GALAN - Die Seelenwanderin (GALAN-Saga) (German Edition)
Frauengestalt genauer. Ihre langen, honigfarbenen Haare waren zu einem langen Zopf geflochten. Ihre Haut wirkte so blass, als ob sie nie die Sonne gesehen hätte. Als er ihre Ohren erblickte, wusste er, aus welchem Territorium sie stammen musste. Urplötzlich wurde ihm bewusst, dass er sie intensiv angestarrt hatte. Verlegen strich er sich durch sein Haar und räusperte sich entschuldigend. „Darf ich deinen Namen erfahren?", fragte er höflich.
Langsam hob sie den Kopf und blickte ihn direkt an. Ihre Augen hatten das gleiche helle Braun wie ihr Haar. Ihr Gesicht wirkte müde und kränklich. „Syria", seufzte sie schüchtern.
„Mein Name ist Jason. Es ist nett, dich kennen zu lernen."
Sie nickte wieder. Sie wirkte verängstigt.
Jason vermutete, dass es ihr nicht erlaubt war, mit ihm und seinen Schwestern zu sprechen.
Verlegen trat sie von einem Fuß auf den anderen. „Ich muss jetzt gehen. Heute Abend komme ich wieder und bringe euch das Essen", dabei drehte sie sich um und schritt zurück zur Tür, die sie leise hinter sich zuzog.
Jason erkannte, dass nicht nur seinen Schwestern und ihm etwas Schlimmes widerfahren war, sondern auch diesem Mädchen namens Syria. Er fragte sich, ob sie ganz alleine unter den Capitanern lebte. Seine Schwestern hatten ihn. Wie schlimm musste es sein, wenn man ganz alleine war? Er hatte Mitleid mit dieser jungen Frau. Vielleicht gab es noch weitere Gefangene, die er nur noch nicht zu Gesicht bekommen hatte.
Er weckte vorsichtig seine beiden Schwestern, indem er Elena sanft über das Gesicht strich. „Aufwachen, Elena."
Sie bewegte sich, bevor sie langsam die Augen öffnete. Sie wirkte orientierungslos. „Jason, wo sind wir?", fragte sie verängstigt.
„Elena, wir sind in Grasan, im Territorium Capan. Es wird Zeit, dass du aufstehst. Wir haben etwas zu essen bekommen. Du hast seit zwei Tagen nichts mehr gegessen. Wir haben Brot und Haferschleim. Komm steh auf."
„Jason, was ist mit deinem Gesicht passiert?" Elena sprang auf und umarmte ihn. „Was haben die Bösen dir angetan?"
„Schsch, Elena. Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht. Bitte, mach dir keine Sorgen." Sanft streichelte er ihr über den Rücken. „Es wird alles wieder gut."
Langsam löste sie sich von ihm und als sie das Essen sah, grummelte ihr Magen.
Jason ging auf die andere Seite des Bettes und weckte auf die gleiche Weise Julien. „Wach auf, Julien. Ich habe etwas zu essen für dich."
Sie schlug die Augen auf und schaute Jason an. „Wie geht es deinem Gesicht?" Sie legte vorsichtig die Hand auf die Wunde.
„Es geht schon besser. Ich habe dir gesagt, dass alles wieder gut wird. Komm, es gibt auch saubere Kleidung!"
Jason holte das Tablett mit dem Essen und stellte es aufs Bett. Julien und Elena nahmen sich Brot und Haferbrei. Es beruhigte ihn, dass die beiden endlich etwas zu essen bekamen. Nach dem leckeren Schmaus wuschen sie sich mit dem frischen Wasser und zogen die saubere Kleidung an. Derweilen aß Jason die Reste und letzten Krümel auf, die noch übrig geblieben waren. Es war nicht viel, und er wurde auch nicht satt, aber es war besser als nichts.
Nach dem Essen reinigte er seine Wunde im Gesicht so gut es ging und zog die saubere, viel zu große Hose an, die ihm gebracht worden war. Mit einem Seil, das er sich um die Hüften band, konnte er die Hose vor dem Rutschen bewahren.
Julien und Elena durften das Zimmer nicht verlassen. Es war wie ein Gefängnis, aber nur hier waren sie einigermaßen sicher. Sein Herz krampfte, so tapfer waren beide. So viel Schmerz hatten sie erdulden müssen, und nun wollten sie für ihn stark sein.
Er ging hinüber ans Bett und setzte sich zu ihnen. „Damit meine Seele auf Wanderschaft gehen kann, werde ich mich eine Weile hinlegen müssen. Netan hat es befohlen. Ich bitte euch, dass ihr bei mir bleibt und auf mich Acht gebt. Würdet ihr das für mich tun?", fragte er.
„Natürlich", antwortete Elena. „Mach dir keine Sorgen."
Er legte sich aufs Bett und schloss seine Augen. Die andere Seelenwanderin kam ihm in den Sinn, auf die er in der Nacht bei Jeremia gestoßen war. Lange lag er so da, bis sich endlich seine Seele von seinem Körper löste. Jason brauchte dafür nicht zu schlafen. Er hatte lange dafür geübt, er musste sich nur kon-zentrieren, und schon löste sich seine Seele von seinem Körper und ging auf Reisen.
Er fand sich auf einem riesigen Marktplatz wieder. Etwas weiter von ihm entfernt stand die andere Seelenwanderin. Sie
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