GALAN - Die Seelenwanderin (GALAN-Saga) (German Edition)
Herrscher dem Feind ausgeliefert war. Netan würde versuchen, diesen Anspruch geltend zu machen. Krena, Versons Frau, hatte vorübergehend die Herrschaft ihres Mannes angetreten, zumindest so lange, bis sich ein männlicher Nachfolger fand. Narissa wurde trotz der großen Sorge nicht als Thronfolgerin akzeptiert. Nach dem Tod ihres Vaters wäre sie die rechtmäßige Herrscherin, aber das Volk hasste sie. Als die Bürger erfuhren, dass Narissa das Amt übernehmen sollte, kam es zu Protestkundgebungen. Aus ganz
Nalada eilten die aufgebrachten Bürger herbei, um dagegen zu demonstrieren. Narissa blieb deshalb nichts anderes übrig, als die Herrschaft, die ihr rechtmäßig zustand, an ihre Mutter abzutreten. Jeder konnte sich vorstellen, wie sie vor Wut schäumte. Es wäre natürlich alles anders gekommen, wenn Jeremia nicht gefangen genommen worden wäre, denn dann hätte das Volk Narissa akzeptiert, aber nur an der Seite von Jeremia Nahal. Durch die Hochzeit wäre er Herrscher geworden, und Narissa hätte ihre Launen nicht am Volk auslassen können.
Jeremia wurde von dem Volk sehr verehrt. Glorreiche Geschichten über ihn wurden im ganzen Territorium erzählt, auch wenn sie ihn nie zuvor gesehen hatten. Sie kannten seinen Sinn für Gerechtigkeit gegenüber jedem Menschen. Er war ein tapferer Krieger und setzte sich für sein Volk ein. Das gefiel den Bürgern. Verson hatte in der Vergangenheit sehr viele falsche Entscheidungen getroffen, da seine Tochter ihn immer wieder dazu verleitete, ihren Willen durchzusetzen. Ihre vielen Wünsche gingen immer zu Laster der Bürger. Dies hieß aber nicht, dass die Bürger Verson nicht geschätzt hatten. Er war jahrzehntelang ein guter und gerechter Herrscher. Dann kam Narissa zur Welt, von diesem Zeitpunkt veränderte sich einiges.
Dazu kam noch, dass einige feindliche Krieger von Netan Nalada nicht verlassen hatten. In der letzten Nacht griffen sie hinterhältig ein Dorf in der Nähe der Hauptstadt an.
Gerrit und seine Männer wollten gerade nach Capan aufbrechen, als sie die Rauchwolken am Himmel entdeckten. Daraufhin eilte Gerrit mit seiner Truppe, darunter auch meine Brüder, in das Dorf, und sie lieferten sich eine blutige Schlacht mit den Aggressoren. Sie kämpften bis keiner der Capitaner mehr am Leben war. Zum Glück konnten sie durch ihr rasches Eingreifen das Schlimmste verhindern. Keiner der Dorfbewohner kam ums Leben, denn die meisten waren schon in die Hauptstadt geflüchtet und die Wenigen, die dort geblieben waren, hatten sich verstecken können, bevor die Capitaner angriffen. Theran wurde mit einer blutigen Fleischwunde nach Caska zurückgebracht, die sofort verarztet wurde. Die Restlichen von ihnen hatten Kratzer und Schürfwunden, aber sie lebten noch, und das war das Wichtigste.
Als meine Seele sie am gestrigen Nachmittag erreichte, traf ich sie im Palast an. Sie saßen am Runden Tisch und berichteten von dem, was geschehen war. Dadurch erfuhr ich, dass sie nun planten, sich direkt bei Tagesanbruch auf den Weg nach Grasan zu machen, um die Gefangenen dort zu befreien. Sie ließen sich erschöpft in ihre Stühle zurückfallen. Ihre Kraftlosigkeit war nicht nur an ihrer Haltung zu erkennen, sondern auch in ihren Gesichtern spiegelten sich die schweren, letzten Tage wider.
Sie fehlten mir so sehr.
„Gerrit, glaubst du, sie leben noch?", fragte Jazem müde.
„Ich hoffe es, mein Freund, ich hoffe es so sehr", räusperte Gerrit traurig.
„Der Krieg hat sein wahres, grausames Gesicht gezeigt. Diese Bestien sind kaltblütig grausam. Sie töten jeden, und wenn Netan wirklich die Herrschaft über ganz Galan erringen sollte, sind wir alle verdammt. Ich hoffe inständig, dass Jeremia noch lebt und natürlich auch euer Bruder und die zwei Krieger. Wer könnte uns so anführen, wie Jeremia es tut? Er hat Stärke und Mut. Ich brauche ihn einfach. Er ist nicht nur mein bester Freund, sondern ein Herrscher von wahrer Größe. Er kann uns aus diesem Krieg führen", erklärte Gerrit.
Alle nickten, denn sie wussten genau, was er meinte.
Am liebsten hätte ich ihnen gesagt, dass Jeremia und mein Bruder Casper lebten und dass Hilfe meinerseits nahte. Dass sie die Hoffnung niemals aufgeben sollten.
Ein lautes Scheppern und schrilles Geschrei war zu hören. Es kam aus den oberen Stockwerken.
„Was hat sie jetzt schon wieder angestellt?", erkundigte sich Gerrit bei den Kriegern.
Auch wenn er den Namen nicht genannt hatte, wusste ich, dass es sich um Narissa handelte.
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