Gaelen Foley - Knight 05 - Rache im Blut
dem Moment hinter dem Taubenschlag hervor, als das Pony sich in Trab setzte. Er rannte hinter ih- nen her. „Komm zurück!“
„Los!“ Lizzie gab dem Pony die Hacken und klammerte sich dann erschrocken fest, als das Tier zu galoppieren be- gann.
Devlin versuchte, sie vom Rücken des Tieres zu reißen, als sie an ihm vorbeiritt, aber er griff daneben. „Verdammt, komm her!“
Lizzie sah sich um und erkannte, dass er hinter ihr herrann- te, aber selbst ein so sportlicher Mann wie er war ihrem Reit- tier nicht gewachsen.
Mit triumphierendem Lachen ritt Lizzie davon. Sie war frei, sie hatte gewonnen – und es war ein wundervolles Ge- fühl.
Devlin lief ihr noch ein paar Meter nach und gab dann auf. Keuchend blieb er stehen, stützte die Hände auf die Ober- schenkel und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Er stieß einen Fluch aus, aber als er ihr nachsah, ihr Lachen hörte und sah, wie ihre langen Haare im Wind wehten, schmolz seine Wut dahin.
Sie sah so glücklich und so verdammt zufrieden aus. Wie konnte er wütend sein, wenn sie so entzückend war? Plötz- lich verspürte er ein Glücksgefühl wie lange nicht, als er sie davongaloppieren sah, und leise lachte er auf.
„Sieh sie dir an, Ben“, rief er seinem Kammerdiener zu, der
aufgeregt angerannt kam. „Hast du je etwas Schöneres gese- hen? Siehst du sie fliehen? Himmel, was bin ich doch für ein Narr.“
„Sir?“, keuchte Ben.
„Sie verdient es. Den Titel, das Geld. Und sie soll beides haben. Gott ist mein Zeuge, ich werde dieses Mädchen hei- raten. Was für ein Temperament. Was für ein Herz“, flüsterte er.
Ben hatte ihn nicht ganz verstanden. „Ich werde das Füh- rungspferd ausspannen. Dann können Sie ihr nachreiten und haben Sie innerhalb von Minuten ...“
„Nein.“ Dev schüttelte langsam den Kopf und lächelte im- mer noch. „Lass ihr ihren Sieg.“ Seine Augen glänzten, ob- wohl sie schon lange nicht mehr zu sehen war. „Sie hat mich nach allen Regeln der Kunst besiegt. Das kann ich ihr nicht wieder wegnehmen.“
„Geht es Ihnen gut?“
„Mir ging es nie besser. Komm.“ Er versetzte seinem Freund einen Schlag auf den Rücken. „Lass uns umdrehen. Sie wird auf den Feldern bleiben, um uns aus dem Weg zu gehen, aber wir werden sie zurück zur Schule begleiten. Auf den Straßen ist es nachts nicht sicher.“
„Also kein Gretna mehr?“, fragte Ben verwirrt, als sie zu- rück zur Kutsche gingen.
„Ich fürchte, nein“, seufzte Devlin.
„Nun, und was jetzt?“
Dev lächelte. „Jetzt mache ich es so, wie sie es will.“
Lizzie ritt glücklich durch die mondhelle Nacht und folg- te der großen Straße nach Norden, wobei sie aber auf den Feldern blieb und das Pony gemütlich traben ließ. Als sie erkannte, dass sie es geschafft hatte, ihrem gutaussehenden Entführer zu entkommen, spürte sie ein überwältigendes Tri- umphgefühl.
Endlich erlebte sie etwas! Sie fühlte sich wunderbar leben- dig und frei.
Das Pony spitzte die Ohren, als sie leise zu summen begann, um sich die Zeit zu vertreiben und ihre Nerven zu beruhigen. Jetzt hatte sie Zeit genug, um über das nachzudenken, was er in der Kutsche mit ihr gemacht hatte. Weiter und weiter ritt sie durch die schimmernde Nacht.
Bald darauf kam sie an ein Schild Richtung Islington. Lizzie ritt über die Straße, trabte über ein Feld und erkannte schließlich, wo sie war. Dann merkte sie, dass sie sich beeilen musste, die Lehrer standen um sechs Uhr auf.
Die Sonne ging rosig am Horizont auf, als Lizzie das Pony in der Baumgruppe, in der Devlin vor einigen Stunden die Kutsche versteckt hatte, anhielt. Noch immer lag die Leiter dort im hohen Gras.
Auf der anderen Seite des Zauns waren alle Fenster der Schule noch dunkel. Lizzie wusste, dass Mrs. Hall sie auf der Stelle entlassen würde, wenn sie erführe, was sich in der Nacht abgespielt hatte. Rasch glitt sie von ihrem Pony, nahm ihm das Zaumzeug ab, umarmte es und ließ es laufen. Mantel und Zaumzeug warf sie auf die Leiter.
Mit bloßen Armen und Beinen rannte sie lautlos auf das Schulgebäude zu. Ihr Fenster stand immer noch weit of- fen. Mit flatterndem Hemd bog Lizzie um die Ecke. Oh, wie Jacinda lachen würde, wenn sie ihr das erzählte! Falls sie das hier überlebte, würde sie sie sofort zum Tee einladen. Sie brannte darauf, ihrer Freundin alles über Dev und das ver- rückte Testament seiner Tante zu erzählen.
Ihre Freude verwandelte sich in Entsetzen, als sie die Hin- tertür erreichte und sie
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