GALAN - Die Seelenwanderin (GALAN-Saga) (German Edition)
hätte, aber ich weiß auch, dass er es für mein Wohlergehen getan hat und es mir deswegen verheimlicht hat. Jedenfalls will Netan ihn erpressen. Er droht mich zu töten, falls mein Vater ihm nicht Cavalan überlässt. Nun habe ich die Befürchtung, dass er sich dadurch die Entscheidung schwer macht, denn er darf nicht mich über das Wohlergehen unseres Volkes stellen."
Jeremia schluckte schwer, bevor er fortfuhr. „Mein Vater ist ein gerechter Herrscher, und er darf sich, egal wie sehr es schmerzt, niemals auf so eine Erpressung einlassen. Aber da ich nun weiß, dass Netan ihm fast alles genommen hat, könnte es sein, dass er mich schützen möchte und dadurch die falsche
Entscheidung treffen wird. Netan darf Cavalan nicht bekommen. Ich will lieber sterben, bevor unser Volk unter eine Schreckensherrschaft fällt. Finde einen Weg, meinem Vater dies zu sagen! Isma, komm nicht hierher, bitte geh zu meinem Vater und helfe ihm!"
Wieder antwortete Isma mit einer Berührung, die nicht mehr als ein Luftzug war, aber sie streifte diesmal seine Lippen.
„Ich liebe dich, und ich würde dich am liebsten in meinen Armen halten, aber du darfst nicht hierher kommen. Du darfst dich nicht unnötig in Gefahr bringen. Ich werde schon bei dem Gedanken wahnsinnig, dir könnte etwas passieren. Bleib fern, bitte!" Seine Bitte wirkte flehender denn je.
Dann war sie weg.
Er spürte sie nicht mehr und wünschte sich, dass die Götter barmherzig waren und ihn lieber hier unten sterben ließen, als durch Netans Hände.
Hatte er schon aufgegeben? Er war doch ein Krieger, ein Kämpfer. Seine Wut und der Hass auf Netan mussten seinen Willen stärken, sich zu wiedersetzen und nicht aufzugeben. Aber momentan verspürte er nur starke Trauer. Er musste sich wieder aufrappeln, schon für sein Volk und für seine große Liebe. Sie hatte ihn nicht aufgegeben. Wenn sie kämpfte, konnte er es doch auch, aber jetzt war er müde. Er wollte ein wenig ausruhen, glitt in einen unruhigen Schlaf. Zermürbende Erinnerungen an seine Familie, an seine Kindheit und immer wieder Bilder, die den gewaltsamen Tod zeigten, den Tod seiner kleinen Schwester und seiner geliebten Mutter, die er viel zu kurz gekannt hatte, erschienen vor seinem inneren Auge. Würde er ihnen bald folgen?
Ich war erschrocken über den Zustand, in dem Jeremia sich befand. Seine stillen Hilfeschreie hallten in meiner Seele nach. Nicht das, was er sagte, sondern das, was aus seinem Herzen kam. Wie sehr er litt.
Dieser feuchte, modrige, dunkle Kerker war die Hölle. Er wirkte so kraftlos und erschöpft. Ich schrie und versuchte ihn mit meinen Berührungen zu beruhigen, aber es ging nicht. Er wollte nicht, dass ich nach Grasan kam, aber das konnte er nicht von mir erwarten. Ich würde kommen und kämpfen.
Kurz später befand ich mich bei Jason, der gerade mit seinen Schwestern im Freien auf einer Bank saß. Ich fragte mich, warum sie hier unten waren und nicht eingesperrt in ihrem Zimmer. Ich versuchte den flüchtigen Gedanken, der sich in einem kleinen Winkel meines Kopfes festsetzte, zu vertreiben. Hatte Gerrit die Wahrheit gesprochen? Konnte es eine Falle sein?
Nein, so etwas durfte ich einfach nicht denken. Ich hatte Jasons Gefühle und Aufrichtigkeit gespürt. Ich konzentrierte mich auf ihn und ging in seinen Körper. „Jason, ich muss mit dir reden“, bekundete ich kurz und bündig.
Viel Zeit hatten wir nicht mehr. Jason hielt abrupt inne und bat seine Schwestern wieder auf ihr Zimmer zu gehen, was sie auch taten „Gut, dass du hier bist. Ich muss dir dringend etwas erzählen. Es geht um Jeremia.“
„Ich weiß Bescheid. Ich war gerade bei ihm. Es geht ihm nicht gut. Er gibt auf, Jason und das bricht mir das Herz. Ich wollte ihm sagen, dass wir ihn bald retten werden, aber ich kann nicht mit ihm reden. Bitte schicke Syria zu ihm, damit er nicht aufgibt!“
„Syria darf nicht zu Jeremia.“
Was sollte das heißen? Es musste ihm doch jemand sagen, dass es bald vorbei war. Wenn nicht Syria, wer dann?
„Warum darf sie nicht zu ihm?“
„Das wollte ich dir gerade erzählen. Es ist etwas Bedeutendes passiert, oder besser gesagt, ich habe etwas Wichtiges erfahren.“
„Erzähle schon“, flehte ich, denn meine Neugier stieg.
„Ich habe dir erzählt, dass Syria als Kind verschleppt wurde, und dass sie sich an nichts mehr erinnert.“
Ich verstand nicht, auf was er hinaus wollte. „Und was hat das mit Jeremia zu tun?“, fragte ich ungeduldig.
„Ich versuche es dir zu
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