Gaelen Foley - Knight 04
unmissverständliche Avancen ge- macht hatte, in eine Schlampe verwandelte – auch wenn er klug genug war, das Jacinda gegenüber nicht zu erwähnen. Man konnte nie wissen, wie sie reagierte. Sie war störrisch wie ein Maultier und ließ sich von niemandem beeinflussen. Sie musste die Wahrheit über Lady Campion selbst erken- nen.
Im Moment hatte Rackford sowieso genug damit zu tun, sich Daphne Taylors zu erwehren.
Er konnte von Glück sagen, dass Jacinda ihm die Regeln der Gesellschaft so geduldig eingetrichtert hatte, sonst wä- re er schon vor Wochen gezwungen gewesen, Miss Daphne Taylor zu heiraten. Der Rotschopf hatte diverse Versuche unternommen, sich mit ihm allein ertappen zu lassen. Er hatte den Verdacht, dass sie hinter seinem Titel her war. Au- ßerdem hatte sie versucht, ihn mehrmals zu einem Kuss zu überreden, aber er hatte es geschafft, ihren Nachstellungen höflich auszuweichen, wobei er Daphne ein paar Mal ein- fach an Acer Loring weitergereicht hatte.
Der unerträgliche Dandy war der Einzige, der es schaffte, die verwöhnte Schönheit in Schach zu halten. Beide waren gleichermaßen arrogant und würden ein wunderbares Paar abgeben. Leider nahm Mr. Loring weder die gewünschte Stellung in der Gesellschaft ein, noch verfügte er über einen Titel, so dass Daphne, auch wenn sie insgeheim eine Schwä- che für ihn hegte, ihn als Heiratskandidaten nicht in Be- tracht zog und ihm die kalte Schulter zeigte.
So gesehen war es kein Wunder, dass Daphnes Versuche, sich Rackford zu angeln, Acer halb wahnsinnig machten. Nachdem Rackford es endlich geschafft hatte, bei Al- mack’s aufgenommen zu werden, erhielt er Eintritt in das elegante Etablissement. Daphne forderte ihn bald zum Tan-
zen auf. Er willigte ein, denn die Anstandsregel gebot es, dass er nicht mehr als zwei Tänze mit Jacinda absolvieren durfte. Den ersten hatte er sich ungeduldig gleich zu Beginn des Abends gegönnt, den zweiten hob er sich für nachher auf. Um Viertel nach elf stimmte das Orchester einen Walzer an, und Rackford strebte mit Daphne aufs Parkett. Eins musste er ihr lassen: Sie war eine leichtfüßige und graziöse Tänzerin.
Hingerissen schaute sie ihn an – wahrscheinlich hatte sie das vor dem Spiegel lange geübt. Rackford versuchte, ein unverfängliches Gespräch in Gang zu bringen. Doch plötz- lich entdeckte er bei einer Drehung, dass Jacinda wieder einmal mit Lord Drummond plauderte. Ihn packte die Wut. Die Heftigkeit seiner Reaktion überraschte ihn selbst, und Daphne ächzte.
„Lord Rackford, sie zerquetschen mich ja wie eine Py- thon!“
Sofort lockerte er seinen Griff, obwohl er gar nicht ge- merkt hatte, wie fest er sie plötzlich gehalten hatte. „Ent- schuldigung.“
Sie lächelte ihn an. „Sie dürfen mich ruhig fester an sich drücken, wenn Sie wollen, aber um Himmels willen nicht mitten bei Almack’s, wo jeder uns zuschauen kann.“
Rackford verzog die Lippen zu einem Lächeln, das seine Augen nicht erreichte. Dann wanderte sein Blick zurück zu Jacinda. Er wusste genau, wie einsam sie sich als mutterlo- ses Mädchen ohne ihre beste Freundin fühlte – seit Lizzie weg war, hatte er sich immer nur wie der perfekte Gentle- man verhalten, was ihm wahrlich nicht leicht gefallen war Er hatte sich vorgenommen, ganz uneigennützig zu sein und sein eigenes wachsendes Verlangen nach ihr zu unterdrü- cken. Und wie dankte sie es? Sie flirtete vor aller Augen mit dem Tattergreis, anscheinend nach wie vor fest entschlos- sen, eine zweite Eva Campion zu werden.
„Lord Rackford?“
Mit Mühe riss er seinen Blick von Jacinda los und schaute Daphne wieder an.
„Stimmt etwas nicht?“ erkundigte sie sich.
Er musterte die Ballschönheit und fragte sich, ob er es sei- nem goldhaarigen Engel vielleicht etwas zu einfach ge- macht hatte.
Jacinda hatte schon einmal einen Funken Eifersucht er- kennen lassen. Vielleicht bedurfte es einer noch größeren Dosis, um sie aus ihrer Selbstzufriedenheit zu reißen.
„Hmmm“, schnurrte Daphne zufrieden, als er seine Hand ein wenig fester um ihre schmale Taille legte und sie dann mit sanftem Druck auf ihren Rücken schob.
Rackford lächelte sie an und lachte dann laut über eine unbedeutende Bemerkung von ihr, als sie gerade an Jacinda und ihrem alten Verehrer vorbeitanzten. Sein Lachen erreg- te Jacindas Aufmerksamkeit, wie er aus den Augenwinkeln bemerkte, aber er hielt seinen Blick bewusst auf Daphne ge- heftet.
„Wann werden Sie endlich die Zeit finden, mich zu
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