Gaelen Foley - Knight 07
und wappnete sich gegen den Skandal. „Gut.“
Kaum hatte sie die Tür geöffnet, liefen sie alle draußen zu- sammen.
„Oh, mein liebes Kind, geht es Ihnen gut?“
„Hat er Ihnen etwas getan?“, flüsterte die eine.
„Nein, nein“, versicherte Eden.
„Sie sollten sich hinlegen. Brauchen Sie Riechsalz?“
„Nein, vielen Dank. Bitte, lassen Sie mich durch. Ich brauche nur meinen Gemahl.“
„Wir alle wollen Ihren Gemahl, meine Liebe“, bemerkte eine
gelangweilte Dame weiter hinten, und die anderen schüttelten den Kopf über die gewagte Bemerkung.
Eden warf einen finsteren Blick in ihre Richtung. „Bitte, las- sen Sie mich durch. Ich muss mit Lord Jack reden.“
„Aber, meine Liebe, sein Benehmen war skandalös!“
„Ja, ich weiß, aber wissen Sie, ich muss ihn aufhalten, ehe er ...“
„Er verlässt Sie jetzt?“, riefen sie, erschüttert um ihretwillen.
„Nicht, wenn ich es verhindern kann“, erklärte Eden. Endlich gelang es ihr, sich aus dem Knäuel der beflissenen, doch neugie- rigen Damen zu lösen, und Eden hastete den Gang entlang, der am Ballsaal vorbeiführte, den Blick starr geradeaus gerichtet.
Sie ignorierte die Blicke der anderen, hielt den Kopf hoch er- hoben, obwohl ihre Wangen glühten. Das Starren und Flüstern half ihr, selbst zu erleben, was Jack sein ganzes Leben lang hatte ertragen müssen.
Einige Leute lächelten ihr zu, als wollten sie ihr versichern, dass sie ihr nicht die Schuld gaben an dem empörenden Verhal- ten ihres Gemahls, aber dass sie nur ihr allein verziehen, machte sie wütend.
Sie kannten Jack nicht. Er war kein Schuft. Er war ihr Löwe, ihr Geliebter. Sie verstanden ihn nicht.
Aber du tust es, schalt sie ihr Gewissen, und du hättest es bes- ser wissen können. Du hättest sanfter mit ihm umgehen sollen.
Kurz und gut, sie hätte seinen Kuss erwidern sollen.
Sie hatte eine Chance gehabt, ihm ihre Treue zu beweisen, und sie hatte versagt. Das jetzt zu erkennen, brach ihr beinahe das Herz, aber sie wusste, es stimmte. Das Wissen, ihn an seiner empfindlichsten Stelle getroffen zu haben, brachte sie beinahe zum Weinen. So gewagt sein skandalöser Kuss auch gewesen war, jetzt fühlte er sich betrogen. Und sie verstand das nun.
Aber wie konnte er nur denken, sie würde der ton ihm gegen- über den Vorzug geben?
Ohne ihn konnte sie nicht leben.
Er war für sie der Fels in der Brandung.
Es fiel ihm nur so schwer, das zu glauben, weil niemand ihn je geliebt hatte.
Eden wusste jetzt, dass das, was sie in der Bibliothek gesagt hatte, nichts als leere Worte gewesen waren. Mit Vergnügen hätte sie London für ihn aufgegeben, hätte in einem palafito mitten im Dschungel gelebt, wenn sie damit ihrem Geliebten jeden Zwei-
fel genommen hätte, dass er ihr alles bedeutete, Sonne, Mond und Sterne.
Ja, wäre Jack bei ihr gewesen und nicht Connor, dann hätte das Leben im Urwald wie im Paradies sein können.
Sie konnte nur hoffen, dass es nicht das verlorene Paradies war.
Dank der Einmischung der Gartendamen war Jack fort, als Eden aus der Vordertür des Hauses trat.
Ihr wurde eiskalt, denn sie fürchtete, dass – anders als in Ir- land – er diesmal nicht zurückkommen würde.
Es hatte aufgehört zu regnen, aber die Luft war warm und feucht. Die Bäume und großen Sträucher troffen noch von Näs- se und ragten wie große Gestalten in die Dunkelheit. Ein paar Außenlaternen warfen ihren matten orangenen Schein auf den Boden und schafften es doch kaum, die pechschwarze Nacht zu vertreiben.
Eden schlang die Arme um ihre Taille und ging wie betäubt den vorderen Weg entlang in der Hoffnung, Jack irgendwo zu entdecken. Sie bewegte sich wie jemand, der sich in einem dunk- len Wald verirrt hatte, ihre Füße trugen sie bis zum äußersten Ende des Wendeplatzes für die Kutschen, der mit Kies bestreut war. Vom nassen Boden waren ihre Tanzschuhe durchweicht und ruiniert, aber das kümmerte sie nicht.
Jack.
Oh, das durfte nicht wahr sein. Er hatte sie verlassen.
Er war fort. Tränen traten ihr in die Augen, und ihre Gedan- ken überschlugen sich.
„Jack!“, rief sie ins Dunkel hinein, dann flüsterte sie noch ein- mal seinen Namen, während zwei Tränen ihr über das Gesicht liefen.
Er war wirklich fort, und wenn sie sich im Urwald schon ein- sam gefühlt hatte, so war das nichts im Vergleich mit dem, was sie jetzt empfand. Die ganze Welt schien ihr leer und verlassen zu sein.
Zitternd stand sie da, suchte immer noch in der Dunkelheit nach ihm und
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