Galaxy Tunes®: Roman (German Edition)
Frampton durch die Tür nach draußen trat, schloss ich die Augen, damit ich nicht durch einen flüchtigen Blick auf Carlys atemberaubende Inneneinrichtung gelähmt wurde. Kurz darauf hörten wir, wie er draußen herumpolterte.
»Aus dem gleichen Grund haben wir für dich wieder diese Kluft angezogen«, grummelte Carly mit einem Blick auf ihr Gewand.
»Habt ihr Angst, dass eure Mode mich überwältigen könnte?«
»Ja. Sie ist zu geschmackvoll, als dass du sie mental verarbeiten könntest.« Sie meinte das absolut ernst.
»Hey, auch unsere Mode kann fantastisch sein – du solltest dir mal die Mädchen in Rio und St. Tropez ansehen. 24 Und warum habt ihr euch überhaupt wie zwei religiöse Spinner verkleidet? Ihr seid auch nicht gerade auf dem höchsten Stand unserer modischen Entwicklung. Das ist ziemlich lahm.«
»Wir wissen, wie wichtig die Religion auf der Erde ist. Also dachten wir uns, dass die Leute uns so mehr Respekt entgegenbringen. War das eine schlechte Idee?«
»Schlecht? Es war grottenschlecht!« Es fühlte sich gut an, ausnahmsweise der Experte zu sein. »Ihr seht aus wie zwei Volltrottel. Eine Nonne und ein Mullah, die durch die Innenstadt spazieren, sind genauso auffällig wie … ich weiß nicht … wie ein Wookie und ein Klingone.« Das war ein ziemlicher Hammer. Aber schließlich wusste ich, dass unsere Filme hier draußen mit Spott und Hohn betrachtet wurden, während man sich besonders gern über unsere Darstellung außerirdischer Lebensformen lustig machte.
Ich wollte gerade noch eine besonders verächtliche Bemerkung hinterherschieben, als Frampton die Tür zum Wohnzimmer öffnete und damit für immer mein Leben veränderte.
22 Reimt sich auf »Titiwu«. Übrigens kommen albern klingende Planetennamen wie Zinkiwu wesentlich häufiger vor als coole Science-Fiction-Namen wie Alderaan. Ja, völlig bescheuert.
23 Zu Ehren des englischen Mathematikers Edwin Abbot, der ein solches Szenario erstmals in seinem Roman Flatland von 1884 beschrieb, sowie zu Ehren von Charles Johnson, der die davon völlig unabhängige Flat Earth Society, die behauptet, die Erde sei eine Scheibe, ohne jede Spur von Ironie bis zu seinem Tod im Jahr 2001 leitete.
24 Auch ich sollte sie mir mal ansehen, weil ich noch nie in Rio oder St. Tropez gewesen bin.
9
Fool for the City
Die Farben in Carlys Wohnzimmer waren auf eine Weise klar und leuchtend, wie ich es bislang nicht für möglich gehalten hatte. Es war, als hätte ich mein Leben damit zugebracht, auf einen schauderhaften Fernseher der Nixon-Ära zu starren, der in eine riesige Schrankwand integriert war; und nun saß ich unvermittelt vor einem Hundert-Zoll-Plasmabildschirm im Haus von James Cameron. Nichts war knallbunt, es war nur alles sehr … präsent. Die Blautöne hatten eine unglaubliche Tiefe – als hätte man sie vom Grund eines Ozeans hervorgeholt, der von tausend fernen Sonnen erleuchtet wurde. Die Rottöne schwollen geradezu – als hätte ein meisterhafter Emaillierer das wahrhaftigste Rot in der Natur genommen, dann die leichtesten Unreinheiten herausdestilliert und ihm anschließend mit einer nuklearen Infusion ein tiefes Plutoniumleuchten verliehen. Und die dunklen Stellen sahen aus, als wären sie aus Schwarzen Löchern herausgemeißelt worden – Akzente perfekter Lichtlosigkeit, die den Rest des Raumes vergleichsweise phosphoreszierend erscheinen ließen.
Jede Farbe hätte es für sich verdient, in einem Museum ausgestellt zu werden. Doch die Nuancen der Textilien, der Möbel und der Wände verwoben sich zu einer makellos ausgewogenen Harmonie. Es war wie eine Farbsymphonie, die den perfekten Akkord hielt – gleichzeitig mit einer unendlichen, fraktalen Komplexität und der simplen Reinheit einer ganzen Zahl. Satte Spritzer in Primärfarben setzten sich von Bereichen mit betörenden tiefen Tönen ab, und alles wurde von Stellen in diesem unmöglich perfekten Schwarz eingerahmt. Und das Ganze – Texturen, Spiegelungen, Konturen – stand im vollkommenen Gleichgewicht. Und was die Möbel betraf, so reichte bereits Carlys bescheidenster Schemel aus, um eine absolute Staten-Island-Bruchbude in die protzigste Designerwohnung von Manhattan zu verwandeln. Und die Teppiche waren nicht nur prächtiger, als sich beschreiben ließ, sie streichelten und verwöhnen meine Füße obendrein auf geradezu pornografische Weise. Als ich mich bückte und einen mit der Hand berührte, fühlte er sich weicher als Eiderdaunen und wunderbar nachgiebig an –
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