Gaelen Foley - Knight 04
übrig, als ihm zu sagen, dass sie die Schwester von Damien und Lucien war, um ihn sich vom
Hals zu halten. Andererseits würde er sie dann wahrschein- lich schnurstracks zu ihren Brüdern zurückbringen. Das aber machte nicht nur ihre einzige Chance auf Freiheit zu- nichte, sondern würde ihr auch noch jede Menge Ärger we- gen ihrer Flucht einbringen, so dass Robert sich nur darin bestärkt sähe, sie mit Lord Griffith zu verheiraten.
Hin– und hergerissen beschloss Jacinda, erst einmal gar nichts zu erwähnen und abzuwarten, wie sich die Sache weiter entwickelte. Sie würde ihre Identität nur dann preisgeben, wenn es gar nicht mehr anders ging.
Plötzlich erklangen Stimmen, die aus der angrenzenden Straße drangen. Voller Angst, dass O’Dell zurückkommen könnte, drängte sich Jacinda instinktiv ängstlich an ihren großen, starken Häscher.
„Hallo, Nate!“ rief Blade über die Straße.
Ein großer, schlanker Mann mit schwarzen Locken und einem übermütigen Grinsen trat mit einem zerlumpten Haufen von rund zwölf Leuten aus dem Schatten. Die Män- ner begrüßten einander, die Neuankömmlinge fragten nach Riley und unterhielten sich dann in ihrem unverständli- chen Cockney über die Ereignisse der Nacht. Jacinda blieb nichts anderes übrig, als mit den Männern zu ihrem unge- wissen Ziel zu gehen.
Blades Männer warfen ihr neugierige Blicke zu, aber Bla- de erwähnte sie mit keinem Wort, und offenbar wagten die Männer es nicht, ihn nach ihr zu fragen. Sein Arm um ihre Schulter verriet jedem, dass sie unter seinem Schutz stand, und unter den gegebenen Umständen hielt es Jacinda für das Beste, nicht dagegen zu protestieren.
Schließlich kamen sie an eine verlassene Kreuzung, an der eine Droschke wartete. Offenbar war sie dort statio- niert worden, um die Verwundeten abzutransportieren. Ri- leys Leiche wurde hineingehoben, dann folgten ein paar der schwerer verletzten Männer. Nachdem die Droschke davongerollt war, löste sich der Haufen Männer in Zweier- und Dreiergruppen auf, die auf verschiedenen Wegen zu- rück in ihr Hauptquartier in der Bainbridge Street gingen, um kein Aufsehen zu erregen, wie Blade erklärte.
Nate trat zu Blade. „Puh!“ rief er aus und wedelte sich mit der Hand vor der Nase herum. „Was zum Teufel stinkt denn hier so?“
Jacinda sah, dass Blade versuchte, ihn mit einem Blick zum Schweigen zu bringen, und da erst erkannte sie, dass der grässliche Geruch, der in der Luft hing, von ihr aus- ging! Ihr schöner Reisemantel hatte den Gestank des Müll- haufens angenommen. Diese weitere Demütigung setzte dem Abend die Krone auf. Sie konnte förmlich hören, wie Daphne Taylor vor Lachen schrie.
„Ich fürchte, Sir, dass der unerfreuliche Umstand, den Sie eben erwähnten, von meinem Mantel ausgeht“, stieß Jacin- da hervor und bemühte sich, ihre Verlegenheit und ihren verletzten Stolz nicht zu zeigen.
Nate wurde blass und schaute sie beschämt an. „O Him- mel, Miss, das habe ich gar nicht gemerkt. Es tut mir Leid.“ Blade lachte über Nates Unbehagen, und seine Augen blitzten. „Mach dir nichts draus, Liebes, du bist immer noch so hübsch wie eine Rose, auch wenn du nicht so riechst. Wenn du willst, kannst du meinen Mantel anziehen. Er ist ein bisschen blutig, aber du kannst ihn gerne haben.“ Er machte Anstalten, den Mantel abzustreifen.
„Das ist nicht nötig, vielen Dank.“ Finster löste sie sich aus seinem Arm, und die Männer lachten.
„Mutige Kleine“, meinte Nate kichernd zu seinem Freund. „Wo hast du die denn aufgetan?“
Während Blade erzählte, blickte Jacinda sich nach allen Seiten um und bemerkte, dass die Umgebung immer schä- biger wurde. Die Straßen wurden noch enger; kleine, schmutzige Häuschen drängten sich aneinander und wech- selten sich mit heruntergekommenen Läden und Wirtshäu- sern zweifelhaften Charakters ab. Die wenigen Leute, die sie trafen, beeilten sich entweder, ihnen aus dem Weg zu ge- hen, oder verbeugten sich mit einer Hochachtung vor Bla- de, die nicht einmal dem Prinzregenten entgegengebracht wurde. Blade beendete inzwischen seine Geschichte, wie er Jacinda kennen gelernt hatte, und Jacinda fiel auf, dass er den Mann eher als Freund denn als Untergebenen behan- delte.
„Sie war die ganze Zeit da“, schloss er und warf ihr einen staunenden Blick zu.
„Donnerwetter“, entgegnete Nate. „Wie heißt sie denn?“
„Woher soll ich das wissen? Frag du sie, Nate, mich kann sie nicht leiden.“
Jacinda betrachtete
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