GALAN - Die Seelenwanderin (GALAN-Saga) (German Edition)
schaute Jason mit großen, traurigen Augen an.
„Sie werden immer bei uns sein", bemerkte Jason tröstend.
„Was wirst du tun, Jason?", nuschelte Julien total eingeschüchtert mit kaum hörbarer Stimme. „Wirst du dem Anführer helfen?"
„Hab ich eine Wahl? Ich weiß nicht, was ich auf meinen Wanderungen sehen werde. Wir müssen abwarten."
Plötzlich flog die Tür auf. Sie erschraken und ein Diener kam mit einem Tablett herein, auf dem drei Teller und ein Wasserkrug standen. „Hier, nicht dass ihr noch verhungert und wir mit euch nichts anfangen können." Er stellte das Tablett auf dem Bett ab. „Ich weiß ja nicht, was ihr Würmer so esst!" Er lachte laut auf und knallte die Tür hinter sich zu. Auf den Tellern lag ein grünlicher, stinkender Brei. Jason nahm den Krug mit Wasser und reichte ihn seinen Schwestern, damit sie etwas tranken.
Sie legten sich danach erschöpft ins karge Bett. Jason versuchte, die beiden Mädchen zu trösten, aber es war sehr schwer, denn sie beweinten den Tod ihrer Eltern und die missliche Lage. Irgendwann schliefen sie eng umschlungen ein. Die Stunden vergingen und Jason fiel vor Erschöpfung in einen unruhigen Schlaf. Albträume quälten ihn Mitten in der Nacht wachte er schweißgebadet auf. Er lag in diesem dunklen Zimmer und starrte ins Nichts. Er fühlte sich so leer und hilflos. Er hielt beide Hände vor sein Gesicht und jammerte. Er versuchte leise zu sein, weil er seine Schwestern nicht wecken wollte. Er weinte um seine Eltern. Er weinte um sein Volk. Er weinte um Galan. Er weinte aus Wut und aus Hass. Danach überkam ihn Hilflosigkeit, die noch schlimmer war, als die Trauer und die Wut.
Was sollte er tun?
Nachdem er stundenlang gegrübelt hatte, war er zu keinem Resultat gekommen. Er lag still da, und er fühlte sich völlig verloren. Bei jedem Geräusch fuhr er zusammen, aus Angst, dass jemand ins Zimmer kommen könnte, um ihn zu holen. Allmählich nahm er seine körperlichen Schmerzen wahr. Seine Nase fühlte sich gebrochen an, und am ganzen Körper entdeckte er Abschürfungen und Kratzer, und seine Kehle brannte vor Durst.
Müdigkeit übermannte ihn wieder, doch seine Seele sollte bei ihm bleiben. Er schlief ein, aber es war kein tiefer Schlaf.
Am nächsten Abend wurde er in einen großen Saal geführt, zu Netan, der auf seinem Thron saß.
„Heute Nacht wird deine Seele sich auf die Suche nach Je-remia machen. Du wirst herausfinden, was er vorhat und wo er sich befindet. Ich erwarte Informationen, und Jason, das ist ein Befehl. Denk an deine Schwestern! Im Moment lasse ich sie noch bei dir, aber das kann ich jederzeit ändern. Enttäusche mich nicht."
Und so kam es, dass er in dieser Nacht Jeremia in Kalander fand. Was er aber nicht erwartet hatte, dass er ein Mädchen treffen würde, die auch seine Gabe besaß. Er hatte sie sofort entdeckt. Sie war die einzige Frau im Saal, dazu einfach gekleidet, und das machte ihn stutzig. Sie passte nicht zu den festlich angezogenen Kriegern und Gesandten. Und plötzlich durchquerte sie den Saal und lief durch die Männer hindurch. Genau wie er es schon mehrere Male gemacht hatte. Eigentlich wollte er nicht, dass sie ihn sah. Aber er konnte nicht die Augen von ihr lassen und beobachtete sie. Was hatte sie vor, und wer war sie? Was sollte er jetzt tun?
In wenigen Stunden, wenn der Morgen graute, würde Netan alles wissen wollen. Er war hin und her gerissen, denn wenn er Jeremia und das Mädchen verriet, würde Netan die beiden jagen und töten. Vielleicht war Jeremia seine einzige Hoffnung, dass dieser Krieg schnell ein Ende fand und er wieder nach Hause konnte. Wenn Netan Jeremia so schnell wie möglich töten wollte, dann musste dieser Nahal eine ernste Bedrohung für Netan sein.
Er stand auf, trank einen großen Schluck Wasser aus dem Krug. Seine Kehle brannte wie Feuer. Dann setzte er sich ans Fenster und starrte in die Ferne. Der Morgen würde kommen, und er musste eine Entscheidung treffen.
11. Kapitel
Kaum zeichnete sich das erste, gedämpfte Morgenlicht am Himmel ab, konnte ich es nicht mehr aushalten. Ich musste mit meiner Mutter sprechen. Die halbe Nacht, die ich wartend auf dem Stuhl vor dem Fenster verbracht hatte, hatte mich zu einem Entschluss durchringen lassen. Viel Zeit blieb nicht. Die Tatsache, dass Netan auch einen Seelenwanderer hatte, führte dazu, dass ich schnell handeln musste.
Fertig angezogen band ich mein langes Haar zu einem Knoten zusammen. Weil ich meine Brüder nicht wecken wollte,
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