Gaelen Foley - Knight 03
Tanz ging weiter.
Später tanzte sie zwei Mal mit Lord Griffith und mit Lord Alec, der zu später Stunde noch auftauchte, und dann noch mit ein paar jungen Offizieren, die ihren Onkel gekannt hatten. Als sie den beiden jungen Herren begegnete, die ihr in der Bond Street zu Hilfe geeilt waren und sich abends im Drury Lane als Oliver Quinn und Nigel Stanhope vorge- stellt hatten, rang sie sich ein gequältes Lächeln ab.
Sie konnte sich nicht gut weigern, als die beiden sie zum
Tanz aufforderten, auch wenn der bäuerlich wirkende Mr. Quinn nicht aufhören wollte, ihr Dekollete zu beäugen. Doch selbst das ärgerte sie nicht so sehr wie der Umstand, dass Damien pflichtbewusst mit einer Reihe anderer Da- men tanzte. Natürlich musste er das tun, wollte er nicht unglaublich rüde erscheinen, doch sie verspürte dennoch eine Spur Eifersucht. Schließlich entkam sie Mr. Quinn und Mr. Stanhope, indem sie Alecs Einladung folgte, mit ihm und Lord Griffith zum Büfett zu gehen. Die Herzogin stand schon dort und bediente sich an dem reichhaltigen Angebot; Lucien und Alice tanzten noch.
Miranda stellte sich neben die Herzogin und probierte auf deren Empfehlung zum ersten Mal in ihrem Leben Ananas. Die stachelige Frucht war der Gipfel der Extrava- ganz, das Symbol üppiger Gastfreundschaft, importiert aus einem exotischen sonnigen Land. Begeistert äußerte sie sich über die saftige, köstliche Frucht, bis Lord Grif- fith, der sie beobachtet hatte, über ihren Enthusiasmus la- chen musste.
„Wo hat Damien Sie nur gefunden?“ fragte er und be- trachtete sie mit wachsendem Interesse.
„Das verrate ich nicht“, erwiderte sie mit einem schelmi- schen Lächeln und wandte sich dann den traditionelleren Köstlichkeiten des Büfetts zu. „Sie essen ja gar nichts, My- lord! Wie können Sie dem widerstehen? Das alles sieht doch so verlockend aus.“
„Allerdings“, murmelte er und schaute dabei sie an.
Alec, der ein Stückchen entfernt stand, blickte von Lord Griffith zu ihr, zog eine Augenbraue hoch und nickte Mi- randa beifällig zu. Sie errötete leicht und warf ihm einen tadelnden Blick zu. Dann wandte sie sich wieder dem Es- sen zu. Vor Nervosität hatte sie den ganzen Tag über kaum etwas zu sich genommen, doch jetzt, wo sie einmal ange- fangen hatte, gab es eine ganze Menge Speisen, die sie in Versuchung führten: Tabletts mit diversen Milchcremes, der obligatorische Plumpudding, Kuchen und köstliche Plätzchen, rote Weihnachtsäpfel und Orangenschnitze, da- zu unzählige Fleischpasteten und Sülzen. Lord Griffith wandte sich ab, um mit ein paar Gästen zu sprechen, die ihn begrüßt hatten, und Miranda probierte eine Mandel- speise. Gerade als sie den nächsten Löffel in den Mund
schieben wollte, tippte ihr jemand auf die Schulter.
Sie drehte sich um, machte große Augen und wurde blass. Vor ihr, im vollen Staat des Elften Dragonerregi- ments, stand ein junger Kavallerieoffizier mit glattem, hellbraunem Haar. Sein Gesicht mit den breiten Wangen- knochen lief zu dem leicht gespaltenen Kinn spitz zu. Das jungenhafte Grinsen, an das sie sich so gut erinnerte, spiel- te immer noch um den sinnlichen Mund, doch die dunkel- grünen Augen waren härter geworden.
„Patrick“, hauchte sie.
„Hallo, Kätzchen.“ Auf die alte satyrhafte Weise zog er eine Augenbraue hoch, was bei ihr immer heftiges Herz- klopfen hervorgerufen hatte, doch jetzt kam es ihr nur noch einstudiert und berechnend vor.
Erstaunt musterte sie ihn. Er hat sich verändert! Sie konnte nicht fassen, wie verlebt ihr alter Beau auf einmal wirkte. Sein Haar war ein wenig fettig und saß nicht gut. Er roch nach Alkohol und schwankte leicht.
„Himmel, schau dich bloß an! Seit wann bist du eine sol- che Göttin? Wo hast du gelernt, so schön zu tanzen? Ver- dammt, du bist wirklich eine heiße Nummer“, schnurrte er ein wenig undeutlich.
„Und du brauchst dringend eine Rasur“, erwiderte sie und verschränkte die Arme vor der Brust.
Lachend fuhr er sich über die Bartstoppeln. „Bin seit vorgestern nicht mehr zu Hause gewesen. Immer unter- wegs, von einer Gesellschaft zur nächsten. Was machst du hier? Birmingham ist weit – und die Scheune, in der wir uns immer getroffen haben.“ Er grinste sie so unverschämt an, dass sie sich vor Schreck versteifte. „Das hast du ja hoffentlich nicht vergessen.“
Errötend wandte sie den Blick ab. „Bitte sprich nicht da- von.“
„Nun schäm dich doch nicht, meine Süße. Du hast deine Tugend doch gut
Weitere Kostenlose Bücher