Galaxis Science Fiction Bd. 10
komplizierten Weg zurückzugehen, auf dem wir gekommen waren. Nach einer Minute schon erreichten wir einen weiten Tunnel, der nach oben führte. Eine Luftschleuse aus glasähnlichem Material, die durch einen einfachen Hebel betätigt wurde – denn natürlich würde der größte Teil der Luft in der Stadt für die Marsianer verdichtet worden sein – führte hinaus. Die Tunnelstraße war nicht
völlig verlassen, aber wir legten den Weg zur Oberfläche in weiten Sprüngen und Sätzen zurück, die uns die geringe Marsschwerkraft ermöglichte. Zirpende und quieksende Gestalten flüchteten vor uns und gaben den Weg frei.
Dann waren wir oben. Rings um uns kalte Nacht. Wir rannten weiter und verbargen uns hinter einigen moosähnlichen Büschen, von wo aus wir uns nach der Autostraße umsahen. Dort drüben lag sie. Ihr helles Band schimmerte unter dem Licht von Phobos. Wir stürzten auf sie zu, durchquerten dabei allem Anschein nach ein bepflanztes Feld. Ein weißer Nebel von Eiskristallen schwebte über den zähen, kälteunempfindlichen Gewächsen. Eine Minute lang, gerade als zwei Schüsse hinter uns aufklangen, waren wir völlig dahinter verborgen.
Ich dachte bei mir, daß wir für die Marsianer so etwas wie entsprungene Tiger oder Leoparden darstellen mußten – nur noch schlimmer. Einen Augenblick lang fürchtete ich, daß wir vom Regen in die Traufe gekommen wären. Aber als wir die Straße erreicht hatten, faßte ich wieder Mut. Vielleicht – nur vielleicht – würde ich meine Familie bald wiedersehen können. Auf der Straße herrschte reger Verkehr. Züge großer, weichbereifter Wagen, die von Motorfahrzeugen gezogen wurden, fuhren an uns vorbei. Vielleicht wurde auch hier, wie auf der Erde, Frachtgut während der Nacht transportiert, um ein Verstopfen der Straßen zu verhindern.
»Als ich noch ein Junge war, fuhr ich manchmal per Anhalter«, sagte Craig leichthin.
»Ich glaube nicht, daß wir das hier versuchen sollten«, antwortete Klein. »Als blinde Passagiere – das ginge schon eher.«
Die Sterne verrieten uns die westliche Richtung, in der wir gehen mußten. Die Konstellationen schauten natürlich genauso aus wie zu Hause auf der Erde. Wir verbargen uns hinter einem Strauch mit raschelnden Blättern, so trocken wie Papier, und warteten auf den nächsten Lastzug. Als einer kam, nutzten wir die Behendigkeit aus, die uns die Marsschwerkraft verlieh, hasteten auf den Schlußwagen zu und sprangen auf. Dort versteckten wir uns unter einem grobfädigen Zeltdach.
Wir kauerten uns hinter die Kisten und Ballen des Wagens und beobachteten aufmerksam die Straße hinter uns. Wir sahen seltsame Zeichen am Straßenrand, die möglicherweise Verkehrsschilder waren. Wieder huschten Häuser und ferne Lichter vorbei.
ALL unsere Hoffnungen wurden zerstört, als wir dann die Scheinwerfer sahen, die unser Schiff in ihrem grellen Licht badeten. Plötzlich hatte ich einen bitteren Geschmack im Mund. Es standen uns jetzt drei Möglichkeiten des Handelns offen, aber keine davon war besonders anziehend.
Wir konnten dahin zurückgehen, woher wir gekommen waren. Wir konnten versuchen, uns auf offenem Feld solange versteckt zu halten, bis wir entweder aufgestöbert wurden oder unser Sauerstoff zu Ende ging und wir ersticken würden. Oder wir konnten versuchen, die Rakete zu erreichen, die von einer Horde Marsianer bewacht wurde. Was für eine Möglichkeit wir auch wählten, es sah so aus, als ob jede davon auf das gleiche hinauslaufen würde – unseren Tod.
»Ich riskiere das Schiff«, sagte Klein mit einem rauhen Flüstern.
»Ich auch«, stimmte ihm Craig zu. »Schließlich war das unser Ziel. Wenn sie uns fangen oder töten wollen, warum nicht da?«
Plötzlich, ohne eigentlichen Grund, fiel mir etwas ein. Um unseren »Käfig« in der Stadt hatten sich keine Wachen befunden.
Die Flucht war ein Kinderspiel gewesen. Sollte das etwas zu bedeuten haben?
»Okay«, sagte ich. »Ich hab' so eine Vorahnung, daß es gelingen könnte. Wir gehen jetzt langsam auf die Rakete zu, und versuchen, auf kürzestem Weg in den Bereich der Lampen zu kommen. Einverstanden?
Das heißt nichts anderes, als daß wir zu unserem alten Plan zurückkehren. Und vielleicht auch zur Vernunft.«
»In Ordnung«, sagte Klein.
»Versuchen können wir es ja«, meinte Craig.
Wir sprangen im richtigen Augenblick von dem Lastzug ab und gingen auf die Rakete zu. Nichts, was wir bis jetzt auf dem Mars getan hatten – nicht einmal unser erster
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