Gaelen Foley - Knight 07
Sie“, murmelte er und zog für sie einen Stuhl zu- rück. „Bringen Sie ihren Teller her.“
„Wohin gehen wir?“
„Sie können in meiner Schlafkabine aufessen. Die Offiziere brauchen diesen Raum für ihre Arbeit – und dort sind Sie au- ßerdem am sichersten. Denken Sie daran, meine Räumlichkeiten nicht zu verlassen, außer in Begleitung von mir, Mr. Brody oder Lieutenant Trahern.“ Eden griff nach ihrem Teller, als er ihren Arm nahm und sie zu seinem Privatquartier führte. Dann öffne- te er die Tür und schob sie hinein. „Da sind wir. Machen Sie es sich bequem.“
„Jack“, sagte sie und warf einen kurzen Blick in seine Kabine. „Hier ist eine Kanone.“ Mit gerunzelter Stirn drehte sie sich zu ihm um.
„Ja, ein Zwölfpfünder. Sie beißt nicht. Nun gehen Sie schon.“ Er deutete in das Zimmer. „Einige von uns müssen arbeiten.“
Ein wenig zögernd ging sie an ihm vorbei und betrat die spar- tanische Kabine. Das mit Holz eingefasste Bett war in die Wand eingelassen und besaß Vorhänge, die das Licht und die Hitze abhielten.
Obwohl es in einer Ecke einen Waschtisch gab und eine gro- ße Seekiste am Fuß des Bettes stand, beherrschte die hüfthohe Kanone den Raum. Das Rohr ragte aus der Luke, als wollte es die ganze Welt fernhalten. Jack verschränkte die Arme vor der Brust.
„Ich hoffe, Sie finden alles zu Ihrer Zufriedenheit vor“, sagte er spöttisch und konnte sich nicht verkneifen, darauf hinzuwei- sen, dass sie schließlich nur ein blinder Passagier sei.
Bettler dürften kaum wählerisch sein.
Sie nickte ihm zu. „Vielen Dank.“
„An dieser Tür gibt es mehrere Schlösser.“ Er zeigte sie ihr
und sah ihr tief in die Augen. „Ich schlage vor, Sie benutzen sie, um die Männer fernzuhalten.“
„Werden die Schlösser Sie fernhalten?“, fragte sie freundlich.
„Nein, meine Liebe, ich habe die Schlüssel.“ Er unterdrückte ein Lächeln, nickte ihr zum Abschied zu und wandte sich zum Gehen.
„Jack?“ Beim leisen Klang ihrer Stimme drehte er sich fra- gend um. Sie lehnte an der Tür und lächelte ein wenig zaghaft. „Wollen Sie mir keinen Abschiedskuss geben?“
Die Einladung erstaunte ihn, aber das bewies nur, wie gefähr- lich sie war.
„Nein“, erwiderte er freundlich und verbarg seine Belusti- gung.
Sie runzelte die Stirn.
Leise lachend wandte er sich ab und nahm sein Hemd von der Stuhllehne, wo er es hingelegt hatte. Beim Gehen zog er es über.
„Captain?“, rief sie ihm nach, und jetzt klang ihre Stimme nicht mehr ganz so sanft wie eben noch.
„Ja, meine Liebe?“, fragte er geduldig und schob sich das Hemd in die Hose.
„Ich will es wissen! Stimmt es? Waren Sie wirklich ein Pi- rat?“
„Aber Miss Farraday“, schalt er, und in seinen Augen funkelte es. „Sie müssen nicht alles glauben, was man sich erzählt.“ Er blinzelte ihr zu. „Ich bin sicher, ich habe die Kaperbriefe noch irgendwo hier herumliegen.“
Ihr stockte der Atem.
Mit einem Nicken wies er sie noch einmal darauf hin, sich in der Kabine einzuschließen.
Lächelnd gehorchte sie, und als er hörte, wie die Schlüssel herumgedreht wurden, lächelte auch er. Vielleicht konnten sei- ne Offiziere sich jetzt wieder ihrer Arbeit zuwenden – und Jack konnte wenigstens so tun, als würde das Leben an Bord der Winds of Fortune wieder seinen normalen Gang gehen.
7. KAPITEL
Ah, er war also früher ein Kaperfahrer!, dachte Eden, wäh- rend sie die Tür schloss. Warum hatte der Kerl das nicht einfach gleich gesagt? Zumindest war das ein einigermaßen legales Ge- schäft, anders als die Piraterie. In ihr keimte der Verdacht auf, dass er es genoss, wenn die Menschen das Schlimmste bei ihm vermuteten.
Und sie fragte sich auch, was einen Mann wohl dazu veran- lassen mochte, sieben eiserne Schlösser an seiner Tür anzubrin- gen – als fürchte er eine Meuterei. Aber dafür bestand keine Ge- fahr. Nach allem, was sie an Deck gesehen hatte, bewunderten seine Männer ihn rückhaltlos.
Eden selbst bewunderte ihn.
Sie ging hinüber zu der eingebauten Koje, die mehr als zwei Meter lang und beinahe ebenso tief war, und setzte sich müde auf die Matratze. Nun, dachte sie, während sie sich in dem schlich- ten Raum umsah, der Eigentümer von Knight Enterprises lebt nicht gerade wie ein König.
Offensichtlich war es nicht sein Ziel, ein luxuriöses Leben zu führen, denn sie sah keinerlei Anzeichen dafür, dass er sich ver- wöhnte. Wieder nahm sie ihren Teller auf und aß langsam weiter, wobei
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