Gaelen Foley - Knight 04
Jacinda in das angren- zende Zimmer ging.
Sie begrüßte alle, die sie kannte, mit Wärme und Freund- lichkeit, was Rackford an ihren rebellischen Protesten zwei- feln ließ, die sie damals ihm gegenüber geäußert hatte.
Während Rackford sein ungewolltes Verlangen langsam wieder in den Griff bekam, spürte er, wie ihre bloße Anwe- senheit ihn beruhigte und entspannte, obwohl er wusste, wie sehr sie ihn verachtete. Er stand aufrecht da, atmete leichter und beobachtete sie mit einem besitzergreifenden Glimmen in den Augen. Sie funkelte wie ein seltener Edel- stein und war die personifizierte Anmut. Jeder vernünftige Mann würde sie nach der Abfuhr gestern Abend vergessen, dachte Rackford, aber irgendwie forderte sie ihn dadurch nur noch mehr heraus.
Sein Herz schlug schneller, als die Gruppe aus Knight House sich ihren Weg bahnte. Von Jacindas altem Galan Lord Drummond war nichts zu sehen.
Nach einer halben Ewigkeit kam Jacinda endlich in Be- gleitung einer anderen jungen Dame zu ihrer Gruppe herü- ber, aber Rackford musste zu seinem Kummer bald erken- nen, dass sie ihn einfach ignorierte. Er konnte die Kälte förmlich spüren, die von ihr ausging. Die idiotischen Dan- dys überschütteten sie derweil mit Komplimenten, über die
Jacinda nur lachte und die sie mit geistreichen kleinen Be- merkungen von sich wies.
„Jas, was halten Sie von Rackfords Weste?“ fragte Acer plötzlich.
Die anderen lachten auf.
Jacinda musterte Rackford mit einem gelangweilten Blick.
Er schaute den boshaften Dandy wütend an und spürte, wie er die Fäuste ballte und sich zurückhalten musste, um ihn nicht zu Boden zu schmettern. Er hatte gewusst, dass der Moment seiner Demütigung kommen würde, aber er war zu dumm gewesen, um wegzulaufen, solange er es noch ge- konnt hatte.
Jacinda wandte sich wieder Acer zu und zuckte gleichgül- tig die Achseln. „Was soll damit sein?“
„Sie ist rot.“
„Das sehe ich.“
„Rot ist pure Aufdringlichkeit“, urteilte Acer verächtlich. Jacinda betrachtete Rackford lange. Er wagte es kaum, ihren Blick zu erwidern, und wäre vor Verlegenheit am liebsten im Boden versunken, aber dann erkannte er, dass ein mitleidiger Ausdruck in ihren Augen lag. „Da ist Alec aber ganz anderer Meinung“, sagte sie zu Acer und deutete auf einen blonden jungen Mann auf Krücken.
Die Dandys keuchten auf.
„Lord Alec trägt Rot?“ George Winthrop konnte es kaum glauben.
„Nicht im Moment, Sie Dummkopf, aber er hat uns auf dem Weg hierher gerade berichtet, dass er sich letzte Woche eine rote Brokatweste bestellt hat. Er wird es Ihnen übel nehmen, Lord Rackford, dass Sie ihm zuvorgekommen sind“, fuhr sie an ihn gewandt fort und lächelte ihn kurz an, auch wenn ihre Augen Funken sprühten. „Er sieht sich ger- ne als Trendsetter in der Modewelt.“
Rackford antwortete nicht und schaute sie nur an. Er wusste, dass sie seinetwegen eine haarsträubende Lüge er- zählt und ihn gerettet hatte, als sie die perfekte Gelegenheit zu einem Schlag gehabt hätte.
Jacinda warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu und schickte sich an, wieder wegzugehen. Schnell, lass dir etwas einfallen, um sie zurückzuhalten.
„Lady Jacinda!“ rief er, und sie blieb stehen. „Bitte, haben Sie schon Lady Suderbys Canaletto gesehen?“ Er deutete auf das Gemälde, das über dem Kamin hing.
Jacindas goldene Augenbrauen hoben sich, und sie schau te in die Richtung, in die er zeigte. Da hing die Landschaft des italienischen Künstlers in all ihrer Herrlichkeit über dem Kamin.
„Oh, es ist wunderbar“, murmelte ihre Begleiterin und trat näher heran.
Jacinda musterte Rackford fragend und konnte ihre Be- lustigung kaum verbergen. „Du hebe Güte, es hieß doch, es wäre gestohlen.“
Er zuckte die Achseln. „Lady Suderby hat uns gerade er- zählt, dass ein anonymer Wohltäter es geschafft hat, das Ge- mälde wieder aufzutreiben, und es ihr zurückgegeben hat.“ „Ein anonymer Wohltäter, ja?“
„In der Tat.“
„Wie überaus geheimnisvoll! Ich bin sehr froh, dass es den Weg zu seiner rechtmäßigen Besitzerin zurückgefunden hat.“ Jacinda betrachtete ihn forschend. „Ich wusste übri- gens gar nicht, dass Sie Lady Suderby kennen.“
„Sie ist meine Tante“, klärte er sie trocken auf. „Die Zwil- lingsschwester meiner Mutter.“
Jacinda blinzelte erstaunt, schaute dann schnell weg und biss sich auf die Lippe, um nicht laut zu lachen. Rasch räus- perte sie sich. „Lord Rackford, gestatten Sie, dass
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