Gaelen Foley - Knight 06
seufzte, dann begann sie, sich allmählich zu ent- spannen. Nach mehreren Tagen auf der Flucht, in denen sie sich nachts in Scheunen versteckt hatte, stets in der Hoffnung, ein paar Stunden schlafen zu können, würde ein Bad Wunder wir- ken. Sie roch bestimmt nach Heu und Tieren, nicht zu reden von den Schlammspritzern, die vorüberfahrende Kutschen auf den Landstraßen an ihr hinterlassen hatten. Ein Bad, ja, das würde ihr ein Gefühl von Normalität zurückgeben.
Sie ging zur Tür des Ankleidezimmers, die Alec nur angelehnt hatte, und versuchte, sie zu schließen. Doch zu ihrem Ärger war das unmöglich.
„Tut mir leid, der Riegel ist kaputt“, rief er ihr nun aus grö- ßerer Entfernung zu. Offensichtlich hatte er ihre Bemühungen gehört. „Keine Sorge, Becky, ich werde nicht spionieren. Wenn es auch sehr verlockend ist.“
Sie seufzte. „Na schön, ich vertraue Ihnen.“
Aber nur bis zu einem gewissen Punkt.
Sie schloss die Tür, so gut sie es vermochte, dann trat sie vor die Badewanne, stellte einen Fuß auf den Rand und schob die Röcke hoch, nicht ohne einen wachsamen Blick zur Tür zu werfen.
Der kleine Beutel mit der „Rose of Indra“ war fest an ihrem Strumpf befestigt. Rasch löste sie die Bänder und sah sich um, auf der Suche nach einem Platz, wo sie den Schmuck für die Nacht sicher verstecken konnte. Danach stellte sie den Fuß zu- rück auf den Boden, strich ihre Röcke glatt, schlich auf Zehen- spitzen zu dem Mahagonischrank, den sie für ihr Vorhaben ins Auge gefasst hatte, bückte sich und öffnete lautlos die unterste Schublade.
Sie verbarg den Rubin zwischen den ordentlich gestapelten Hemden ihres Gastgebers, dann schob sie die Lade wieder zu,
zufrieden, dass ihr Erbe, der Hoffnungsträger für ihr Dorf, bis zum nächsten Morgen sicher verwahrt war.
Voller Vorfreude konzentrierte sie sich nun auf das Bad. Ge- waschen konnte sie wesentlich respektabler aussehen, wenn sie morgen den Duke of Westland aufsuchte.
Morgen würde ausreichend Zeit sein, sich wieder um ihre Nöte zu kümmern. Für heute konnte sie ihre Sorgen beiseite- schieben. Sie brauchte einige Stunden, um sich zu erholen. Als sie einen Blick auf ihre armselige Erscheinung im Spiegel warf, seufzte sie und fuhr fort, sich auszukleiden.
In der Zwischenzeit wartete Alec darauf, dass die Speisen ge- bracht wurden. Tatsächlich dauerte dies eine geschlagene Drei- viertelstunde. Warten gehörte nicht gerade zu seinen Stärken, aber er konnte sehr geduldig sein, wenn dies angemessen be- lohnt wurde.
Seit seinem langen Rückzug aus der amourösen Welt wollte er nichts übereilen. Und dafür sorgen, dass beide es genießen konnten.
Zu gern hätte er die nasse Kleidung abgelegt, aber um sie ge- gen trockene zu tauschen, hätte er sein Ankleidezimmer betre- ten müssen. Er war ruhelos und fühlte sich unbehaglich, aber trotzdem hatte er nicht vor, die Privatsphäre seines Gastes zu stören. Das wäre schlechter Stil gewesen und viel zu aufdring- lich. Es war wichtig, dass Becky sich in seiner Nähe sicher fühl- te. Frauen gaben sich sehr viel leidenschaftlicher hin, wenn man ihnen Geborgenheit vermittelte.
Da sie so unerfahren war, stellte er sich darauf ein, dass es eine Weile dauern würde, ehe sie sich entspannte. Zu seinem Er- staunen stellte er fest, dass es ihm nichts ausmachte.
Schließlich kehrte der Laufbursche zurück mit einem großen Korb voller Speisen, einer Flasche Rotwein, Champagner und einem Baguette, das über den Rand hinausragte. Alec gab dem windzerzausten Jungen einen Extraschilling für seine Mühen, nahm ihm seinen tropfenden Schirm ab und schloss die Tür. Sofort erfüllte der Duft von Watier’s exzellenten Speisen den Raum.
Er stellte den Korb auf einen Tisch mitten im Zimmer, schenk- te zwei Gläser Beaujolais ein und begab sich zu seinem Anklei- degemach, um seinem hübschen Findelkind zu berichten, dass
ihre Mahlzeit geliefert worden sei. Mit den Weingläsern in der Hand dachte er darüber nach, wie erfreulich es war, sich zur Ab- wechslung um einen anderen zu kümmern, statt endlos gegen die Dämonen in seinem Kopf anzukämpfen.
Er betrat sein Schlafgemach und war gerade drei Schritte ge- gangen, als eine Erscheinung vor ihm ihn veranlasste, wie an- gewurzelt stehen zu bleiben. Die Tür zum Ankleidezimmer war einen Spalt breit aufgegangen, daher hatte er es – ganz unschul- dig – einem Zufall zu verdanken, dass er einen Blick auf Beckys entblößten Leib erhaschen konnte.
Sie war aus
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