Gaelen Foley - Knight 04
schneller, als sie Rackfords sichere Schritte hörte. Er schien hinter Mr. Walsh die geschwunge- ne Marmortreppe heraufzukommen. Gleich darauf klopfte der Butler an die Salontür und öffnete sie auf das „Herein“ der Herzogin.
Mr. Walsh trat zur Seite, verbeugte sich vor Bel als der Da- me des Hauses und verkündete: „Euer Gnaden, der Earl of Rackford.“
Jacindas Laune hob sich, als sie ihren Besucher erblickte. Sie konnte nicht verhindern, dass sie sich über seinen An- blick freute.
Vielleicht gibt es ja doch noch Hoffnung für ihn, dachte sie, während sie ihn beifällig musterte. Er trug einen tief- blauen Gehrock, den er mit einer weißen Weste und einem Krawattentuch im Stil trone d’amour kombiniert hatte, da- zu eine Hose in einem hellen Biskuitton.
Rackford nahm seinen Hut ab und trat tiefer in den Raum, wo er die Damen in der Reihenfolge ihres Ranges begrüßte. In der einen Hand trug er einen Gehstock mit silbernem Knauf, in der anderen einen riesigen Blumenstrauß, den er Jacinda jetzt mit einer schwungvollen Verbeugung über- reichte.
„Wie aufmerksam“, trillerte Bel.
Jacinda errötete und sog den Duft von Iris, Tigerlilien, Tulpen und Rosen ein. Während die anderen Höflichkeiten austauschten, rief Jacinda einen Diener, damit er die Blu- men ins Wasser stellte. Sobald Jacinda Bels Erlaubnis hat- te, mit Rackford im Green Park spazieren zu gehen, sprang sie mit Lizzie auf. Ihre Komplizin nahm sich ein Buch mit und heftete den Blick im Park auf die Zeilen, immer ein paar Schritte hinter dem Paar und zu anständig, um es zu belauschen.
„Hast du es dir zum Ziel gesetzt, mich in den Wahnsinn zu treiben, oder kannst du nichts dafür, Lady Jacinda?“ mur- melte Lord Rackford mit frecher Stimme und musterte wohlgefällig ihr sorgfältig ausgewähltes Promenadenkleid, das einen tiefen Ausschnitt hatte. Da das Kleid kurze Ärmel hatte, trug sie lange weiße Handschuhe und eine bestickte
Stola dazu, die sie kunstvoll um ihre Schultern gelegt hatte. Die flatternden Enden streiften aufreizend seinen Arm.
„William“, mahnte sie ihn, wobei sie so kühn war, seinen Vornamen zu benutzen, als sie ihn unter der weißen Krempe ihres mit Osterglocken bestickten Hütchens hervor anblick- te.
Er lächelte sie an. „Na gut, ich werde mich benehmen.“ Jacinda war sich bewusst, dass ihr Herz schneller schlug, wann immer sie ihn anschaute, aber sie zwang sich dazu, nach außen hin kühl und gleichgültig zu wirken. Langsam schlenderten sie nebeneinander den breiten, baumgesäum- ten Weg entlang. Rackford ließ seinen Gehstock im Rhyth- mus seiner Schritte auf den Boden schlagen, und Jacinda tat es ihm mit dem Sonnenschirm, den sie trug, gleich.
„Danke für die Blumen.“
„Das ist das Mindeste, was ich tun kann, nachdem du mir gestern Abend so nett zu Hilfe gekommen bist. Das war das Letzte, was ich erwartet hätte.“
„Nun, es ist einfach so: Als Dame muss ich denen helfen, die in einer weniger glücklichen Lage sind als ich. Es war – verzeih meine Offenheit – auf den ersten Blick klar, dass sie dich bei lebendigem Leib gefressen hätten, wenn ich dir nicht beigestanden hätte. Deshalb habe ich mich entschlos- sen, dir zu helfen, Lord Rackford. Deshalb habe ich dich ge- beten, heute zu mir zu kommen.“
„Mir helfen? Wie?“
„Indem ich dich zivilisiere.“
„Ich verstehe.“ Ein strahlendes Lächeln machte sich auf seinem attraktiven Gesicht breit. „Ein viel versprechendes Angebot.“
„Auch ich denke mir, dass es ein amüsantes Vorhaben ist.“
„Nun, ich bin dein ergebener Schüler, Mylady, sozusagen Wachs in deinen Händen. Mach mit mir, was du willst“, schnurrte er.
Jacinda warf ihm einen zweifelnden Blick zu. Irgendwie klang alles, was er sagte, wie eine unverschämte Anspielung – aber vielleicht bildete sie sich das nur ein. „Ehe wir anfan- gen, muss ich alles erfahren“, verkündete Jacinda.
„Was meinst du damit?“
„Über deine Vergangenheit.“
„Die kennst du doch schon.“
„Nicht alles. Du behauptest, dass du der jüngere Sohn Truros bist, und ich weiß selbst, dass du am Ende der An- führer der Fire Hawks warst. Was ich gerne von dir hören möchte, ist, was sich dazwischen abgespielt hat – wie du von Punkt A zu Punkt B gekommen bist.“
Rackford schaute sie misstrauisch an. „Und das soll dazu dienen, mich zu zivilisieren? Wie das?“
„Das tut es nicht“, gab sie mit verlegenem Lächeln zu. „Das ist nur die Bezahlung, die ich für
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