Galaxy Tunes®: Roman (German Edition)
danach aus«, fuhr Judy fort, »dass diese Kerle von kleinen Musikpiraten zu Händlern für Massenvernichtungswaffen aufgestiegen sind. So etwas passiert immer wieder. In diesem Fall hat uns ein Informant aus der Filesharing-Community gesagt, dass sich die Abdulistanis irgendwelche schmutzigen Bionuklearwaffen aus der Mongolei besorgt haben.«
»Das ist erschreckend.« Fidos offenkundige Besorgnis machte klar, dass Judys Superkräfte ihre übliche magische Wirkung entfalteten.
»Zum Glück sind sie Ganoven und keine Ideologen«, fuhr sie fort. »Also sind sie bereit, diese Waffen weiterzuverkaufen. Kuba hat ihnen ein Vermögen in Form von Tauschgütern angeboten. Aber Sie haben etwas, das diese Leute viel mehr interessiert als Wildbret und billigen Gin.«
Manda warf mir einen verzweifelten Blick zu. Als Tochter eines Professors für internationale Beziehungen war ihr klar, dass Judy behauptete, eine imaginäre Atomwaffe sei aus einem atomwaffenfreien Land in die abtrünnige Provinz Paschtu gelangt. (Übrigens bezeichnet Paschtu eine Sprache und kein Land.) Sie hätte versuchen können, das Gespräch wieder in vernünftige Bahnen zu lenken, aber in ihrer Rolle als monoglotte Ungarin stand ihr so etwas nicht zu.
Ich fing ihren Blick auf und lächelte beruhigend zurück. Ich machte mir nicht die geringsten Sorgen.
»Und was wollen diese Terroristen?«, fragte Fido.
»Freiheitskämpfer, Senator. Auch mir dreht sich dabei der Magen um, aber so müssen wir sie nennen, wenn wir auch nur die Chance erhalten wollen, mit ihnen zu verhandeln. Was sie wollen, ist die einseitige, rückwirkende und bedingungslose Aufhebung der Strafgebühren im Gesetz zur Erhöhung von Schadensersatzforderungen bei Urheberrechtsverletzungen. Alle Gebühren, die jemals aufgrund dieses Gesetzes angefallen sind, sollen annulliert werden. In Abdulistan und darüber hinaus. Bis in die Unendlichkeit, um genau zu sein. Dieser Teil ist sehr wichtig.«
»Sie wollen die Aufhebung des Gesetzes zur Erhöhung von Schadensersatzforderungen bei Urheberrechtsverletzungen? Aber … warum?«
»Es kommt von ihrem Generalissimo.« Judy senkte die Stimme, als wollte sie verhindern, von abdulistanischen Wanzen abgehört zu werden. »Macaca oder so. Er ist so etwas wie ein Techno-Anarchist. Anscheinend hat er Lessig gelesen.« 62
Fido sah Judy mit einer Mischung aus Erschrecken und verzweifelter Verwirrung an. »Aber wir können nicht mit Terroristen verhandeln!«
»Freiheitskämpfer, Senator. Und es ist keine Verhandlung. Es ist mehr wie Feilschen. Das ist ein Unterschied. Und wir haben nur wenige Stunden, um ihnen zu demonstrieren, dass wir ernsthaft daran interessiert sind, ihnen ein Angebot zu unterbreiten.«
»Aber … was glauben Sie, wie unsere Freunde darauf reagieren werden?« Fido wurde nervös. Die Medienmagnaten, die ihn tröpfchenweise mit der geheuchelten künstlerischen Anerkennung füttern, nach der er sich so sehr sehnt, würden sich energisch gegen jede Änderung des Gesetzes zur Erhöhung von Schadensersatzforderungen bei Urheberrechtsverletzungen wenden – selbst wenn es bedeutete, dass ein paar Städte unter »schmutzigen Bionuklearwaffen« leiden mussten. Wenn er keine andere Wahl hatte, würde er wahrscheinlich das Richtige tun. Aber er würde seine Gönner nur sehr ungern verärgern, wenn es sich irgendwie vermeiden ließ. Es war schon fast ein Jahr her, seit eine zweisekündliche Passage aus einem seiner Songs einen Szenenwechsel in einem Film von Adam Sandler begleitet hatte, und Fido wollte unbedingt mehr Hundekuchen genießen.
»Das ist das Wunderbare daran, Senator – die Labels werden die Sache hundertprozentig unterstützen.« Judy blickte sich durchtrieben um, als wollte sie sich vergewissern, dass wir allein waren. »Wir haben Bono. Er ist der Dreh- und Angelpunkt für das Ganze. Er hat Macaca letztes Jahr bei der TED -Konferenz getroffen und verhandelt in diesem Augenblick mit ihm. Und er hat eine Strategie entwickelt, wie wir die Labels an Bord bekommen. Der Plan sieht vor, so zu tun, als würden wir den Abdulistanis genau das geben, was sie wollen. Aber dann ziehen wir das Angebot in letzter Minute zurück – und besänftigen sie, indem wir ein riesiges Festival zur Rettung ihres Regenwaldes veranstalten. Es wird wie Live Earth sein – nur ohne Al Gore.« Das war ein raffinierter Stich in einen wunden Punkt. Fido hatte die Zusage für einen kurzen, aber egofördernden Statistenauftritt beim Live Earth Festival im Jahr
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