaloppiert, während die drei anderen mit ein paar Schritten zu ihr auf schlossen und sie bei den langen Haaren packten. Unter aufstieben- dem Schnee warfen die Männer sie zu Boden. Sie stieß ei- nen Schrei aus, der jedoch gleich darauf erstickt wurde. Damien stürmte mit mörderischem Blick die Hügelkuppe hinauf.
Oben angelangt, nahm er wahr, wie ein Mann das Pferd hielt, während die anderen beiden versuchten, das Mäd- chen zu dem Reiter hinaufzubugsieren. Die junge Frau wehrte sich mit Zähnen und Klauen – bis einer der Männer ein Messer zog und sie damit bedrohte.
Damien fühlte, wie die dunkle Bestie in ihm die Augen aufschlug, erweckt vom Blitzen des Messers. Die Bestie roch Blut. Wirre Erinnerungen schossen ihm durch den Kopf, Erinnerungen an Nächte auf Patrouille, Bajonettan- griffe. Er fühlte sich merkwürdig distanziert, aber glasklar, von einer fast schon unheimlichen Ruhe und Konzentrati- on ergriffen. Der schmierige Straßenräuber steckte die Waffe weg, um das Mädchen hochzuheben, und im nächs- ten Moment griff Damien an.
Er ignorierte ihr Geschrei, rammte dem Mann mit dem Messer den Ellbogen ins Gesicht, dass diesem der Kopf nur so nach hinten flog, und packte Miss White um die Taille, um sie am Fallen zu hindern. Das Pferd tänzelte unruhig herum, doch die verängstigte Schöne fuhr Damien mit den Fingernägeln ins Gesicht, da sie ihn in ihrer Panik gar nicht erkannte.
Er riss die Augen auf, als sie den Mann gegen das Kinn
trat, der sie an den Füßen festzuhalten versuchte. Damien befreite sie aus seinem Griff, trug sie ein paar Schritte fort und stellte sie dann hinter sich auf die Füße, sich zwischen ihr und ihren Angreifern aufbauend.
Der bullige Mann, den sie gegen das Kinn getreten hatte, kam schon wieder herangestürmt. Damien schlug ihm so heftig ins Gesicht, dass der Mann ohnmächtig zu Boden ging. Damien schaute sich kurz nach dem Mädchen um, ob es auch in Ordnung war. Sie kniete im Schnee und begeg- nete seinem Blick. Plötzlich glomm in ihren Augen die Er- kenntnis auf – wer er war, der ihr helfen wollte.
Dann knallte ein paar Schritte entfernt ein ohrenbetäu- bender Schuss. Aus den Augenwinkeln sah er das Mün- dungsfeuer, spürte, wie die Kugel in seinen linken Oberarm eindrang. Fluchend presste er die Hand auf die Wunde, während das Mädchen aufschrie: „Nein!“
Mit schweißfeuchter Stirn blickte Damien von dem blu- tenden Arm zu dem Mann auf, der ihn angeschossen hatte, einem drahtigen, ungepflegten Mann mit Goldzahn. In ei- sigem Schweigen fixierte er den Mann, ohne die anderen zu beachten, während sein Arm allmählich taub wurde und er die Schmerzen nicht mehr spürte.
Der Verbrecher senkte die Waffe, um sie neu zu laden, war in seiner Angst und Hast jedoch ungeschickt. Damien wischte sich das Blut an der Uniformjacke ab. Der Puls röhrte ihm in den Ohren wie ferner Kanonendonner. Die Wirklichkeit geriet ins Wanken, schwankte – und plötzlich zerbrach sie. Er war wieder in Spanien, um ihn grollten die Waffen, die Franzosen griffen sein Bataillon an. Sein wir- rer Geist klärte sich, konzentrierte sich nur noch auf ein einziges Ziel: Töten.
„Lauf“, knurrte er dem Mädchen zu und pirschte sich an den Mann mit der Waffe
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