Gaelen Foley - Knight 04
das bei euch feinen Dämchen im Moment der letzte Schrei ist.“
„Seien Sie nicht albern. Ich mache nichts Dergleichen.“ „Nein? Das ist aber die einzige Erklärung, die Sinn ergibt.
Ich habe keine Ahnung, wer du bist, aber du bist kein einfa- ches Mädchen. Ich bin nicht so blöd, dass ich nicht weiß, dass respektable junge Damen ohne Zofe oder Anstandsda- me keinen Fuß vor die Tür setzen dürfen. Wo waren die üb- rigens in der Postkutschenstation?“
Jacinda fiel so schnell keine Antwort ein.
„Daraus schließe ich, dass du entweder nicht respektabel bist, was Unsinn ist – dafür bist du zu gut erzogen –, oder deine Familie ist mit der Wahl deines Liebsten nicht zufrie- den.“
„Schockierend, wie engstirnig Sie sind, Mr. Blade“, erwi- derte Jacinda. „Glauben Sie wirklich, dass jeder Gedanke einer Lady sich um Liebe dreht?“
„Keine Ahnung. Du bist die einzige Lady, mit der ich je gesprochen habe.“ Dabei lächelte er sie auf eine Weise an, dass ihr Herz schneller schlug.
Verwirrt schaute Jacinda ihn an. „Nun, Sie sind jedenfalls der erste Anführer einer Bande, mit dem ich je gesprochen habe.“
„Ausgezeichnet! Dann üben wir Nachsicht miteinander, falls einer von uns etwas falsch macht.“ Mit einem ironi- schen Lächeln stieß er sich von der Tür ab und trat tiefer in den Raum. Dabei zog er eine Metalldose aus seiner Jacken- tasche und nahm sich ein Zigarillo. Jacinda beobachtete, wie er sich über die Kerze beugte, um es anzuzünden, und brachte es nicht übers Herz, ihm zu sagen, dass ein Gentle- man in Anwesenheit einer Lady nicht rauchte.
Blade wandte sich zu ihr um, und sie fand, dass er mit dem Zigarillo zwischen den Lippen unwiderstehlich verwegen aussah. „Also, wo steckt der glückliche Bräutigam, Miss Smith? Wolltest du ihn im Bull’s Head treffen, oder wartet er an der Küste auf dich?“ Blade stieß den Rauch aus und blickte ihm nach. „Oder ist er etwa zu spät gekommen?“
„Bitte, Blade, lassen Sie mich gehen. Ich melde Sie ganz bestimmt nicht in der Bow Street. Kann ich Ihnen das nicht einfach versprechen, und Sie lassen mich zurück zur Post- kutschenstation? Ich reise ab, und unsere Wege kreuzen sich nie wieder.“
„Ich glaube nicht, dass das geht.“ Er musterte erneut ih- ren Körper, und Jacinda erbebte unter seinem verlangenden Blick. „Dein Verlobter muss ein toller Hecht sein, dass er dir
so den Kopf verdreht hat.“
„Ist es Ihnen vielleicht mal in den Sinn gekommen, dass ich nach Paris will, um einer Verlobung zu entgehen, statt eine zu schließen, verflixt?“ stieß Jacinda hitzig hervor, während ihre Wangen sich röteten und Blade sie mit wissen- dem Lächeln betrachtete. Grässlicher Kerl. Jacinda schloss den Mund und ärgerte sich, dass er sie dazu gebracht hatte, mit der Wahrheit herauszuplatzen.
„Ich verstehe. Das heißt also“, langsam kam er auf sie zu geschlendert, „dass du von zu Hause ausgerissen bist.“
„Und wenn? Ich wüsste nicht, was Sie das angeht.“ Unge- duldig deutete sie auf seine Taille. „Haben Sie eigentlich schon entdeckt, dass Sie bluten?“
„Du würdest da draußen niemals überleben. Ich wette, dass du es nicht heil nach Paris schaffen würdest.“
„O doch, das werde ich.“
„Du hast dich erst von einem neunjährigen Taschendieb übers Ohr hauen lassen und bist ihm dann noch wie eine Närrin ins schlimmste Stadtviertel gefolgt. Hast du über- haupt einen Gedanken daran verschwendet, wo er dich hin- führt? Man verfolgt keine Diebe. Durch diesen Fehler wer- den die meisten Menschen in der Stadt ermordet. Sieh dich doch an!“ Mit einem ärgerlichen Blick maß er sie von oben bis unten. „Du bist angezogen wie eine Prinzessin, trägst ge- nug Gold bei dir, um dreimal dafür umgebracht zu werden, und von den Diamanten wollen wir erst gar nicht reden. Wenn der Junge gewollt hätte, hätte er dich ausnehmen können wie eine Weihnachtsgans. Guter Gott, stell dir mal vor, du wärest O’Dell in die Hände gefallen statt mir.“
„Nur weiter so. Reden Sie nur.“ Jacinda verschränkte die Arme vor der Brust und starrte die Wand an. „Sie werden sowieso bald durch den Blutverlust ohnmächtig werden.“ Blade kniff die Augen zusammen, dann schob er den Man- tel zur Seite, um seine Wunde zu betrachten. Dabei fiel ihm sein langes blondes Haar wie ein Schleier vors Gesicht.
Kein Wunder, dass Lucien ihn mag, dachte Jacinda. Der Mann bevormundete sie genauso wie ihre Brüder. Als sie sein blutiges
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