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Gai-Jin

Gai-Jin

Titel: Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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gefangen und unter seinem Bann, »und ich bin der Meinung, ich war wirklich schon immer der Meinung, wir sollten Verbündete sein, Frankreich und England, statt Feinde, und…« Die Shoji wurde zur Seite geschoben. Raiko, auf den Knien liegend, winkte Tyrer. Sein Herz klopfte.
    André lächelte. »Du brauchst ihr nur zu folgen. Und vergiß nicht, was ich dir gesagt habe.«
    Wie im Traum erhob sich Phillip ein wenig unsicher und folgte ihr einen Korridor entlang in ein Zimmer, in das sie ihn hineinwinkte, um dann die Shoji zu schließen und ihn allein zu lassen.
    Eine Öllampe mit Schirm. Eine wärmende Holzkohlenpfanne. Schatten, Dunkelheit und Lichtflecken. Auf dem Fußboden waren Futons – kleine, rechteckige Matratzen – als Bett ausgelegt, als Bett für zwei. Daunenweiche Bettdecken. Zwei yokatas, gemusterte Baumwollgewänder mit weiten Ärmeln, die zum Schlafen gedacht waren. Durch eine kleine Tür sah er ein Badehaus, von Kerzen erleuchtet, die hohe Holzwanne mit dampfend heißem Wasser gefüllt. Süß duftende Seife. Ein niedriger, dreibeiniger Hocker. Winzige Handtücher. Alles genau so, wie André es vorausgesagt hatte.
    Sein Herz schlug jetzt wie rasend, und er zwang seinen Verstand, sich trotz des Sakénebels an Andrés Instruktionen zu erinnern.
    Methodisch begann er sich zu entkleiden. Rock, Weste, Krawatte, Hemd, wollenes Unterhemd: jedes Kleidungsstück sorgsam gefaltet und voll Nervosität auf einen Stapel gelegt. Unbeholfen setzte er sich, zog seine Socken aus, unter Zögern auch seine Hose, und stand wieder auf. Nur die lange, wollene Unterhose behielt er an. Er schwankte ein wenig, zuckte verlegen die Achseln, zog sie ebenfalls aus und faltete sie noch gewissenhafter. Als er ins Badehaus hinüberging, war sein Körper von einer Gänsehaut überzogen.
    Dort schöpfte er, wie André es ihm erklärt hatte, Wasser aus dem Faß und goß es sich über die Schultern. Ein wunderbares, warmes Gefühl. Noch einmal, dann hörte er, wie die Shoji geöffnet wurden, und blickte sich um. »Allmächtiger!« murmelte er entsetzt.
    Die Frau war muskulös, mit überdimensionalen Unterarmen, ihr Yokata kurz, darunter nichts als ein Lendentuch. Mit ausdruckslosem Lächeln kam sie energisch auf ihn zu und winkte ihm, er möge auf dem Hocker Platz nehmen. In abgrundtiefer Verlegenheit gehorchte er. Sofort entdeckte sie die heilende Narbe an seinem Arm, sog den Atem ein und sagte etwas, das er nicht verstand.
    Er zwang sich zu einem Lächeln. »Tokaidō.«
    »Wakarimasu.« Ich verstehe. Dann schöpfte sie ihm, bevor er sie daran hindern konnte, unerwarteterweise Wasser über den Kopf und begann ihn einzuseifen. Zunächst wusch sie sein langes Haar, dann seinen Körper – mit harten, geschickten, unbarmherzigen Fingern, die seinen Arm jedoch behutsam schonten –, Arme, Beine, hinten, vorn. Dann offerierte sie ihm das Tuch und deutete zwischen seine Beine. Immer noch im Schock reinigte er sich auch dort und reichte ihr stumm das Tuch zurück. »Danke«, murmelte er dabei. »Ach, tut mir leid, domo.«
    Ein weiterer Wasserguß entfernte die Seifenreste; dann deutete sie auf die Wanne. »Dozo!« Bitte.
    André hatte es ihm erklärt: »Vergessen Sie nicht, Phillip, daß Sie sich, anders als bei uns, waschen und reinigen müssen, bevor Sie in die Wanne steigen, damit auch andere noch dasselbe Wasser benutzen können – eine sehr vernünftige Einstellung, wenn man bedenkt, daß Holz sehr teuer ist und es sehr lange dauert, bis genügend Wasser heiß ist –, also pinkeln Sie nicht hinein, und betrachten Sie die Frau im Badehaus nicht als Frau, sondern als Helferin. Sie reinigt Sie erst von außen und dann von innen, ja?«
    Tyrer ließ sich in die Wanne hinab. Das Wasser war heiß, aber nicht zu heiß, und er schloß die Augen, weil er nicht zusehen wollte, wie die Frau das Bad aufräumte. Himmel, dachte er bedrückt, ich werde nie in der Lage sein, mit ihr zu schlafen. André hat einen Riesenfehler gemacht.
    »Aber… nun ja, ich, äh, weiß nicht, wieviel ich, äh, bezahlen muß, oder ob ich dem Mädchen zuerst das Geld geben muß, oder was?«
    »Mon Dieu, Sie sollten niemals einem Mädchen tatsächlich Geld geben, denn das wäre der Gipfel der Unhöflichkeit. Doch mit der Mama-san können Sie von Herzen handeln, zuweilen auch mit dem Mädchen selbst, aber nur nach dem Tee und dem Saké. Bevor Sie gehen, legen Sie die Summe diskret an eine Stelle, an der sie sie sehen muß. Im Haus ›Zu den drei Karpfen‹ bezahlen Sie

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