Gai-Jin
würde, Angeboten noch offen. Er hatte seinen Bankier angewiesen, diskret ein solches Angebot zu machen.
Pereira sollte ihn vertreten. Als er gestern nacht von Maureen gehört hatte, daß Jamies neue Büros verbrannt waren, hatte er vorgehabt, Jamie als Stellvertreter einzusetzen, doch zu seiner Überraschung hatte Jamie das heute nachmittag dankend abgelehnt und gesagt, er wolle lieber sein eigenes Geschäft wieder neu aufbauen. Jamie wäre ein weiterer Stachel, dachte er. Macht nichts, Jamie wird für mich übernehmen, wenn das alles Rothwell-Gornt ist. Verstohlen tastete er in seine Tasche.
Norberts Chop war da und auch die beiden rückdatierten Briefe für Tess. Sein Geldgürtel war schwer; er enthielt mehr als genug Silber-Mex und Gold für seine Auslagen. Gut, alles erledigt.
Und nun zu Angélique.
»Hallo, Edward«, sagte sie mit herzlichem Lächeln. Sie empfing ihn zum erstenmal in ihrem Boudoir im Obergeschoß. Ah Soh stand neben einem Weinkühler, und er bemerkte, daß die Tür zum Schlafzimmer geschlossen war. Die Vorhänge waren zugezogen, obwohl es noch nicht völlig dunkel war, die Öllampen brannten. Der Raum wirkte einladend, ihr Verhalten aber war spröde und seltsam.
»Zur Abwechslung einmal Weißwein«, sagte sie freundlich. »Ladoucette. Bourbon, wenn Sie wollen.«
»Wein, bitte, Ma’am. Sie haben nie besser ausgesehen.«
»Sie auch nicht, mein Freund. Bitte, setzen Sie sich hierher, ans Feuer.« Ihr blauschwarzes Trauerkleid war neu, der Schnitt betonte ihre Figur, der eckige Ausschnitt war dezent. Doch zu seinem und ihrem Vergnügen hatte sie sich einen bunten Seidenschal um die Schultern gelegt, dessen Wirkung verblüffend war, ein Frühlingshauch an diesem Januartag. »Wein, Ah Soh«, befahl sie, und als sie die Gläser hatten: »Warte draußen! Ich wollen, ich rufen!« Die Dienerin schlurfte hinaus und schlug achtlos die Tür hinter sich zu.
Leise flüsterte Gornt: »Sie wird an der Tür lauschen.«
Angélique lachte. »Um Geheimnisse zu hören? Welche Geheimnisse könnte es zwischen uns geben? Auf eine sichere Reise, Edward!« Sie trank und stellte ihr Glas ab. »Haben Sie alles gepackt?«
»Ja, ja, habe ich. Sie sehen wunderbar aus, und ich liebe Sie und hätte gern eine Antwort auf meine Frage.«
Sie öffnete ihren Fächer und begann ihn zu benutzen, wie eine junge Dame es bei einem in Frage kommenden Mann – die beide von zweifelhaftem Ruf waren – tun sollte, nämlich um zu reizen, zu flirten, zu versprechen und nicht zu versprechen, Antworten zu geben oder nicht zu geben auf Fragen, die zu gefährlich waren, um sie offen zur Kenntnis zu nehmen.
Der Fächer flatterte. »Ich bewundere Sie sehr, Edward.«
»Nicht mehr, als ich Sie bewundere. Aber: Ja oder nein?«
Der Fächer schnappte zu. Dann lächelte sie und öffnete eine Schachtel auf der Kommode, nahm einen Umschlag heraus und überreichte ihn ihm. Er war an Mrs. Tess Struan adressiert. »Bitte, lesen Sie den Brief. Ich werde ihn durch Hoag nach Hongkong schicken, als Antwort auf ihren Brief.«
Sehr geehrte Mrs. Struan,
danke für Ihren Brief und Ihre Großzügigkeit. Ich stimme allem zu, was Sie verlangt haben. Ich schwöre feierlich, auf sämtliche Ansprüche auf das Vermögen Ihres Sohnes zu verzichten. Ich bin bereit, nie wieder den Titel Mrs. Struan zu benutzen. Ich räume ein, daß ich katholisch bin und nach den Vorschriften meiner Kirche nie verheiratet war. Ich bin einverstanden, nie wieder Hongkonger Boden zu betreten, es sei denn, um das Schiff zu wechseln. Ich werde auch nie versuchen, mit Ihnen oder einem Mitglied Ihrer Familie Kontakt aufzunehmen. Ich bin bereit, binnen einer Woche aus diesem Gebäude auszuziehen, und nehme mit aufrichtigem Dank das Angebot eines Einkommens von zweitausend Guineas jährlich bis zu meinem Tode an.
Der Platz für ihre Unterschrift war leer. Darunter stand: Unterschrift als echt bestätigt durch Sir William Aylesbury, Gesandter in Japan. Darunter war Platz für seine Unterschrift und das Datum frei.
Gornt sah auf. »Das kann nicht Ihr Ernst sein.«
»Haben Sie mir nicht geraten, ihre Bedingungen zu akzeptieren?«
»Ja, aber mit Kompromissen. Nach neuen Verhandlungen.«
»Ach ja, daran erinnere ich mich. Wenn Sie einverstanden sind, werde ich Sir William bitten, den Brief jetzt zu beglaubigen, vor Ihrer Abreise. Dr. Hoag hat versprochen, ihn heute abend mit auf das Schiff zu nehmen, so daß er da ist, wenn Sie ankommen.«
»Aber Sie wissen doch sicher, daß Sie Tess
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