Gaelen Foley - Knight 04
sie langsam zurück und gingen mit mürrischen Blicken wieder an die Arbeit. Blade fuhr herum, packte Jacinda am Handgelenk und zerrte sie zu einer schmalen Treppe.
„Wo bringen Sie mich hin?“ protestierte sie und stolperte hinter ihm her.
„Sei still“, knurrte er. „Komm mit, ehe noch eine ver- dammte Meuterei ausbricht.“ Mit festem Griff zerrte er sie hinter sich die Treppe hoch, und Jacinda hielt mit einer Hand ihren Rock hoch und folgte ihm, so gut sie konnte.
„Sie haben tatsächlich gedroht, mir mein Kleid auszuzie- hen!“
„Tatsächlich?“ äffte er sie nach, zog sie durch einen Flur und schob sie in ein Zimmer auf der rechten Seite.
„Billy“, begrüßte eine atemlose Frauenstimme ihn mit südländischem Akzent.
Blade blieb stocksteif stehen. „Verdammt, Carlotta, was zum Teufel suchst du denn hier? Verschwinde!“
„Billy!“
„Raus!“ befahl er.
Seine schöne Gefangene wartete hinter ihm im Flur und riss die Augen auf, als sein Befehl mit einem Schwall wil- der Flüche beantwortet wurde, ehe Blades jüngste Erobe- rung sich aus dem Zimmer bequemte, wobei sie hastig ihr Spitzenmieder zuschnürte. Carlotta war ein exotisches Zi- geunermädchen mit olivfarbener Haut und langen schwar- zen Haaren.
Beim Anblick der Blondine fuhr sie wutentbrannt zu Bla- de herum. „Wer ist das? Hast du dir eine teure Hure geleis- tet?“
„Ich muss doch sehr bitten!“ rief die Jacinda entrüstet.
Carlotta baute sich vor ihr auf. „Er gehört mir, du kleine verdammte ...“
Im Nu hatte Blade Carlottas Hand gepackt, mit der sie seine nichts ahnende Gefangene hatte schlagen wollen. „Könntest du nicht ein einziges Mal versuchen, dich wie ei- ne Dame zu benehmen?“
Miss „Smith“ schaute ihnen fasziniert zu und schien von der Idee, einen Faustkampf unter Frauen auszufechten, recht angetan. Eilig jagte Blade Carlotta davon, und ihre wütenden Beschimpfungen hallten durch den Flur. Seuf- zend wandte Blade sich zu seinem Gast um und dachte, dass die beiden Frauen verschiedener nicht sein könnten. Carlottas feuriges Temperament war mit einem frechen, or- dinären Auftreten gepaart, dessen er sich angesichts der vornehmen Eleganz seiner hochgeborenen Gefangenen schämte. Staunend sah sie sich in seiner bunt zusammenge- würfelten Welt um, während er seinerseits sie betrachtete. Sie war überwältigend schön. Ihr fein geschnittenes Ge- sicht erinnerte an Porzellan und spiegelte einen lebendigen, wachen Geist und ihre kapriziöse Natur wider. Das war ei- ne Frau, die sich nur an ihre eigenen Regeln hielt. Gleich- zeitig war er sich bewusst, wie unschuldig sie war. Obwohl die dunkelblauen, mandelförmigen Augen eine sinnliche Natur verrieten, ging von ihr eine frische Unberührtheit
aus, die ihn gleichzeitig anzog und erschreckte.
Das war eine Frau, die einen Mann in die Knie zwingen konnte. Verdammt gefährlich. Kurz angebunden hielt er ihr die Tür auf: „Nach Ihnen, Miss Smith.“
„Aber …“, Jacindas Stimme erstarb, als ihr klar wurde, dass er tatsächlich erwartete, dass sie ohne Anstandsdame mit ihm alleine in ein Zimmer ging.
Ein verwegenes Lächeln spielte um seine Lippen. „Ent- täusche mich nicht, meine Liebe“, sagte er leise und blick- te sie herausfordernd an. „Du wirst dich doch jetzt nicht plötzlich zimperlich geben?“
3. KAPITEL
Jacinda konnte ihm seinen Spott nicht verübeln, zumal er die ganze Geschichte von dem Bengel selbst gehört hatte und nun wusste, dass sie sich von einem bloßen Straßenjun- gen hatte übers Ohr hauen lassen. Dennoch hob sie trotzig das Kinn und warnte ihn mit einem Blick – wahrscheinlich ohne Erfolg –, dass er ja nicht auf die Idee kommen sollte, etwas Ungehöriges zu versuchen. Dann trat sie in sein Zim- mer. Amüsiert beobachtete Blade sie.
Neugierig schaute Jacinda sich um. Ein fadenscheiniger Webteppich lag auf den dunkel gestrichenen Dielenbrettern vor einem Kamin, in dem die Glut unter einem kleinen Kes- sel glomm. An der Wand hatte er sein Bett mit langen Schals, die sich bei genauerem Hinsehen als reines Kasch- mir entpuppten und sicher gestohlen waren, zu einem Him- melbett gemacht. Es schien sich um beste Qualität zu han- deln, und das leuchtende Rot und Gold des Musters ließ Ja- cinda lächelnd an die rote Nelke und die rote Jacke denken, die er damals bei seinem Besuch in Knight House getragen hatte. Bis auf seine Vorliebe für grelle Farben schien er an- sonsten einen schlichten Lebensstil zu bevorzugen. Sauber-
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