Gaelen Foley - Knight 04
anzuzünden, schloss er die Tür hinter sich und ging zum Bett. Das ganze Gewicht seiner Vergangenheit senkte sich auf seine Schultern. Er warf sich aufs Bett und starrte an die Decke. Dann schloss er die Augen, und die alte Verzweif- lung bemächtigte sich seiner wieder. Nein, nicht sein Vater war schuld, sondern er selbst! Er war einfach nicht liebens- wert. Gibt es denn niemanden, der mich liebt?
Sein Herz sehnte sich nach dem einen Licht in der Dun- kelheit, das er gefunden hatte, und das war Jacinda. Doch wenn er an sie dachte, wurde sein Schmerz nur noch größer. Er war einfach nicht liebenswert. Sie würde sich nie in ihn verlieben!
Er konnte ihr zwar Befriedigung verschaffen, aber eigent- lich war er nach wie vor keinen Pfifferling wert und ver- diente ihre Liebe nicht. Tränen stiegen ihm in die Augen. Rasch setzte Rackford sich auf, sprang auf, fuhr sich durchs
Haar und versuchte, die alten Dämonen zu vertreiben. Er erinnerte sich daran, wie freundlich Jacinda schon zu ihm gewesen war, wie besorgt sie sich um ihn gekümmert hatte – und wie sie ihn angeschaut hatte. Niemanden sonst sah sie so an wie ihn.
Außerdem gab es ja auch noch die Diamanten. Sie hatte sie ihm vor vielen Wochen freiwillig als Geschenk überlas- sen, weil sie etwas Gutes in ihm erblickt hatte.
Sie hat sich geirrt, raunte ihm sein teuflischer Verstand zu. Du bist nichts wert. Du bist nichts.
Er wusste nicht, was er glauben sollte. Mit einem wüten- den Stöhnen zerrte Rackford an seinem Krawattentuch und begann, rastlos in seinem Zimmer auf und ab zu gehen. Dann trat er in der Dunkelheit ans Fenster, schob den Vor- hang beiseite und schaute hinunter auf die Straße, wo Sir Anthonys Wachen positioniert waren. Plötzlich stieg un- bändige Wut in Rackford auf.
Er wandte sich ab und zog sich um.
Kurz darauf nahm er sein bestes Messer aus der Geheim- schublade und betrachtete den schwarzen Himmel vor sei- nem Fenster.
Es war an der Zeit, die Jackals zu jagen.
14. KAPITEL
Rackford schlich durch die Schatten seines alten Viertels. Während er sich zwischen den engen Häusern hindurch- zwängte, ließ er allen Ärger auf seinen Vater hinter sich. Er war auf dem Weg zum leer stehenden Kutscherhaus, das ihm leichten Zugang zum Hauptquartier der Jackals ge- währte.
Der Mond stand am Himmel wie das Auge eines wachsa- men Beobachters. Das Viertel lag still da.
Zu still.
Vielleicht haben sich noch mehr von O’Dells Männern aus dem Staub gemacht, überlegte Rackford. Er wusste, dass er schon einige vertrieben hatte.
Zum Beispiel den Blutigen Fred, der hysterisch davon ge- faselt hatte, dass er den Geist Billy Blades gesehen habe. Rackford war zu Ohren gekommen, dass O’Dell ihn schließ- lich zurück nach Bedlam gebracht hatte, wo er eingesperrt worden war.
Im Viertel regierte das Chaos. Genau wie Rackford es ge- plant hatte, ging bei den Jackals jeder auf jeden los, und O’Dell verlor langsam die Kontrolle über seine Männer.
Baumer und Flash hatten einander im Streit um die Ta- schenuhr umgebracht. Als Ergebnis eines späteren nächtli- chen Besuchs von Rackford waren noch drei weitere Ban- denmitglieder tot in ihren Zimmern oder draußen auf der Straße gefunden worden. Viele andere waren weggelaufen, weil sie erkannt hatten, dass es jemand auf die Jackals ab- gesehen hatte, oder sie glaubten, dass der Geist von Billy Blade einen nach dem anderen heimsuchte.
Sie machten sich gegenseitig verrückt. Die halbe Einwoh- nerschaft des Viertels behauptete, Billys Schatten zur sel- ben Zeit an zig verschiedenen Orten gesehen zu haben. Bla-
de sei aus seinem Grab gestiegen, hieß es, er sei ein grausa- mes Phantom, das ohne Skrupel einem Mann die Kehle durchschnitt – doch nur die Bösen bräuchten ihn zu fürch- ten. Er könne innerhalb von Sekunden in verschiedenen Straßen des Viertels auftauchen, behaupteten Augenzeugen, und hinterher verschwinde er vollkommen lautlos. Das Ein- zige, was er beim Töten hinterließ, waren die verstreuten Blütenblätter einer roten Gardenie.
Nicht schlecht, dachte Rackford düster, auch wenn er wusste, dass O’Dell nicht an Geister glaubte. Doch dessen Männer hatten Angst, und das machte es Rackford leichter, sie zu besiegen.
Er schlich sich an der Seite des leeren Gebäudes entlang und schaute sich dabei um, um sicherzugehen, dass ihn nie- mand entdeckte, bis er die Scheunentür erreicht hatte.
Geräuschlos zog er sie gerade weit genug auf, um hin- durchschlüpfen zu können. Kaum war
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