Gaelen Foley - Knight 07
Im schwankenden Licht der Schiffs- laternen hatte er gesehen, wie die betrunkene und führerlose Mannschaft gegeneinander kämpfte.
Nur zwei von ihnen hatte Connor erschießen müssen, um die Aufmerksamkeit aller auf sich zu ziehen. Danach war es einfach gewesen, die Kontrolle über das Schiff zu übernehmen, und Vic- tor war froh, dass Connor das getan hatte, aber er konnte den Anblick des verstümmelten Seemanns nicht vergessen.
Es war Jahre her, seit Victor zum letzten Mal gesehen hatte, wie ein solcher Zorn aus Connor hervorbrach, und nicht mehr seit jenem schrecklichen Tag im Regenwald, als der junge india- nische Krieger Eden gefolgt war.
Er versuchte, nicht allzu oft daran zu denken.
Die Gewalttätigkeit, die sie bei Connors Versuch, sie zu ret- ten, mitansehen musste, hatte seine Tochter beinahe noch mehr verstört als die Annäherungsversuche des jungen Waroa. Es war entsetzlich gewesen.
Danach hatte Victor Connor einer wütenden Befragung un- terzogen, hatte jedoch dann im Zweifel für seinen Assistenten entschieden. Connor hatte geschworen, dass die Gewalt, die er eingesetzt hatte, notwendig gewesen war in Anbetracht des töd- lichen Curare, das der junge Krieger in einem kleinen Behältnis an einer Schnur um die Taille getragen hatte.
Ein Kratzer mit dem Gift hätte Eden lange genug lahmen kön- nen, damit der Indianer mit ihr hätte tun können, wozu auch im- mer er Lust hatte. Eine stärkere Dosierung hätte sie umbringen können. Connor hatte sich dafür entschuldigt, falls es so aussah, als habe er sich mitreißen lassen. Aber er schwor, es nicht er- tragen zu können, wenn jemand dem Mädchen, das für ihn so etwas wie eine Schwester war, Schaden zufügte. Er hatte Vic-
tor angefleht, ihn nicht fortzuschicken, hatte geschworen, dieser Gewaltausbruch wäre einmalig gewesen, ein Ausrutscher, und nie wieder würde so etwas passieren.
Dr. Farraday, der lieber nicht daran denken wollte, was wohl geschehen wäre, wenn Connor nicht auf die Schreie seiner Toch- ter hin herbeigeeilt wäre, hatte den Australier beim Wort ge- nommen. Und da seine tapfere Tochter bald wieder hergestellt schien, hatte er die Sache ruhen lassen.
Doch schließlich war in dem blutigen Chaos der Meuterei das Ungeheuer in diesem Mann wieder hervorgekommen, und nach- dem es so viele Jahre unterdrückt worden war, schien es jetzt nicht bereit zu sein, sich wieder in sein Versteck im Innern von Connors wildem Herzen zurückzuziehen.
Als der letzte Leichnam mit einem leisen Platschen ins Meer gestürzt war, entstand eine unbehagliche Stille, doch dann trat einer der Seeleute einen kleinen Schritt vor und sprach äußerst demütig den neuen Kapitän an: „Äh ... Mr. O'Keefe, Sir, wohin reisen wir jetzt?“
Der Australier löste sich aus seinen Gedanken. „Nordnord- ost.“
„Nach Norden?“, platzte einer der anderen heraus, ein dunk- ler Typ, der wie ein Pirat aussah mit einem goldenen Ring im Ohr und einem Tuch um den Hals. „Warum nicht nach Süden?“ Er warf den anderen einen Blick zu, als erwarte er ihre Unter- stützung für seinen Vorschlag. „Auf den westindischen Schiffs- routen gibt es genug Beute. Wir werden reich werden!“
„Aye!“, setzten ein paar der anderen an. Dann packte Connor den Mann, der von sich aus das Wort ergriffen hatte, und schleu- derte ihn gegen den Hauptmast.
Eine Hand presste er um die Kehle des Möchtegernpiraten, und als er die Augen zusammenkniff, konnte Victor erkennen, dass zwischen den baumelnden Füßen des Mannes und den Planken einiges an Luft war. Der Seemann trat um sich und packte Connors Handgelenk, doch das nützte ihm nichts. Ver- geblich versuchte er, sich aus dem Griff des Australiers zu be- freien.
„Wir reisen nach England“, verkündete Connor langsam. „Seid ihr Menschen oder Tiere? Geld ist nicht alles.“ Abrupt ließ er den Mann fallen, nachdem er seinen Standpunkt klarge- macht hatte. Der Seemann sank auf die Knie und umfasste sei- ne schmerzende Kehle, wobei er nach Luft rang. „So“, wandte
Connor sich an die anderen. „Noch weitere Fragen?“
Die Männer wichen zurück, doch Victor konnte seinen Freund nur wie gelähmt anstarren. Dieser Grobian war ein Fremder für ihn.
„Sieh mich nicht so an“, flüsterte Connor ihm zu. „Immer- hin bist du noch am Leben.“ Wieder wandte er sich ab und rief der Mannschaft mit lauter Stimme zu: „Nun, da wir den Dreck beseitigt haben, bringen wir das Schiff auf einen anständigen Kurs!“
„Aye,
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