Gaelen Foley - Knight 03
sie ihn, doch er lächelte sie nur spitzbübisch an, ohne sich der anderen in dem hell er
leuchteten Salon bewusst zu sein.
Lucien und Alice hatten eine lederne Schreibmappe für sie besorgt, gefüllt mit Visitenkarten und Briefpapier, dun- kelblauer Tinte und hochwertigem Schreibgerät. Bel schenkte ihr eine Perlenkette und dazu passende Ohrringe. Lizzie hatte drei sehr hübsche Taschentücher mit Miran- das Initialen bestickt. Jacinda hatte einen Opernfächer für sie, der aus Federn gefertigt war und in dessen Griff ein kleines Opernglas eingelassen war. Alec schenkte ihr einen riesigen Zobelmuff, ein sehr modisches Stück. Jacinda hat- te er einen aus Hermelin überreicht, Lizzie einen aus Ka- ninchenfell. Selbst Mr. Hamilton hatte ein Geschenk für sie, ein Gedichtbuch von Walter Scott, vom Autor handsig- niert.
Zum Schluss überreichte Damien ihr ein dreifach gefal- tetes und mit einem Tropfen roten Wachses versiegeltes Stück Papier.
Mit zitternden Händen riss sie es auf und las die Bot- schaft. Dann sah sie ihn mit weit aufgerissenen Augen an. „Unmöglich.“
Er lächelte.
„Was steht denn drin?“ erkundigte sich Jacinda.
„Damien hat mir ein Vollblutpferd gekauft!“ rief sie aus und sprang auf.
„Ja, aus hervorragender Zucht.“ Er strahlte. „Eine kas- tanienbraune Stute. Sehr sanft, und eine ganz ruhige Gangart. Sie wird nach dem ersten Weihnachtstag gelie- fert. Bis dahin bist du über Apple-Jack hoffentlich hinaus- gewachsen.“
„Oh, Damien, ich kann es einfach nicht fassen!“ Sie
stürzte sich auf ihn und warf ihm beide Arme um den Hals. Einen Arm immer noch fest um ihn gelegt, wandte sie sich dann mit Tränen in den Augen an die anderen. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Vielleicht dürfte ich all die schö- nen Geschenke gar nicht annehmen – andererseits glaube ich nicht, dass ich es ertragen könnte, sie wieder herzuge- ben. Ein so schönes Weihnachten hatte ich noch nie! Ich weiß nicht, wie ich Ihnen je danken soll! Sie haben mich aufgenommen. Sie alle waren so großzügig und nett zu mir – und ich habe gar nichts, was ich Ihnen dafür geben könn- te“, brachte sie stockend hervor, kurz davor, unter den lie- bevollen Blicken der anderen in Tränen auszubrechen.
Damien stieß ein weiches, neckendes Lachen aus und umfasste sanft ihre Wange. „Na, na, mein Liebes, wir woll- ten dich doch nicht zum Weinen bringen.“
„Natürlich nicht. Tut mir Leid“, schniefte sie. Dann un- terdrückte sie die Tränen und rang sich ein zittriges Lä- cheln ab, immer noch an ihn geschmiegt. Dann schaute sie zu Robert. „Euer Gnaden, dürfte ich Sie um etwas bitten?“
„Worum denn, Miss FitzHubert?“
Sie löste sich aus Damiens leichter Umarmung, eilte zu seinem ältesten Bruder hinüber und wisperte ihm etwas ins Ohr.
Er lächelte sie an, als sie sich wieder aufrichtete. „Gute Idee, meine Liebe. Welche Tonart?“
„C-Dur, bitte.“
„Sehr schön. Liebe Familie, es freut mich, euch ankündi- gen zu dürfen, dass Miss FitzHubert nun ein Lied für uns zum Besten geben wird“, verkündete er munter.
Die anderen quittierten diese Botschaft mit allen Anzei- chen der Freude. Robert führte sie zu seinem glänzenden Flügel.
„Hoffentlich gefällt es Ihnen. Viel ist es nicht, aber mehr habe ich Ihnen nicht zu bieten“, meinte sie. Ihre Wangen waren inzwischen ebenso rot wie die Rosen, die in einer Vase auf dem Flügel arrangiert waren.
Während Robert ein paar einführende Takte spielte, be- obachtete Damien Miranda, völlig fasziniert von ihrem sü- ßen Gesicht, den strahlenden Augen. Nie hatte er ein hüb- scheres Mädchen gesehen, auch kein lieberes. Ihre Auftrit- te als Miss White leisteten ihr jetzt gute Dienste, denn als
sie nun zu singen begann, war ihre Haltung ebenso makel- los wie ihre Tonlage. Sie hatte ein altes Weihnachtslied ge- wählt, das sie zur Melodie von „Greensleeves“ vortrug.
Damien platzte fast vor Stolz auf sie und ließ sich von ih- rem warmen Alt einhüllen, genau wie an jenem Abend im Theater.
Als das Lied vorüber war, saß seine Familie einen Augen- blick in verzaubertem Schweigen da, doch Damien, der hinter ihnen stand, dachte an Mirandas kokette Worte da- mals nach der Vorstellung: Sie haben mir ja nicht mal ap- plaudiert.
Langsam und vernehmlich begann er ihr Beifall zu klat- schen.
Sie begegnete seinem Blick und schaute sich dann im Raum um. Als die anderen in den Applaus einfielen, wur- de sie ganz rot vor Dankbarkeit. Der
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