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Galaxy Tunes®: Roman (German Edition)

Galaxy Tunes®: Roman (German Edition)

Titel: Galaxy Tunes®: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Reid
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vom kürzest möglichen Weg zum nächsten Vordach ab. Das bedeutete, dass ein feuchter, pelziger Kanonenball genau durch Pugwashs Überreste hindurchschoss. Ja – hindurch . Weil ich befürchtete, dass er sich eine Schneise durch meinen toten Cousin gebahnt hatte, ging ich vorsichtig näher heran. Aber Miauhaus schien an ihm keine Spuren hinterlassen zu haben. An Pugwash war auch keine Spur von Nässe zu sehen, abgesehen vom Blut. Sein Haar schien überhaupt nicht vom strömenden Regen berührt zu werden, und seine Kleidung sah knochentrocken aus.
    Plötzlich klammerte sich Mandas Hand wie eine Aderpresse um meinen Arm. »O Gott! «, flüsterte sie. Es war in der Tat ein grausiger Anblick. Da half es auch nicht, dass nun Hunderte winziger Würmer aus Pugwashs Mund krochen. Und es kam noch schlimmer, weil er nun in Verwesung überging. Sein Körper zerfiel vor unseren Augen und offenbarte eine wimmelnde Masse von Maden, die sich an seinen inneren Organen labten. Alle starben nach einigen wenigen Bissen und verwandelten sich sogleich in Staub – zusammen mit seinen noch übrigen Innereien. Damit war nur noch sein Skelett übrig, das aussah, als wäre es jahrelang unter der Sonne der Kalahari ausgebleicht. Wenig später fiel es in sich zusammen und mischte sich mit dem Haufen Staub, der dann zu einem Tornado aufwirbelte und sechs Stockwerke emporschoss, um genau in Pugwashs offenem Fenster zu verschwinden.
    Irgendwann zwischen den Würmern und dem Staubsturm hatten wir beide erkannt, dass das Ganze nur irgendein Trick sein konnte. Nachdem ich zahllose billiger gemachte Trickversionen als Kind gesehen hatte, gelang mir der nahtlose Übergang von schockierter Trauer zu fachmännischer Anerkennung der Kreativität und Detailgenauigkeit, mit denen das Ganze bewerkstelligt worden war. Manda hingegen entstammte einer zivilisierten Familie, in der nachgestellte Todesszenen und Furzkissen nicht zum Spektrum harmloser Kinderstreiche zählten. Zutiefst bestürzt über das blutige Spektakel regte sie sich furchtbar auf, als ihr klar wurde, dass jemand – nennen wir ihn einfach »Pugwash« – uns gerade nach Strich und Faden verarscht hatte. »Mistkerl!«, flüsterte sie und starrte auf etwas. Ich folgte ihrem Blick und sah, dass wenige Meter vor der Eingangstür des Gebäudes drei Spiegel aufgestellt worden waren – zerbrechliche Antiquitäten, die den Wolkenbruch kaum überstehen würden. »Selbstorganisierendes Licht«, zischte sie und zeigte anklagend mit dem Finger darauf.
    »Hä?«
    Sie deutete auf das Fenster, in dem der Staubteufel verschwunden war. »Ich bin mir sicher, dass er das Stereoptikon auf diese Spiegel gerichtet hat. So konnte er diese widerliche Szene auf die Straße projizieren.«
    »Aha. Das würde vieles erklären, nicht wahr?«
    »Dieser Drecksack! «
    Pugwash wohnt im höchsten Stock eines sechsstöckigen Gebäudes in einem dekadent geräumigen Loft. Wenn man es betritt, fühlt man sich, als würde man durch ein Sammelalbum spazieren. Er hat jede Lebensphase, Reise und Errungenschaft dokumentiert – in Form von Möbeln 52 , Teppichen 53 , gerahmten Zertifikaten unter Glas, postergroßen Fotoabzügen 54 und klotzigen Gesprächsgegenständen. Zu dieser letzten Kategorie von objet gehört ein Vierer-Ruderboot von der Harvard-Universität, das an einer Wohnzimmerwand hängt und den gesamten Raum beherrscht. Dem könnte ein unkundiger Besucher entnehmen, dass er … nun ja … in Harvard gerudert hat. Und nicht am kleinen College von Schenectady, wo er sich mühsam während eines Semesters abgestrampelt hat (und dessen Boote bei Sammlern offenbar außerordentlich begehrt waren, wenn man bedenkt, dass er sich mit dem Harvard-Exemplar begnügen musste).
    Pugwash sucht die Ausstellungsstücke seines kleinen Museums nach ihrem Potenzial aus, die Chance – wenn auch nur ein klein wenig – zu erhöhen, dass seine weiblichen Besucher ihr Höschen ausziehen. Ich respektiere diese Zielstellung. Aber er dürfte etwas mehr Glück haben, wenn er einfach auf die Propagandakampagne verzichten und sein Apartment zur Geltung kommen lassen würde, damit es seinen ihm innewohnenden Charme entfalten kann. Die Decke seines Wohnzimmers wölbt sich auf dramatische Weise und erhebt sich von drei Metern an der Eingangstür zu gut sieben an der gegenüberliegenden Wand, die ganz aus Glas besteht. Und obwohl er keinen unverstellten Panoramablick hat, finde ich, dass seine tatsächliche Aussicht viel besser ist – ein chaotischer

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