Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Galaxis Science Fiction Bd. 11

Galaxis Science Fiction Bd. 11

Titel: Galaxis Science Fiction Bd. 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lothar (Hrsg.) Heinecke
Vom Netzwerk:
letzte Mal gesehen hatte, waren sie mehr als fünfmal so hoch gewesen. Ich machte zwar auch für mich selber gutes Geld, aber May Roberts schnitt noch viel besser ab.
    Ein paarmal blieb ich ein oder zwei Stunden in einer Zeit, wie, zum Beispiel, in jener Nacht, die ich in einer verräucherten Kneipe verbrachte. In meiner Tasche hatte ich zwei Umschläge gefunden, deren Inhalt, gemäß den Instruktionen auf ihrer Außenseite, ich verwetten sollte. Es war der 21. Juni 1932, und ich sollte mein Geld auf Jack Sharkey setzen, daß er Max Schmeling den Schwergewichtstitel abnehmen würde.
    Im Lokal war nicht viel los – drei Frauen, ein paar Barmixer, und der Rest nur männliche Besucher, zwei Polizisten mitgerechnet, die sich alle um das Radio drängten.
    Eine leutselige Type nahm unsere Wetten entgegen. Er bedachte mich mit einem kleinen, versteckten, ironischen Lächeln, als ich mein Geld in Sharkey investierte.
    »Nun, wirklich eine Freude, mal einen Mann zu treffen, der den Sieg einem Amerikaner gönnt«, sagte er, »und zur Hölle mit dem sauer verdienten Geld, was?«
    »Ja«, sagte ich und versuchte zurückzulächeln, aber soviel sauer verdientes Geld wurde auf Schmeling gesetzt, daß ich mich fragte, ob May Roberts sich nicht geirrt hätte. Ich jedenfalls konnte mich nicht erinnern, wer damals gewonnen hatte.
    ENDLICH begann das Radio zu plärren. Der Kampf begann. Ich hatte ein paar böse Augenblicke und eine Menge schlechten Whiskys, während ich zuhörte. Der Kampf ging über die ganzen fünfzehn Runden, Sharkey gewann, und ich war in fast der gleichen Verfassung wie er. Ich kann mich nur noch erinnern, wie mir die leutselige Type ein dickes Bündel Banknoten überreichte und dazu sagte: »Gottlob sind nicht alle solche Patrioten wie Sie.« Dann versuchte ich noch, das Geld auszusortieren und in die verschiedenen Umschläge zu stecken, als die Szene wechselte und ich von neuem vor einer Bank stand.
    Ich dachte: »Mein Gott, was für eine Art, einen Kater zu kurieren!« Ich war so nüchtern, als hätte ich nicht einen einzigen Schnaps getrunken.
    Es gab noch weitere Post, die ich einwerfen, weitere Einzahlungen, die ich leisten, und weitere Wetten, die ich abschließen mußte – 1933 auf Singing Wood in Belmont Park und Max Baer gegen Primo Carnera, und dann Cavalcade in Churchill Downs im nächsten Jahr und James Braddock gegen Baer – und so weiter. Ich sprang über die Jahre wie ein flacher Stein, der übers Wasser tanzt, und verweilte nur da und dort einige wenige Minuten. Die Umschläge für May Roberts und für mich steckten in verschiedenen Taschen, und die Kontobücher in einer dritten. Sie wurden alle immer dicker, und es war faszinierend zu verfolgen, wie Einlagen und Zinsen wuchsen.
    Das ganze Unternehmen war tatsächlich so aufregend, daß es inzwischen früher Oktober 1938 geworden war – vier oder fünf Stunden subjektiver Zeit waren wohl vergangen –, bevor ich mir so richtig bewußt wurde, was ich eigentlich tat. Ich dachte nicht so sehr an die Tatsache, daß sie mich in der Zeit reisen ließ oder wie sie das fertigbrachte. Ich nahm das einfach so hin, obwohl mich manchmal bei dem Gedanken ein unheimliches Gefühl beschlich, so, als ob die Toten wieder auferstehen würden. Mein Vater und meine Mutter, beispielsweise, waren im Jahre 1938 noch am Leben. Wenn ich mich von dem losreißen konnte, was immer mich durch die Zeit springen ließ, dann könnte ich sie vielleicht besuchen.
    Der Gedanke war so verlockend, daß ich gleichermaßen vor Verlangen und Furcht zitterte. Ich sehnte mich so danach, sie zu sehen, und doch wagte ich es nicht. Ich konnte es ja auch nicht…
    Warum konnte ich es nicht?
    Vielleicht bestrich die Maschine nur die Gebiete um die verschiedenen Banken, Kneipen, Bars und Rennplätze. Wenn es mir gelang, aus diesem Gebiet auszubrechen, dann brauchte ich nicht zu dem zurückzukehren, was May Roberts noch mit mir vorhatte.
    Denn natürlich war ich mir jetzt klar darüber, was ich tat: Ich eröffnete Bankkonten und gewann todsichere Wetten, genauso wie es die ›senilen Psychopathen‹ getan hatten. Die Tinte in ihren Sparbüchern war frisch, weil sie wirklich frisch war – bei der Geschwindigkeit, mit der ich durch die Zeit eilte, hatte sie keine Gelegenheit zu oxydieren. Und in ein paar Stunden würde ich zurück in meiner eigenen Zeit sein mit 15 000 Dollar auf Bankkonten und in bar.
    Wenn ich so um die siebzig gewesen wäre, dann hätte sie mich sogar zurück zu der Zeit um

Weitere Kostenlose Bücher