Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Galaxis Science Fiction Bd. 14

Galaxis Science Fiction Bd. 14

Titel: Galaxis Science Fiction Bd. 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lothar (Hrsg.) Heinecke
Vom Netzwerk:
üblichen Sarkasmus zumute, deshalb versagte sie sich jeden Kommentar und beschränkte sich nur auf die Antwort auf meine Frage.
    »Nicht viel«, sagte sie. »Sie weiß zum Beispiel nicht, daß sie diesen Burschen – nennen wir ihn Bill – heiraten muß. Sie rechnet zwar damit, aber sie weiß nicht, wie absolut unvermeidbar es ist, daß sie ausgerechnet ihn und keinen anderen Mann heiraten muß. Sie weiß auch nicht, daß sie den anderen Männern gegenüber entgegenkommend sein muß – aber auch wieder nicht zu entgegenkommend. Zweifellos hat sie sich darüber ihre eigenen Gedanken gemacht. Was sie, sich noch nicht vergegenwärtigt, das ist, daß sie das fleckenlose Aushängeschild ihres ganzen Geschlechts sein muß, das Traummädchen, die idealisierte Frau; gleichermaßen vestalische Jungfrau, perfekte Hausfrau, liebevolle Gattin, jedermanns Schwester, Freundin, Mutter.«
    »Ich weiß, was du meinst«, sagte ich. »Nur wenige können das.«
    »Einer Sache«, fuhr Ellen fort, »ist sie sich wahrscheinlich bewußt. Sie weiß von dem Baby.«
    Ich stieß sie warnend mit dem Fuße an.
    »Ich nehme an«, fuhr sie nachdenklich fort, »sie ist sich im klaren, daß – wenn es ein Monster ist – ihre und Bills und Lotrins ganze Zukunft zusammenbricht – und nicht nur einfach zusammenbricht, sondern unter sehr scheußlichen Begleitumständen. Ja, höchstwahrscheinlich weiß sie das. Ich glaube nicht, daß sie die ganze Sache schon in allen Konsequenzen durchdacht hat. Wer könnte das? Ich bestimmt nicht. Ich bleibe bei TK, und man wird von mir verlangen, das Unmögliche zu tun, und ab und zu nach mir schießen und mich gelegentlich verprügeln. Aber ich bin heilfroh, daß ich einige Jahre zu alt bin, um noch als First Lady in Frage zu kommen.«
    Shirley trat in die Kabine. Es war eine gute Idee von Ellen gewesen, ein paar Andeutungen über unsere normale Beschäftigung fallen zu lassen. Da bis jetzt keiner von uns etwas dieser Art getan hatte, würde es Shirley besser als alles andere überzeugen, daß Ellen keine Ahnung gehabt hatte, daß sie vor der Türe stand und lauschte.
    Shirley war bleich, aber gefaßt.
    »Sie bringen mich also nach Lotrin«, sagte sie mit klarer Stimme, »um etwas zu tun, was Sie selber nicht tun würden.«
    Ellen wandte sich um und blickte sie voll an. Sie ließ sich nicht anmerken, ob sie überrascht war oder nicht, daß Shirley ihre Worte gehört hatte. So etwas hätte auch nicht zu ihrem Wesen gepaßt.
    »Das ist richtig, Shirley« sagte sie.
    ICH dachte, jetzt kommt die große Szene. Nun, es war eine Sache, die nur Ellen und Shirley anging. Shirley verehrte Ellen, nicht mich. Ich sah, wie es in ihrem Gesicht arbeitete, wie siezu der Überzeugung kam, daß Ellen eine falsche Schlange war, und daß man eben einfach niemand und nichts trauen konnte. Ich sah, wie sie sich all jener Gelegenheiten schämte, bei denen sie sich vor Ellen ausgeweint hatte, die die ganze Zeit über wohl gedacht haben mußte, wie dumm und närrisch sie sein mußte, um das zu tun, was sie tat.
    Dann plötzlich drehte sie sich abrupt auf dem Absatz herum und verschwand.
    »Lauf ihr lieber nach«, sagte ich.
    »Ich bin ihr schon oft genug nachgelaufen.«
    »Aber sie wird vielleicht…«»Was?«
    »Alles mögliche. Sich umbringen, vielleicht.«
    »Wenn sie sich umbringen will, dann besser jetzt als später, wenn sie auf Lotrin angekommen und in ihr Amt eingeführt worden ist.«
    Ich schwieg und dachte nach. Natürlich würde Shirley sich nicht umbringen. Mädchen, die so leicht aus ihrem seelischen Gleichgewicht gerieten, würden bestimmt nicht als First Ladies ausgesucht werden. Sie würde sich noch mit viel schlimmeren Dingen abfinden müssen als mit Ellens Treubruch.
    Ich glaubte zu wissen, warum Ellen so gesprochen hatte, obwohl sie doch wußte, daß Shirley draußen vor der Tür stand und alles hören mußte.
    Ellen war kein Teil von Shirleys Leben auf Lotrin. Wenn sie zu fest auf Ellen und Ellens Meinung über sie und First Ladies im allgemeinen baute, dann war es besser, das ganze Gebäude wieder zum Einsturz zu bringen, je eher, desto besser. Und deshalb hatte Ellen es eingerissen.
    Außerdem hatte Ellen natürlich allmählich genug davon, Shirleys Kindermädchen zu spielen.
    Nur aus Neugierde fragte ich: »Wann wurde denn auf dich geschossen?«
    »Auf Maple, Dummkopf. Erinnerst du dich nicht?«
    »Ach, damals. Aber die Kugel war für mich gedacht.«
    »Ein schwacher Trost wäre das für mich gewesen, wenn sie

Weitere Kostenlose Bücher