Gaelen Foley - Knight 04
zwingen“?
Hatte er ihr Zögern so interpretiert?
Unsicher ließ Jacinda ihren Blick durch den Ballsaal schweifen und entdeckte Daphne, die blass und zitternd ne- ben Acer Loring in einer Ecke saß. Acer redete sehr ernst auf sie ein, während sie ihn voller Erstaunen ansah. Dann hob der Rotschopf vorsichtig die Hand und tupfte mit dem Ta- schentuch Acer ein paar Blutstropfen aus dem Mundwinkel. Als Jacinda die beiden beobachtete, verspürte sie plötz- lich eine ganz seltsame Traurigkeit. Was habe ich nur getan, dachte sie verzweifelt. Rackford war gerade aus dem Saal gestürmt, und sie wusste, dass sie sich entscheiden musste ... und auch, dass Rackford sie jetzt brauchte.
Diesmal brauchte er sie wirklich. Niemand hatte sie je zu- vor so gebraucht.
Eine Hand legte sich auf ihren Arm und riss sie aus ihren Gedanken. Eine brüchige Stimme fragte schroff: „Ärger im Paradies?“
Erschrocken fuhr Jacinda herum und sah, dass Lord
Drummond hinter sie getreten war.
„Ich hätte mir ja eigentlich gleich denken können, dass Ihr junger Hitzkopf irgendwann so etwas tut“, schnaubte Lord Drummond und hob sein Glas mit Portwein an die Lippen. Jacinda musterte ihn entrüstet. „Mr. Loring hat Lord Rackford beleidigt und beschimpft.“
„Trotzdem ist dieser Radikale ein Hitzkopf. Ich traue ihm nicht über den Weg, und Sie sollten das auch nicht tun.“
Jacinda runzelte ärgerlich die Stirn und verwarf auf der Stelle ihren unwürdigen Plan, sich den alten Mann als Ehe- mann zu angeln. Vor ihrem geistigen Auge tauchte plötzlich Lady Campion auf, die durch den Hyde Park kutschierte, ihren schnauzbärtigen Dragoner neben sich, doch plötzlich übte diese Vorstellung keinerlei Reiz mehr auf Jacinda aus. Das war nicht das Leben, das sie sich wünschte. Und das war nicht der Mensch, der sie sein wollte.
Sie würde ihre Gefühle für Rackford nicht länger leugnen – selbst wenn das bedeutete, dass sie ihm als seine Gattin gehorchen und ihm von ganzem Herzen treu sein musste. Wenn sie ehrlich zu sich war, brauchte sie ihn auch. Viel- leicht war es so, dass er sie jetzt schon davor bewahrt hatte, den gleichen Weg wie ihre Mutter einzuschlagen. Georgina hatte sich nie einem Mann unterworfen. Das war ihr Ruhm gewesen, aber auch ihr Untergang.
„Wirklich“, schimpfte Lord Drummond schlecht gelaunt, „ich muss mich doch sehr wundern, dass Ihr Bruder Hawks- cliffe einen Verehrer in Ihre Nähe lässt, der sich weigert, of- fen zu legen, wo er die letzten fünfzehn Jahre verbracht hat. Ich sage Ihnen eins, dieser Junge bedeutet Ärger ...“
„Mein lieber Lord Drummond“, unterbrach ihn da Jacin- da hochmütig und richtete sich zu voller Größe auf, „ich muss Sie doch sehr bitten, darauf zu achten, was Sie über meinen künftigen Ehemann äußern.“ Damit entwand sie ihm ihren Arm, drehte sich mit schwingenden Röcken um und verließ den Ballsaal.
„Was hör ich da? Welch Frechheit! Ehemann? Was für ein unglaublicher Blödsinn! Lady Jacinda! Wo gehen Sie hin?“ Ohne auf Drummonds wütende Worte zu achten, lief Ja- cinda einfach weiter. Glück und Furcht kämpften in ihr, und ihr Kopf schmerzte, als sie sich hastig durch Menschen drängte, denen der Zugang zu Almack’s gewährt worden
war. Doch gleichzeitig hatte sie das Gefühl, als wäre ihr ein Stein vom Herzen gefallen. Sie war frei! Sie hoffte nur, dass Rackford noch draußen stand und auf seine Kutsche warte- te, damit sie ihn noch einholte und ihm sagen konnte, was sie für ihn empfand.
Sie wagte kaum, sich auszumalen, wie er wohl reagieren würde. Ganz offensichtlich war ihm die Geduld bezüglich seiner Werbung um sie ausgegangen, aber Jacinda war sich sicher, dass sie ihn wieder für sich gewinnen konnte, wenn sie ihm mitteilte, dass sie ihn liebte und bereit dazu war, sich ihm’ unterzuordnen. Sie hoffte, dass er ihr vergeben würde. Die ganze Zeit hatte sie nur an sich gedacht und nicht er- kannt, wie sehr er sie brauchte!
Jacinda strebte mit zitternden Knien dem Ausgang zu und überlegte fieberhaft, wie sie Rackford alles erklären könne. Da hielten seine alten Freunde Reg Bentinck und Justin Church sie auf.
„Lady Jacinda!“
„Mr. Bentinck, Mr. Church“, begrüßte sie sie geistesabwe- send und versuchte, ihre Ungeduld zu verbergen. „W...wie geht es Ihnen heute Abend?“
„Das ist jetzt egal. Wir müssen mit Ihnen reden!“
„Ich habe es im Augenblick sehr eilig ...“
„Es dauert nicht lange, nur einen kurzen Moment.“ Reg
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