Gaelen Foley - Knight 03
und von jedem Türsturz und jedem Kronleuchter hing ein Mistelzweig. Draußen vor den Fenstern tanzten die Schneeflocken. Dann entdeckte Miranda einen herrlichen Pflaumenkuchen, der auf einem Tortenständer inmitten des schwer beladenen Büfetts prangte.
Hawkscliffe und Damien im Schlepptau, führte die Her- zogin Miranda zu ihrer Gastgeberin, einer korpulenten Dame mit dunklen Locken und scharf funkelnden intelli- genten Augen. Beim Näherkommen hörte Miranda jedoch zu ihrem Erstaunen, wie Lady Holland einem anderen Gast erzählte, dass sie und ihr Gatte Napoleon zu Weih- nachten eine Kiste Marmelade und Bücher nach Elba ge- schickt hätten. Ungläubig sah Miranda zu Damien. Der bemerkte ihren Blick zwar nicht, doch sie wusste, dass er die Prahlerei mitbekommen hatte, weil sich seine Miene merklich verfinsterte.
Als Lady Holland sich von ihrem Gast abwandte, um sie zu begrüßen, stellte die Herzogin ihr Miranda vor. Miran- da knickste und bedankte sich bei der Baronin für die Ein- ladung. Lady Holland nickte ihr flüchtig zu und begann dann mit den Hawkscliffes ein Gespräch. In diesem Mo- ment schlängelten sich auch Lord und Lady Lucien durch die Menge zu ihnen.
Nachdem die frisch Vermählten ihre Gastgeberin be- grüßt hatten, lösten sich die vier aus der munteren kleinen Gruppe um Lady Holland. Die Zwillinge wurden schier er- drückt von all den Leuten, die sich auf sie stürzten und sie begrüßen wollten. Auch Alice schien sie alle zu kennen. Miranda stand neben Damien und versuchte, sich ihr Un- behagen nicht anmerken zu lassen. Es wäre ihr zwar nicht schwer gefallen, mit einem der zahlreichen Gäste ins Ge- spräch zu kommen, die ihr so rasch hintereinander vorge- stellt wurden, aber sie hatte große Angst, sie könne aus Versehen irgendeine Regel übertreten, die in ihrem Etiket- tebuch nicht erwähnt war. Und sie wollte es unbedingt ver- meiden, den Knights Schande zu machen.
„Griff!“ rief Lucien und zog einen großen, attraktiven Mann in formeller schwarz-weißer Abendkleidung in die Runde. „Mein Gott, Damien, nun schau dir das an!“ Er leg- te dem Mann den Arm um die Schultern. Der Neuan- kömmling hatte lockiges braunes Haar, das ihm verwegen in die Stirn fiel, scharf geschnittene Züge und braune, goldgefleckte Augen. „Ich glaub es nicht!“
„Lieber Himmel, Ian, bist du es wirklich?“ Ebenso er- freut und überrascht trat Damien vor und schüttelte dem Mann die Hand.
„Es ist so lang her“, erwiderte der Mann. „Herzlichen Glückwunsch zum Titel, Damien – oder sollte ich Lord Winterley sagen?“
Damien lachte bescheiden.
Der liebenswürdige Gentleman betrachtete Lucien mit einem schiefen Lächeln. „Tut mir Leid, dass ich es zu dei- ner Hochzeit nicht geschafft habe, alter Junge. Ich bin ge- rade erst aus Wien zurückgekommen.“
„Du bist zu dieser Jahreszeit quer durch Europa gereist? Die Reise muss ja die reinste Hölle gewesen sein!“
„Es war tatsächlich bitterkalt.“ Ihr Freund zuckte mit
den Schultern. „Mir ist nichts anderes übrig geblieben. Mein Sohn war krank.“
„Und Catherine konnte es nicht ertragen, ihn ohne dich zu pflegen?“ fragte Damien mit viel sagendem Lächeln.
Lucien zuckte zusammen. „Vergib meinem Bruder, Ian Ich glaube, niemand hat es ihm erzählt. Damien, Lady Griffith ist vor zwei Jahren gestorben.“
Miranda und Alice machten beide große Augen, doch der Kummer, der im Blick des attraktiven Mannes aufblitzte, war nur flüchtig.
„O Gott.“ Damien war es sichtlich unangenehm, in ein solches Fettnäpfchen getreten zu sein. „Griff, das tut mir furchtbar Leid. Ich wusste ja nicht ...“
„Schon gut“, murmelte der Mann. „Du warst schließlich im Krieg.“
„Wie ist das passiert?“ erkundigte er sich. „War sie krank?“
„Sie ist bei der Geburt gestorben“, antwortete er, nahm einen Schluck Wein und sah sich im Ballsaal um. Sein Blick wanderte erst zu Alice und blieb dann an Miranda hängen.
Nüchtern starrte sie ihn an.
„Ich hoffe, dein Sohn hat sich wieder erholt?“ meinte Lu- cien vorsichtig.
Ein ironisches Lächeln spielte um den Mund des Freun- des. „Die Masern. Aber ja, es geht ihm schon besser. Doch genug jetzt von diesen düsteren Geschichten, ihr zwei Schurken. Verratet mir lieber, welches von diesen schönen Geschöpfen zu wem gehört.“
„Das ist meine Frau Alice“, erwiderte Lucien mit war- mem Stolz und wandte sich an die zierliche Rotblonde. „Liebling, gestatte, dass ich dir meinen
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