Gaelen Foley - Knight 07
Kopf und ging an seine Arbeit zurück.
Schließlich betrat Jack das Krankenrevier und musterte sei- nen blinden Passagier bewundernd.
„Warum lächeln Sie?“, erkundigte sie sich und bedeutete ihm, leise zu sein, denn ihr Patient war eingeschlafen.
Ganz leicht legte Jack den Arm um ihre Schultern, beugte sich hinunter und küsste ihre Wange. „Nichts. Wie geht es Ihnen?“
Sie rieb sich das Genick, rümpfte ein wenig die Nase und lä-
chelte etwas schief. „Ich glaube, ich habe Hunger.“
„Machen Sie eine Pause. Martin oder Trahern werden da- für sorgen, dass man Ihnen aus der Kombüse etwas zu essen schickt.“
„Ich kann ihn nicht ...“
„Wenn es Sie beruhigt, werde ich weiter hier Wache halten. Gehen Sie. Sie sind den ganzen Tag hier gewesen.“
„Sind Sie sicher, dass es Ihnen nichts ausmacht?“
Sanft schob er sie zur Tür, fühlte, wie ihm bei ihrem Lächeln warm ums Herz wurde, und setzte sich dann auf den Stuhl, den sie neben Stockwells Koje gezogen hatte.
Etwa eine Stunde später kehrte sie zurück und brachte Tee für sie beide mit. Das abendliche Zwielicht war tiefer Dunkelheit gewichen, daher hatte Jack auf dem Tisch, der direkt neben sei- nem Stuhl stand, eine Laterne entzündet. Bei ihrem Erscheinen stand er auf, bot ihr den Platz an und berichtete ihr über den ereignislosen Verlauf seiner Wache. Gleich darauf saßen sie mit ihrem Tee am Tisch, während das Licht der Laterne herunterge- dreht wurde.
Stockwell schlief weiter.
„Sie hätten sich nicht bei Ballantine entschuldigen müssen“, meinte Jack und sah zu, wie sie ihren dampfend heißen Tee ge- noss. „Der Mann ist ein Grobian.“
„Selbst er verdient es, mit Respekt behandelt zu werden“, er- widerte sie lächelnd. „Außerdem dachte ich mir, ein wenig Dip- lomatie von meiner Seite würde Ihnen das Leben erleichtern – es hilft, den Frieden an Bord zu halten. Ich wollte keine Schwie- rigkeiten bereiten, Jack.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich bin nur froh, dass ich mit meinem Stich mein Ziel verfehlt habe, sonst hätte ich ihn vielleicht getötet. Es war reiner Zufall, dass ich nicht die Hauptschlagader in seinem Arm getroffen habe. Dann wäre er verblutet.“
„Er hätte Sie mühelos aufschlitzen können.“
Sie lächelte und zwinkerte ihm zu. „Nicht, solange Sie in der Nähe standen.“
Er freute sich über ihr Vertrauen in ihn, seufzte, lehnte sich dann langsam zurück und sah ihr in die Augen. „Vielleicht soll- ten wir beide noch einmal über das Vorhaben Ihres Vaters spre- chen. Diese Heilmittel. Sie sind sehr beeindruckend.“
„Ich weiß. Es läuft alles auf den Umstand hinaus, dass es Papa gelungen ist, das Vertrauen des Schamanen zu gewinnen.
Die Stämme teilen ihr Wissen nicht mit Außenstehenden, außer man kann sie von der eigenen Vertrauenswürdigkeit überzeu- gen. Und darin“, fügte sie hinzu, „liegt Papas Stärke.“
„Die Möglichkeiten dieser Mittel sind fantastisch. Fangen wir mal mit dem militärischen Nutzen an. England hat überall in den tropischen Zonen dieser Welt Truppen stehen. Indien zum Beispiel. Zwei meiner Cousins sind dort bei der Kavallerie, und die Fieber, die durch alle Ränge fegen, dezimieren ihre Kräfte nach jedem Monsun. Und dann Westindien, das Mittelmeer, die tropischen Gegenden des australischen Kontinents. Selbst die südlichen Teile Amerikas werden vom Sumpffieber geplagt. Wis- sen Sie, wie viele Nationen viel Geld bezahlen würden, um ihre Truppen am Leben zu erhalten?“
„Jack, der Sinn unserer Heilmittel ist es nicht, die Chancen im Krieg zu verbessern. Sie sollen Leben retten, nicht nehmen. Au- ßerdem sind sie unverkäuflich.“
„Was?“
„Es wäre ein Fehler, sie zu horten, wenn Menschen sterben. Diese Heilmittel gehören der gesamten Menschheit. Meine Güte, ich rede schon wie Papa.“
„Eden“, flüsterte Jack und betrachtete nachdenklich ihr Ge- sicht. „Diese Welt ist kein guter Ort für Idealisten. Sie müssen sich um Ihre eigenen Interessen kümmern, denn das wird nie- mand sonst für sie tun.“
Ihre Miene war ernst, als sie über seine Worte nachdachte, dann sah sie Peter Stockwell an.
Jack nahm noch einen Schluck Tee. „Sagen Sie mir, woran Ihr Vater noch arbeitet.“
Sie lachte spöttisch bei seiner Frage. „Als ich das letzte Mal mit ihm sprach, wollte er zum Amazonas. Deswegen konnte ich unmöglich bleiben.“
„Zum Amazonas?“, wiederholte Jack verblüfft. Dann sah er sie entsetzt an. „Wie, nur Sie
Weitere Kostenlose Bücher