Gaelen Foley - Knight 05 - Rache im Blut
dann, „du musst ja am Boden zerstört gewesen sein.“
Sie nickte und wich seinem zärtlichen Blick aus. „Billy – Jacindas Mann – hat versucht mir zu erklären, dass Alec das nur getan hat, weil er sich zu sehr schämte, mein Geld anzu- nehmen, aber ich kann nicht sehen, dass seine Lösung weni-
ger beschämend für ihn war. Das hätte er nicht tun müssen. Er hätte seinen Stolz herunterschlucken und seine älteren Brüder oder sogar Billy um Hilfe bitten können. Wenn sie gewusst hätten, dass er in Gefahr war, hätten sie ihm auf der Stelle geholfen. Aber du musst wissen, dass Alec sich für Lady Campion entschieden hat, um zwei Fliegen mit ei- ner Klappe zu schlagen. So konnte er einerseits seine Schul- den abzahlen, ohne seinen Stolz zu verletzen, indem er sei- ne großen Brüder um Hilfe bitten musste, und gleichzeitig hat er mir kristallklar gezeigt, dass es niemals zu einer Ehe zwischen uns kommen würde. In dem Moment, in dem er erkannte, wie sehr ich ihn bewunderte, griff er zu den äu- ßersten Mitteln, um mich abzuwehren. Und weißt du was, Devlin? Es hat funktioniert.“
Sie schwieg eine Weile. „Ein Teil von mir wird nie aufhö- ren, Alec zu lieben, aber ich könnte ihm nie wieder vertrauen. Außerdem kann ich keinen Mann respektieren, der so wenig Respekt vor sich selbst hat.“ Sie blickte Devlin an. „Er hat sogar gesagt, dass ich ihm eines Tages dankbar sein würde. Aber er hat mir nie erklärt, was an mir er so abstoßend fand. Und seitdem frage ich mich, was es wohl ist.“
„An dir ist gar nichts Abstoßendes, Elizabeth. Glaub mir, dein Freund Billy hat völlig Recht. Kein Mann, der nur eine Unze Selbstrespekt hat, könnte die Mitgift eines jungen Mäd- chens nehmen, um seine Spielschulden damit zu bezahlen, und ich wage zu behaupten, dass Alexander der Große im- mer reichlich Stolz hatte.“
„Soll das heißen, dass du auch noch gut findest, was er ge- tan hat?“, rief Lizzie aus.
„Natürlich nicht, aber ich glaube, dass du zu naiv bist, um die Bedeutung dessen zu verstehen.“
„Dann klär mich doch bitte auf.“
Devlin zuckte die Achseln. „Alecs Weigerung, dein Geld anzunehmen, zeigt in meinen Augen, dass du ihm mehr be- deutest, als du weißt.“
Verwirrt sah sie ihn an, und er zog sie enger an sich und küsste sie rasch. „Es gibt Männer, Chérie, die küssen jede Frau in der Stadt bis auf die, auf die es ihnen ankommt.“
Lizzie verzog spöttisch das Gesicht. „Das ist doch dumm. Warum sollte ein Mann so etwas tun?“
„Aus Angst, mein Liebling.“
„Aber Alec ist wie du: Er hat vor gar nichts Angst. Gut, er hat noch nie gegen einen Berglöwen gekämpft, aber er hat schon zahllose Duelle ausgefochten ...“
„Nein, das hast du falsch verstanden. Alec und ich haben nicht vor der Gefahr Angst, sondern vor der Liebe.“ Rasch schloss Devlin den Mund, als er merkte, dass er mehr gesagt hatte, als ihm lieb war. Verdammt! Es war gut und schön, die Motive anderer zu analysieren, aber welche Perversion hatte ihn dazu bewogen zuzugeben, dass auch er zu dieser trauri- gen Gruppe Männer gehörte?
Es war die Wahrheit, aber ... Himmel! Wieder packte ihn seine uralte Angst und brachte ihn zur Vernunft. Für einen Moment sah er sich selbst wie aus weiter Ferne, wie er behag- lich mit der kleinen Gesellschafterin seiner Tante in einem Bett lag – die er zudem fast entjungfert hätte –, ihr zärtli- che Worte zuflüsterte und sie tröstete wie irgendein verlieb- ter Geck! Plötzlich gewann seine Vernunft mit blendender Schärfe wieder die Oberhand und vertrieb die intime, zarte Stimmung mit einem Schlag, und was Dev jetzt in neuem Licht sah, stieß ihn ab. Was zum Teufel hatte er sich bloß da- bei gedacht?
„Stimmt etwas nicht?“, fragte Lizzie, während er sie an- starrte und Stück für Stück vor ihr zurückwich.
Sein Herz schlug heftig. Ich muss hier weg. Als wenn seine Liebe zu seiner Tante nicht schon erschreckend genug war, so entwickelte er jetzt offenbar auch noch eine seltsame Schwä- che für Elizabeth Carlisle. Er wusste nur zu gut, dass die Sicherheit, die er bei ihr empfand, eine Illusion war. Liebe bedeutet Schmerz. Das Schicksal hatte ihm schon einmal das Herz gebrochen. Das wollte er nicht noch einmal erleben.
Er glaubte nicht, dass er es noch einmal überleben würde.
Lizzie runzelte die Stirn, als er gekünstelt lächelte.
„Es ist schon spät“, erklärte er möglichst normal und be- hielt sein Lächeln bei. „Ich sollte jetzt
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