Gaelen Foley - Knight 04
– und seiner eigenen.
„Mir ist egal, was mit mir passiert“, fuhr sie fort. „Lassen Sie es nur schnell gehen, mehr verlange ich nicht.“
„Oh, lass das dramatische Getue, du dummes Ding. Hoch mit dir.“ Er packte sie am Kragen ihres Mantels und stellte
sie auf die Beine.
Jacinda schnaufte entrüstet über die unhöfliche Behand- lung, fand aber schnell ihre Würde wieder. Sie warf ihrem Peiniger, der sie auf Armlänge vor sich her schob, einen wü- tenden Blick zu. Blade, der keine Lust hatte, erneut ihre Ta- sche an den Kopf zu bekommen, entriss sie ihr und warf sie Sarge zu.
„Geben Sie sie zurück!“
Ohne auf ihre verzweifelten Versuche zu achten, sich der Tasche wieder zu bemächtigen, wandte Blade sich an den zernarbten ehemaligen Sergeant. „Trag du die Tasche, aber wenn auch nur zwei Penny fehlen, wirst du mir dafür bü- ßen.“
Sarge stieß ein zustimmendes Grunzen aus, während Fla- herty sich daranmachte, erneut Rileys Leiche aufzuheben. Blade packte mit festem Griff den schlanken Arm der jungen Frau und warf ihr einen drohenden Blick zu. „Und jetzt kommst du mit.“
O ja, jetzt wusste sie wieder, woher sie ihn kannte. Jacinda zitterte, als sie in seinem harten Griff die Straße entlang- ging, während er die Ecken aufmerksam musterte und ab und zu einen Blick über die Schulter warf.
Jetzt, wo sie eine Gefangene der Gesetzlosen war, gab sie sich äußerlich fügsam, aber innerlich überschlugen sich ih- re Gedanken, als die Erinnerungen auf sie einstürmten. Sie strengte sich an, sich an die Einzelheiten jenes stürmischen, schneereichen Winternachmittags zu entsinnen, als der Captain der Gesetzlosen, Billy Blade, auf der Suche nach den Zwillingen Lucien und Damien, ihren mittleren Brü- dern, zum Knight-House gekommen war.
Sie konnte sich nicht mehr so genau an alles erinnern, denn es lag fast eineinhalb Jahre zurück, dass Damien sein damaliges Mündel Miranda, die jetzt seine Frau war, über Weihnachten mit nach Hause gebracht hatte. Jemand hatte versucht, Miranda etwas anzutun, und die Zwillinge hatten sie gemeinsam beschützt. Jacinda hatte Blade nur kurz im Foyer des Hauses getroffen. Wie hatte sie das nur vergessen können? Sie hatte damals dick eingemummelt einen Spa- ziergang im Park machen wollen, als er wie aus heiterem Himmel aufgetaucht war und sie und den Butler gleicher-
maßen erschreckt hatte. Blade hatte sie unverschämt lang- sam gemustert, ehe er sie verwegen angelächelt hatte, und ihrem Bruder hatte das damals ganz und gar nicht gefallen. „Blade“, hatte er wütend gemahnt – daher kannte sie sei- nen Namen.
Er hatte enge schwarze Lederhosen getragen, sein blon- des Haar war lang und offen gewesen, und sie hatte noch nie einen Mann wie ihn gesehen. Jacinda erinnerte sich an seinen herausfordernden Gang, an die leuchtend rote Ja- cke, die unter seinem Samtmantel hervorgelugt hatte, und an die rote Nelke in seinem Knopfloch. Halb abgestoßen und halb fasziniert war sie zum Fenster gelaufen, um ihm nachzublicken. Sie wusste genau, dass er jeder Zoll der Schurke war, der er zu sein schien, denn die Zwillinge wa- ren wütend gewesen, dass er es gewagt hatte, ins Haus zu kommen.
Jacindas Brüder hatten sich geweigert, ihr auch nur ein Wort über den rauen, kühnen, geheimnisvollen Halsab- schneider zu verraten, und Jacinda und ihre beste Freundin Lizzie waren schließlich zu dem Schluss gekommen, dass es sich bei „Billy Blade“ um einen von Luciens Informanten handeln musste, der beste Beziehungen zu Londons Unter- welt hatte und gekommen war, um den Zwillingen Hinwei- se über den Schurken zu bringen, der es auf Miranda abge- sehen hatte. Seit der Krieg vorbei war, hatte ihr Bruder Lord Lucien Knight, der früher als Geheimagent und Di- plomat für das Auswärtige Amt gearbeitet hatte, seine Fä- higkeiten gelegentlich der Bow Street zur Verfügung ge- stellt, um der Polizei zu helfen, bestimmte Verbrechen auf- zuklären. Um an Informationen zu kommen, hatte Lucien sich mit allen möglichen Ganoven zusammengetan. Jacin- da kam nicht umhin zu denken, dass Lizzies und ihre Ver- mutung über Blade damals wohl richtig gewesen war, so dass sie sich jetzt in einer äußerst gefährlichen Lage be- fand.
Ihr war der lüsterne Blick nicht entgangen, mit dem Bla- de sie vorhin gemustert hatte. Der Mann war gewalttätig und kriminell. Falls er zudringlich werden sollte, sobald sie ihr Ziel erreicht hatten, wo immer das auch sein mochte, blieb ihr nichts anderes
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