Gaelen Foley - Knight 04
be- deutete, hatte er Männer schon für weniger umgebracht. Aber als er hier einen der jungen Männer wegen seiner Frechheit angefahren hatte, hatte Acer gelacht und ihn da- für getadelt, dass er keinen Spaß verstand. Da hatte er er- kannt, dass sie ihn nur zu einem Wutanfall provozieren wollten, damit er sich vor allen zum Narren machte.
Sie wagten es nicht, ihn offen herauszufordern. Das konn- te er riechen. Sie fühlten sich nur so stark, weil sie so viele waren. Er konnte nichts anderes tun, als das auszusitzen und zu hoffen, dass die anderen Dinnergäste von Lady Su- derbys Party bald eintrafen.
Rackford war nur gekommen, weil er hoffte, Jacinda zu treffen, damit er wieder gutmachen konnte, was er letzte Nacht so völlig falsch angestellt hatte. Doch jetzt fürchtete er ihre Ankunft, weil diese verwöhnten Mistkerle es darauf anlegen würden, ihn vor ihr zu blamieren, genau wie damals im Park.
Acer fuhr fort, mit seinen Rennpferden zu prahlen. Rack- ford schaute zur Tür. Nur die Möglichkeit, dass Jacinda ein- treffen könnte, hielt ihn davon ab, einfach davonzustürmen wie gestern Abend. Ein paar Damen hatten ihn schon ge- fragt, warum er den Devonshire-Ball so früh verlassen hat- te.
Als Nächstes schwelgten die Herren in Erinnerungen an ihre Oxford-Zeit, wohl wissend, dass er nicht dort gewesen
war. Rackford, den schon ihre vielen Zitate und lateinische Anspielungen aus der Fassung gebracht hatten, war verlo- ren, als sie nun anfingen, sich auf Französisch zu unterhal- ten, wobei sie ihn aus den Augenwinkeln beobachteten, um zu sehen, ob er verstand, was sie sagten.
Dann wandten sie sich dem amüsanten Thema zu, wer wohl seine Kleidung angefertigt hatte.
„Ah, Stultz, glaube ich“, antwortete Rackford hilflos.
„Das glauben Sie? Sie wissen es nicht?“ rief George ver- ächtlich.
Acer lachte leise und musterte Rackford. „Wirklich, Rack- ford, eine rote Weste? Sie sollten Ihren Kammerdiener dafür auspeitschen, dass er Ihnen erlaubt hat, in diesem Aufzug das Haus zu verlassen. Schwarz oder weiß für den Abend, wissen Sie denn gar nichts?“
„Oh.“ Rackford gab vor, das alles als großen Spaß zu be- trachten, aber im Grunde genommen war sein Selbstbe- wusstsein geschwunden. Er hatte Angst, dass Jacinda ihn auslachen würde, sobald sie den Raum betrat, obwohl ihn ein Blick durch das Zimmer davon überzeugt hatte, dass er genau richtig angezogen war. Schließlich hatte sein Vater seine Garderobe bei Stultz anfertigen lassen. Sein Rock und die Hose waren aus konservativer schwarzer Seide, das Krawattentuch makellos. Seine verdammten Schuhe waren mit Champagner poliert worden. Wenn ein Mann seine Wes- te etwas farbiger liebte, was war daran verwerflich? Warum sollte er so aussehen wie alle anderen?
Was sie wohl zu seinen Tätowierungen sagen würden?
„Ein Gentleman vertraut nur Mr. Weston in der Conduit Street, dass er einen Rock richtig schneidert“, verriet Acer ihm. „Stiefel von Hoby’s und Hüte von Lock’s. Alles andere ist barbarisch.“
„Nun, vielleicht habe ich ja etwas von einem Barbaren in mir“, erwiderte Rackford mit einem gefährlichen Lächeln, als er langsam die Geduld verlor.
„Durchaus möglich“, stimmte Acer zu.
Die anderen brachen in lautes Lachen aus – hofften sie auf einen guten Kampf? Acer grinste höhnisch, ohne zu ahnen, wie dicht er davor stand, durch die nächste Wand zu fliegen. In dem Moment betrat Lady Jacinda wie ein Schutzengel den Raum.
Angesichts ihres charmanten Lächelns, mit dem sie die Gastgeberin begrüßte, schlug Rackford das Herz bis zum Hals. Ihre aufgesteckten goldenen Locken waren kunstvoll zerzaust und mit einem Band befestigt, das über dem linken Auge zu einer Schleife gebunden war. Sie trug ein Abend- kleid aus blass orangefarbener Seide mit kurzen Puffärmeln und weißer Spitzenborte, dazu eine schlichte Perlenkette und lange weiße Handschuhe. Dazu hatte sie einen indi- schen Schal in warmen Farben anmutig um sich drapiert, so dass ihr schlanker Körper gut zur Geltung kam.
Dann wandte sie sich um, um jemand anderen zu begrü- ßen, und beim Anblick ihres tiefen Rückendekolletes stock- te Rackford der Atem. Hingerissen betrachtete er ihre glat- te, schimmernde Haut, die fein gebauten Schulterblätter und den zarten Schwung ihrer Wirbelsäule. Sanft glitt die Seide des Schals über ihre schmale Taille. Rackford stellte sich vor, wie er jeden Zentimeter ihrer bloßen Haut küsste, und konnte erst wieder atmen, als
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