Galaxis Science Fiction Bd. 03
blicklos ins Leere. Seine Gedanken kreisten um ein Problem, von dem er nicht wußte, ob es tatsächlich war, oder ob er es sich nur einbildete.
Wann wird eine Wissenschaft zur Kunst? Oder umgekehrt: Wann wird eine Kunst zur Wissenschaft?
AM nächsten Tag erwischte es Aram. Er bekam Charlie, die gleiche Angstpsychose, der auch Weigarth zum Opfer gefallen war. Natürlich gab es für diesen Koller auch einen komplizierten lateinischen Namen, aber nur wenige kannten ihn, und noch weniger konnten ihn aussprechen. Das Wort stammte aus einem der alten, fast vergessenen Kriege, in denen der Heck-schütze der großen Bombenflugzeuge – Spitzname: Charlie – so lange an die schwere Bombenlast und an die Tausende von Litern hochexplosiven Treibstoffs dachte, die hinter der Wand des Glaskäfigs lagerten, in dem er sich befand, bis es ihn auf einmal packte und er schreiend und tobend gegen die Wände seines Gefängnisses zu hämmern begann.
Die Art, wie Aram überschnappte, war charakteristisch für die erste Stufe der Krankheit. Er saß neben Nilsen in der Messe und verzehrte ruhig seine Mahlzeit. Dann – wortlos und ohne im geringsten seinen Gesichtsausdruck zu verändern – schob er seinen Teller von sich, stand langsam auf und raste plötzlich los. Nilsen versuchte noch, ihm ein Bein zu stellen, aber er kam zu spät. Aram schoß durch die Tür wie ein Hase, hinter dem eine Hundemeute her ist, und raste den Gang hinunter geradeswegs auf die Luftschleuse zu.
Nilsen sprang auf und spurtete hinter ihm her. Kinrade folgte ihm auf dem Fuße. Bertelli, der ebenfalls beim Essen war, blieb sitzen – die halb erhobene Gabel in einer erstarrten Hand. Er spitzte seine großen Ohren und lauschte auf jedes Geräusch, das von draußen hereinkam.
Sie erwischten Aram, als er sich wie wahnsinnig mit dem Handrad abmühte, das die Schleuse öffnete. Er drehte allerdings nach der falschen Seite, aber auch so hätten sie ihn noch rechtzeitig erreicht. Sein schmales Gesicht war totenbleich. Er keuchte vor Anstrengung.
Nilsen riß ihn an einer Schulter zu sich herum und schlug ihm die geballte Faust unter das Kinn. Nilsen war ein muskulöser Bursche, und hinter dem Schlag steckte eine gewaltige Kraft. Aram schlitterte den Gang hinunter und knallte bewußtlos gegen eine Wand. Nilsen rieb sich die Knöchel und knurrte dabei ein paar unverständliche Worte vor sich hin. Dann sah er nach, ob die Schleuse noch fest geschlossen war.
Er griff sich die Fülle seines Opfers, und Kinrade parkte Aram unter den Achseln. Sie hoben ihn auf und schleppten ihn in seine kleine Kabine, wo sie ihn. behutsam niederlegten. Nilsen hielt Wache, während Kinrade eine Spritze mit einem Betäubungsmittel holte, die Aram für die nächsten zwölf Stunden ungefährlich machen würde. Das war die einzige bekannte Kur gegen den Raumkoller – ein erzwungener Schlaf, während dem das überanstrengte Gehirn sich ausruhen und die strapazierten Nerven sich erholen konnten.
Dann gingen beide zur Messe zurück und setzten ihre unterbrochene Mahlzeit fort. Eine Zeitlang kauten sie schweigend, bis Nilsen sagte: »Gottlob hat er nicht daran gedacht, sich eine Waffe zu besorgen.«
Kinrade nickte wortlos. Er wußte, worauf Nilsen anspielte. Weigarth hatte damals versucht, sich die anderen mit einem Revolver vom Halse zu halten, wahrend er seine Flucht in eine falsche Freiheit vorbereitete. Ohne eigenes Blut zu vergießen, hätten sie ihn nicht überwältigen können. Deshalb hatten sie ihn rücksichtslos niederschießen müssen, bevor er die Schleuse aufbekommen hatte und es für alle zu spät gewesen wäre, Weigarth war der erste auf ihrer Verlustliste gewesen. Sie waren damals noch keine zwanzig Monate unterwegs.
Jetzt aber konnten sie es nicht riskieren, noch einen Mann zu verlieren. Fünf Mann – das war die Mindestzahl, um das Schiff zu bedienen, es steuern und damit landen zu können. Fünf Mann – das war das absolute Minimum. Vier Männer würden dazu verdammt sein, auf ewig in ihrem Stahlsarg durch den Weltraum zu irren.
KINRADE schaute Nilsen forschend an und glaubte, an dessen grübelndem Gesichtsausdruck zu erkennen, daß auch er sich in Gedanken mit der Affäre Weigarth beschäftigte. Wissenschaftler und hochqualifizierte Techniker besitzen zwar einen scharfen und durchtrainierten Verstand, aber letzten Endes sind es auch nur Menschen mit allen menschlichen Schwächen, und gerade die nervlichen Belastungen, denen vornehmlich sie ausgesetzt sind, machen sie
Weitere Kostenlose Bücher